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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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gegenüberstehen. Paul Hjelm begriff, dass er dem Tod sehr nahe war.

    Er wusste es, doch das war nicht der Moment, darüber nachzudenken. Er musste konzentriert bleiben. Hoch konzentriert.

    Er wählte die Betonblöcke rein zufällig aus. Eine andere Methode gab es kaum. Er hatte das Gefühl, mehr und mehr ins Zentrum des Monuments zu gelangen.

    Als ob es im Unüberschaubaren ein Zentrum gäbe.

    Die Sonnenstrahlen fielen zwischen die Stelen und bildeten in den Gängen des Monuments ein scharfes Karomuster.

    Es täuschte ein wenig, machte es schwieriger, in dieser ersten Zehntelsekunde, die so wichtig ist, die das Leben vom Tod trennt, klarzusehen.

    Als er zum fünften Mal hinter einem Block hervorschaute, sah er etwas. Einen Schatten, der schnell nach links huschte.

    Geräuschlos lief auch er einige Blöcke nach links und hielt wieder Ausschau. Er sah einen Menschen mit erhobener Waffe. In seine Richtung erhoben. Er zog sich rasch hinter den Block zurück. Sein Puls stieg. Er atmete mit offenem Mund und hatte das Gefühl, dass sein Kehlkopf im Takt mit den Atemzügen pumpte.

    Er schaute wieder vor, geduckt, falls die Waffe noch dort und bereit war. Und er sah wieder einen Schatten, diesmal auf dem Weg nach rechts.

    Er ging ein paar Reihen näher heran, lief dann so schnell er konnte nach rechts und stürzte hinter dem vierten Betonblock mit schussbereiter Pistole vor.

    Der Schatten näherte sich. Er war sechs, sieben Blöcke entfernt. Und er tat etwas. Er blieb auf der Wegkreuzung stehen. Starrte ihn an.

    Es war Kerstin Holm.

    Nein, Kerstin, dachte er und winkte ihr zu. So war es nicht gemeint, dass du mir folgen sollst.

    Sie standen beide auf ihrer Wegkreuzung, die Waffen gesenkt, und sahen einander an.

    Die Gefahr, sie zu erschießen, war real gewesen.

    Sie war zwanzig Meter entfernt, und ihre Lippen formten ein Wort. Er konnte es nicht genau von ihren Lippen ablesen, aber sie sagte wohl: jeder zweite.

    Dann verschwand sie weiter nach rechts.

    Jeder zweite?, dachte Paul Hjelm und lief hinter ihrem unsichtbaren Schatten her. Er schaute in den nächsten Korridor und sah sie zwischen zwei Stelen vorbeihuschen. Als er am nächsten Block vorbeilief, sah er sie mit erhobener Waffe.

    Ja, dachte er. Ist klar. Jede zweite Öffnung.

    Es entstand ein Muster. Sie sahen abwechselnd in jede zweite Öffnung hinein.

    Bis Kerstin plötzlich verschwunden war. Sie war nicht mehr zu sehen. Irgendetwas hatte sie veranlasst, nicht mehr aufzutauchen.

    Kerstin, dachte er. Werde jetzt nicht übermütig.

    Er nahm den Quergang und lief in ihre Richtung. Er sah in jeden Korridor hinein, an dem er vorbeihuschte. Nichts.

    Bis er plötzlich, weit entfernt, vermutlich ganz in der Nähe der Behrenstraße, noch einen Schatten sah. Und der war breiter. Der war eindeutig breiter.

    Es war ein anderer Schatten.

    Und dann war er verschwunden.

    Wieder bog Hjelm im Winkel von neunzig Grad ab und lief in die Richtung des Schattens. Und erneut sah er ihn auftauchen.

    Und dann war er plötzlich da. Und stand still. Es war Jorge Chavez.

    Er zeigte nach rechts. Hjelm antwortete mit einer Geste des Unverständnisses. Chavez deutete wieder, heftiger. Und verschwand. Hjelm folgte ihm. Jedes Mal wenn er an einer Kreuzung vorbeikam, wandte er den Kopf sehr schnell nach rechts und nach links. Das wurde mehr und mehr zur Hypnose. Alles sah gleich aus. Und trotzdem gar nicht gleich.

    Er entdeckte wieder einen Schatten, und erneut in derselben Richtung. Er beeilte sich, um vor ihm zum nächsten Korridor zu kommen. Das gelang. Es war Kerstin Holm. Sie war jetzt weiter entfernt, vielleicht zehn, zwölf Blöcke. Sie sah ihn nicht, blickte in die andere Richtung, dorthin, wo sich vielleicht, vielleicht die Behrenstraße befand.

    Dann war sie verschwunden.

    Er lief ihr nach. In die Richtung, von der er glaubte, dass es ihre Richtung war. Er war im Begriff, jedes Gefühl für Richtungen völlig zu verlieren.

    Noch ein Schatten. Rechts.

    Hjelm drehte sich um, sah nach vorn.

    Der Schatten huschte zehn Blöcke entfernt vorbei. Er sah nicht, wer es war, und versuchte, ihm zu folgen. Der Schatten verschwand. Hjelm war gezwungen, sich für eine Richtung zu entscheiden. Nach links.

    Er schaute hinter dem nächsten Block nach vorn.

    Und sah Ata.

    Keine zehn Blöcke entfernt, eher sieben. Ata kam auf ihn zu.

    Seine Jacke sah dick aus. Sehr dick. Als verberge sie ordentliche Mengen an Sprengstoff.

    Hjelm versuchte, parallel an ihn heranzukommen.

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