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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Während sich die beiden Polizisten verstört anguckten, scharrte sie mit den Füßen.
    „Du, Mischa, wir brauchen einen Arzt“, sagte Funkal mit fester Stimme.
    Sabine Sikoras Crescendo erreichte seinen Höhepunkt. Schon öffneten sich weitere Türen im Haus. „Ruhe da unten, sonst hole ich die Polizei. Hat dich mal wieder der Hafer gestochen, oder was?“
    Vielleicht war es diese Bemerkung, die sie nun vollends ausflippen ließ, vielleicht hätte sie es aber auch so getan. Herr Schweitzer jedenfalls rechnete mit dem Schlimmsten. Dergleichen hatte er ja bereits erlebt. Damals im Juwelierladen, als sie ihn flennend bat, ihr den Jürgen wiederzubeschaffen. Er brachte sich in Sicherheit, schließlich waren es die beiden Staatsdiener, denen hier die Verantwortung oblag. Und daß Sabine keine halben Sachen machte, bewahrheitete sich verdammt schnell. Mit geballten Fäusten stürmte sie, den Kopf voran wie ein Pamplona-Stier, auf Funkal und Schmidt-Schmitt zu. Der Streifenpolizist, der aufgrund seines Außendienstes näher an den Menschen und ihren Schrullen dran war, reagierte clever, indem er sich ebenso wie Herr Schweitzer an die Wand des Hausflurs preßte. Die Figur, die der Oberkommissar abgab, war allerdings etwas weltfremd. Die Pistole im Anschlag ging er breitbeinig in die Hocke und erwartete dergestalt die kratzbürstige und zwangsneurotische Sikora, die aber ihre eigene Einstellung zu entsicherten Waffen hatte - sie ignorierte sie einfach.
    Der Vorgang dauerte nur wenige Sekunden. Mit einer für ein solch zierliches Persönchen bemerkenswerten Kraft überrumpelte sie Schmidt-Schmitt, der die Pistole natürlich nur zur Abschreckung auf sie gerichtet hatte. Gemeinsam kamen sie ins Straucheln, als man ineinanderkrachte. Der Oberkommissar knallte gegen die Treppenbrüstung, wobei er laut aufschrie. Sabine Sikora verfehlte sie um ein paar Zentimeter und stürzte ins Leere, die Treppe runter. Mit etwas gutem Willen konnte man es als Salto mortale betrachten. Eine solide Leistung, wenn auch das Mortale weit davon entfernt war, letal zu sein. Schmidt-Schmitts Dienstwaffe segelte hinterher und landete vor Sabines Füßen.
    Entscheidend für Herrn Schweitzers beherztes Eingreifen war der Umstand, daß die Juwelierin noch immer Zeter und Mordio schrie. Zwei Stufen auf einmal nehmend rannte er die frischgebohnerten Treppenabsätze herunter. Zwar hatte Sabine die Waffe als solche wahrgenommen, ja, sie war sogar schon im Begriff, nach ihr zu greifen, doch die umstürzende Blumenetagere hinter ihr verhinderte ein mögliches Gemetzel. Ein japanischer Blutahorn, besser bekannt unter Acer atropurpureum, samt einigen Erdbrocken legte sich über ihr Gesicht. Dies waren genau die Zehntelsekunden, die der Detektiv brauchte. Mit einem gezielten Tritt kickte er die Waffe fort, ehe er dem Bohnerwachs Tribut zollen mußte. Zum Glück landete er weich auf Sabine, die endlich einen Grund für ihr Gekreische hatte. Es erübrigt sich die Erwähnung, daß Herr Schweitzer bei dieser sanften Landung unverletzt blieb.
    Dieser etwas unglücklich verlaufenen Polizeiaktion fügte sich eine weitere hinzu. Das allgemeine Durcheinander nutzte Stefan Kalter, der fürderhin verschollen bleiben sollte, für eigene Interessen und entfloh. Schmidt-Schmitts Dienstwaffe nahm er auf dem Weg gleich mit. Auch die tauchte nie mehr auf.
    Das eintreffende Ärzteteam war im Gegensatz zu den Polizisten nicht mit ihrer Aufgabe überfordert. Sabine Sikora, deren Sturz am spektakulärsten war, trug lediglich ein paar Schürfwunden davon und war schnell verarztet. Schmidt-Schmitt aber hatte sich die Schulter ausgerenkt.
    „Die kann man doch wieder einrenken“, erklärte Frederik Funkal verschmitzt.
    „Stimmt“, pflichtete ihm Herr Schweitzer bei, „tut halt ein bißchen weh.“ Er hatte leicht reden, es war ja nicht seine Schulter.
    Der folgende Schrei des Oberkommissars rief abermals den Nachbarn von oben auf den Plan: „Mir reicht’s jetzt. Ich hol die Bullen.“
    Sabine Sikora war eingelocht. Wenigstens für die Nacht. Schon sehr früh am nächsten Morgen würde sie Hubertus Mauer wieder rausgehauen haben.
    Darüber hinaus war es spät geworden, das Sandmännchen hatte die Kinder bereits ins Bett geschickt. Im Polizeirevier auf der Mörfelder Landstraße, zwischen der Mercedes-Vertretung und der Pizzeria, ging es hoch her. Erst als Schmidt-Schmitt erklärt hatte, er übernehme die volle Verantwortung für die nächtliche Verwahrung der Sikora, hatte der

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