Optimum 1
Hand und drückte sie kurz.
Rica sah zum Haus hinüber, wo gerade Lars zwischen zwei Beamten aus der Tür trat. Sein Blick war auf den Boden gerichtet, und er blickte auch nicht auf, als er an Rica vorbei zum Polizeiwagen geführt wurde.
»Er hat alles gestanden«, flüsterte Eliza Rica zu. »Zumindest hat er ihnen gesagt, dass Andrea hinter Jos Tod steckt.«
»Hat er ihnen auch gesagt, warum sie es getan hat?«, wollte Rica wissen. Ihr Kopf schwirrte, und vor ihren Augen schien sich alles zu drehen.
»Eifersucht«, gab Eliza zurück und guckte Rica lange und nachdenklich an. »Er sagt, sie habe von seiner Affäre mit Jo erfahren.«
Das Polizeiauto, in dem Lars saß, wurde gestartet und rollte langsam vom Hof. Rica schaute ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Erst da fiel ihr auf, dass der zweite Polizist gar nicht mitgefahren war und nun zielstrebig auf sie zukam.
»Das war niemals Eifersucht«, murmelte sie. »Da steckt mehr dahinter. Wenn ich nur wüsste, was.«
Eliza zuckte mit den Schultern und lächelte dem Polizisten entgegen. »Ist das denn noch wichtig?« Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Immerhin ist sie jetzt fort, und niemand wird mehr zu Schaden kommen. Wenn die Polizei sie dann schnappt, können sie immer noch herausfinden, warum sie es getan hat, oder nicht?«
Der Polizist trat neben Rica und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. »Bist du in Ordnung?« Besorgt begutachtete er ihr blutverschmiertes Gesicht. »Deine Freundin hier hat sich schreckliche Sorgen um dich gemacht. Völlig zu Recht, wie ich sehe. Ich werde sofort einen Krankenwagen rufen.«
Rica schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich bin nur müde und ein bisschen angeschlagen, vielen Dank.« Sie sprach automatisch, ohne lange darüber nachzudenken. Sie erwartete nicht allzu viel von dem Beamten. War es nicht auch die örtliche Polizei gewesen, die Jos Tod als Selbstmord deklariert hatte? Was konnten die schon gegen Andrea und das mysteriöse Institut ausrichten? Außerdem schienen sie die Situation und die Gefahr, in der sie und Eliza geschwebt hatten, gar nicht ernst zu nehmen. Man hatte ja noch nicht mal nach ihr gesucht.
Der Polizist war einverstanden. »Na gut, aber lass dich von deiner Freundin wenigstens zum Schularzt bringen. Wenn ich dich noch um deine Personalien bitten dürfte. Morgen meldest du dich dann einfach auf dem Revier, um deine Aussage zu machen. Recht so?«
»Alles klar«, sagte Rica. Sie nannte dem Beamten ihren Namen und ihre Adresse, versicherte ihm, dass sie wirklich in Ordnung war, und dann beobachtete sie ihn dabei, wie er in den Wagen stieg und genauso langsam wie sein Kollege davonfuhr.
Gleich darauf spürte Rica eine Hand auf ihrem Arm. Eliza schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln. »Jetzt ist es vorbei.«
Rica seufzte. Gemeinsam gingen sie den Hang hinauf zur Schule zurück.
Epilog
Die Sonne schien immer noch, aber die Luft war schon kühler geworden. Der Park lag im blassen Sonnenschein des Frühherbstes.
Rica hatte nichts zu tun. Vor einer Woche noch wäre sie in ihrem Kletterkurs gewesen, der war allerdings bis auf Weiteres gestrichen worden. Sie wusste noch nicht, ob sie weitermachen würde, selbst wenn es der Schule gelang, einen neuen Kletterlehrer zu finden. Sie glaubte nicht, dass sie sich jemals wieder an einer Kletterwand sicher fühlen würde.
Ziellos schlenderte sie den Weg entlang. Eliza war in ihrem zusätzlichen Kommunikationswissenschaftskurs, und Rica hatte keine Lust gehabt, mit Sarah und Vanessa ins Dorf zu gehen. Lieber nutzte sie die Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen. Und sich an Jo zu erinnern.
Jo.
Rica warf einen Blick auf den Pfad, der zur Rückseite der Musikhalle führte. Noch immer hingen Reste des Polizeiabsperrbandes in den Büschen und flatterten in der leichten Brise. Lars hatte der Polizei alles erzählt. Die Suche nach Andrea lief immer noch. Sie war vollkommen von der Bildfläche verschwunden.
Eliza hatte gesagt, es wäre vorbei, doch noch während Rica die flatternden Bänder betrachtete, wurde ihr klar, dass das nicht stimmte. Sie wussten nun zwar, wer Jo umgebracht hatte. Aber es waren noch so viele Fragen offen. So viel war passiert, was sie immer noch nicht verstand. So viel schien sich noch unter der Oberfläche zu verbergen. Sie musste mehr herausfinden. Und das würde sie. Aber nicht jetzt. Und nicht heute.
Rica wandte sich von dem Pfad und seinen Flatterbändern ab. Ein Stück weiter den Weg hinunter saß eine einsame Gestalt
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