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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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ihm begraben, und die völlige Abwesenheit von Sonnenlicht ließ alles merkwürdig flach und grau aussehen. Mehrmals drehte sich Rica zu der Langläufergruppe um, die auf der anderen Seite der Hütte den Berg hinauf stapften, um ihre Loipe zu erreichen. Sie konnte Elizas Anorak leuchten sehen, aber sonst nicht viel. Sie wusste nicht mal, ob ihre Freundin sich nach ihr umdrehte, so wie sie selbst es tat. Robin konnte sie nicht entdecken.
    Sie erreichten die Piste, und wie Rica erwartet hatte, waren sie die Einzigen, die sich bei dem Wetter vor die Tür gewagt hatten. Herr Röhling und Herr Muhlmann schienen sich jetzt auch nicht mehr so sicher zu sein, dass das Ganze eine gute Idee war, jedenfalls beschlossen sie nach einem kurzen Wortwechsel, dass heute alle Schüler gemeinsam auf der einfachen Piste bleiben würden.
    »Wir machen nicht so lange heute«, versprach Herr Röhling, und dieses Mal wirkte sogar sein Lächeln etwas gezwungen.
    Rica starrte die tief verschneite Piste an und seufzte. Sie hatte auf nichts weniger Lust, als jetzt da runterzufahren.
    »Das ist doch nicht normal, oder?«, murmelte sie in Nathans Richtung, während sie sich die Skier an die Füße schnallte. »Ich meine: Niemand bei klarem Verstand würde bei dem Wetter wirklich Ski laufen.« Sie warf einen Blick zu Herrn Röhling und Herrn Muhlmann, die sich wieder ausgelassen und fröhlich gaben – als Einzige. Die meisten Schüler hatten noch nicht einmal angefangen, ihre Skier anzulegen, und im Moment sah es ganz so aus, als würde es eine große Meuterei geben.
    »Was ist hier schon normal?« Nathan beugte sich hinunter und half ihr mit der Bindung. So gut Rica beim Klettern war, mit all den Seilen und Gurten und Handgriffen, so ungeschickt stellte sie sich hier an. Als wollte sich ihr ganzer Körper gegen diese Sportart zur Wehr setzen. »Und wo wir gerade bei normal sind: Was ist denn mit dir und Robin los? Ich dachte, ihr seid zusammen?«
    »Nein«, erwiderte Rica nur knapp und machte von der Tatsache Gebrauch, dass ihre Skier schon festgeschnallt waren. Sie gab sich einfach einen Ruck und lenkte auf die Piste hinunter. Sie wollte jetzt nicht reden. Schon gar nicht über Robin.
    Die Abfahrt war höllisch. Schnee stach in ihre Augen, und Rica verfluchte sich dafür, ihre Brille nicht aufgesetzt zu haben. Die Landschaft war kaum zu erkennen, sie flog in einem verwischten Grau vorbei, nur teilweise von helleren und dunkleren Flecken unterbrochen. Tränen traten Rica in die Augen, aber auf eine seltsame Art befriedigte sie das. Das habe ich mir damit verdient, auf Robin hereingefallen zu sein, ging ihr durch den Kopf, und für einen Moment wünschte sie sich, ihre Bindung würde sich ein weiteres Mal lösen und sie würde erneut stürzen.
    Doch im nächsten Moment flachte der Hang ab, und der Tiefschnee bremste Rica aus. Sie stand allein mitten im dichten Schneetreiben, und von den anderen war nichts mehr zu hören oder zu sehen. Als wäre sie allein auf der Welt. Auch das tat ihr ganz gut, bis sie sich an den Psychopathen erinnerte. Wenn der jetzt hier irgendwo im Schnee lauerte …
    Unsinn. Der kann hier genauso wenig sehen wie wir auch.
    Ein Schatten huschte an ihr vorbei, so nahe, dass Rica nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um ihn zu berühren. Sie zuckte zusammen und merkte erst dann, dass es sich wohl um einen der anderen Schüler auf seiner Abfahrt handelte. Offensichtlich hatte er – oder sie – mehr Schwung gehabt als Rica, und seine Fahrt würde erst ein Stück weiter vorn im Schnee enden. Rica zog für einen Moment in Betracht, ihm nachzufahren, aber dann sah sie keinen rechten Sinn darin. Bei ihrem Glück war es diese grässliche Michelle.
    Wenn ich nur wüsste, warum sie sich so viel einbildet, dachte Rica, während sie sich mühsam wieder an den Anstieg machte – der Lift ging natürlich nicht bei diesem Sauwetter. Eliza weiß mehr, das habe ich ihr angesehen, aber jetzt wird es sicher noch eine Weile dauern, bis sie wieder mit mir spricht. Ich muss ihr wirklich sagen, dass ich von Nathan nichts will.
    Ein weiterer Schatten zischte an ihr vorbei, und Rica wurde sich bewusst, dass sie viel zu nahe neben der Piste hochstieg. Wenn sie nicht aufpasste, würde noch einer der anderen sie umfahren. Sie änderte ihre Richtung ein wenig und stapfte auf eine verschwommene dunkle Wand zu, die vermutlich der Waldrand war. Dort würde wohl sicher niemand abfahren.
    Unter den Bäumen war es womöglich noch stiller. Hier war der

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