Orchideenhaus
Messingglöckchen schwangen, blieb es auf der Veranda angenehm kühl.
Das Haus befand sich an einer breiten Stelle des Flusses, so dass die Motoren der Boote, die in einiger Entfernung vorbeituckerten, nur gedämpft zu hören waren.
Lidia trat mit einem alten Strohhut auf dem Kopf und einer Blechgießkanne in der Hand um die Ecke. Sie strahlte, als sie Julia sah.
»Julia.« Sie breitete die Arme aus. »Willkommen bei mir.« Sie stellte die Gießkanne neben einen Wasserhahn und bot ihrer Enkelin einen Stuhl am gedeckten Tisch an. »Setz dich und fühl dich ganz wie zu Hause. Möchtest du etwas trinken? «
»Ja, gern. Danke, Lidia.«
Lidia nickte ihrem Boy zu, der an der Tür wartete. Kurz darauf stellte er ein Glas Wasser und eine Kokosnuss mit Strohhalm vor sie hin.
»Ich habe auch Bier oder Wein, wenn du möchtest«, sagte Lidia.
Julia schüttelte den Kopf. »Nein, ich probiere gern.« Sie nahm einen Schluck von der süßen, klebrigen Flüssigkeit. »Ungewohnt, aber es schmeckt mir.«
Als Julia bemerkte, dass Lidia sie nicht aus den Augen ließ, wurde sie rot.
»Entschuldige, Julia, wenn ich so starre. Es ist merkwürdig und schön, dich, Enkelin von Harry und mir, in meinem Haus zu haben.« Sie schmunzelte. »Ergebnis gefällt mir. Du bist sehr hübsch. Du hast gute Teile von Thaierbe und englische Größe und Haltung. Und herrliche Haut. Thaifrauen geben viel dafür, hellhäutig und europäisch zu sein!«
»Und ich würde gern braun werden«, bemerkte Julia.
Lidia lachte schallend. »Ja, Weiße möchten unbedingt braun werden. Scherz Gottes. Wir wollen alle, was wir nicht haben können.« Lidia beugte sich mit ernsterer Miene zu Julia vor. »Julia, hab keine Angst, mir zu erzählen, was aus Jasmine wird, als sie nach England kommt. Ich glaube, ich weiß es schon. Khun Bill und seine Frau Elsie adoptieren mein Baby, nicht wahr?«
»Ja. Sie hatten keine andere Wahl.«
»Weiß Harry es?«, fragte Lidia. »Weiß er, dass seine Tochter so nah bei ihm aufwächst?«
»Meine Großmutter – ich meine Elsie – sagt, er wusste es bis wenige Wochen vor seinem Tod nicht. Er wollte Bill etwas zum Aufbewahren bringen und ist dabei Jasmine zum ersten Mal begegnet. Da ging ihm ein Licht auf, weil sie dir wie aus dem Gesicht geschnitten war.«
»Meine Jasmine wächst also nicht als Tochter von britischem Lord in Wharton Park auf«, stellte Lidia fest, »sondern bei Gärtner und seiner Frau.«
»Ja.« Nun musste Julia Lidia die ganze Wahrheit enthüllen. »Zur gleichen Zeit hat Harrys Frau Olivia ein Kind zur Welt gebracht.«
»Verstehe.« Lidias Blick verdüsterte sich. »Hier in Thailand erwähnt Harry nie, dass er verheiratet ist. Wenn, hätte ich nicht …« Sie schüttelte den Kopf. »Er betrügt mich und seine Frau.«
»Ich kann mir deine Gefühle vorstellen. Keine Ahnung, warum Harry es dir nicht gesagt hat.Vielleicht hatte er Angst, dich zu verlieren, wenn du es erfährst.«
»Ja.« Lidias bernsteinfarbene Augen begannen zu funkeln. »Als Bill nach Geburt von Jasmine zu mir nach Bangkok kommt und es mir sagt, sterbe ich fast vor Kummer. Aber im Lauf der Jahre begreife ich besser.« Ihr Blick wurde sanfter. »Ich begreife, dass man zwei Menschen gleichzeitig lieben kann.«
»Nein, Lidia. Elsie hat mir erklärt, dass es von Anfang an eine arrangierte Ehe war. Harry blieb keine andere Wahl, als Olivia zu heiraten und einen Erben zu zeugen. Liebe spielte dabei keine große Rolle. Olivia wurde für geeignet befunden, und für ihn war es einfach eine Pflicht. Du warst die Frau, die Harry liebte und mit der er zusammen sein wollte.«
»Und seine Frau? Liebt sie ihn? Oder akzeptiert sie nur Arrangement?«, fragte Lidia.
»Elsie, die vierzig Jahre lang ihre Zofe war, behauptet, Olivia hätte Harry angebetet. Für sie war es die große Liebe. Das machte die Sache natürlich nicht besser, als sie von dir erfuhr. «
»Sie erfährt es?« Lidia schlug die Hand vor den Mund. »Wie?«
»Sie hat deinen letzten Brief an Harry mit deinem Verlobungsring entdeckt und wenige Tage später ihr Baby verloren.
Elsie sagt, sie war den Rest ihres Lebens verbittert über Harry.«
»O je! Welche Schmerzen Liebe verursacht!« Lidia schüttelte den Kopf. »Ich habe Mitleid mit seiner armen Frau. Verrät sie Harry, dass sie über mich Bescheid weiß?«
»Nein. Sie hat sich ihm emotional verschlossen und ihre Pflicht dem Anwesen gegenüber erfüllt. Elsie meint, sie hätten den Rest ihres Lebens gelitten. Es wäre besser
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