Orient-Express (German Edition)
den Tarbusch vom Kopf und brach in Wehklagen aus, und alles brüllte vor Lachen. Nutzte die Gelegenheit, durch einen Mauerspalt nach Europa, in das britische Offizierskasino zu schlüpfen, wo ich den Strand las, bis es wieder Zeit war für Whiskys mit Soda.
Nach dem Dinner und Diskussionen über Bewässerungsprojekte und Aufstände machte ich mich, begleitet von zwei Männern mit Laterne, auf den Weg zum Karawanenlager. Ein regnerischer Wind blies uns ins Gesicht, ständig gingen die Laternen aus, und wir rechneten damit, in jedem grauen Fleck in der undurchdringlichen Schwärze der Nacht einem Kameldieb zu begegnen. Schließlich hörten wir jemanden singen, und im Wind lag das Blöken und der scharfe Geruch von Kamelen. Die Bediensteten der Engländer überließen mich in meinem Zelt der Obhut eines diensteifrigen und verdreckten Mannes namens Fahd, der mit geübten Handgriffen mein Bett herrichtete und sich entfernte. Daraufhin erschien ein gewisser Saleh, ein hakennasiger Bursche im englischen Armeemantel, und sagte mit leichter Cockney-Färbung: «Ich spreche Englisch, Mann. Boy gewesen in englisch Armeecamp, Mann. Ich zuständig für Kamele.» Dann hielt er inne und begann, einfühlsam und gutgelaunt, noch einmal von vorne. «Geht es morgen los?», unterbrach ich ihn. Er verdrehte die Augen, gurgelte ein Inschallah und verschwand. Ich saß auf meinem Feldbett und sah mich um. Das Zelt war innen karminrot, kleine Herzen und Karos zierten die Türklappen. Es war oben rund, lief spitz auf eine einzige Stange zu, der Boden war achteckig. Ich fühlte mich wie ein Wurm in einer Fuchsie. Regen war aufgekommen, der leise auf das Dach trommelte. Ich zog mich langsam aus und lauschte dabei dem ungewöhnlichen Knurren und Stöhnen der Kamele. Hier war endlich Schluss mit den Kolonien und Whisky-Soda und dem Strand und Konservendosen und der American Bar am Tigris und den soldatenübersäten, schienenzerfurchten Müllkippen des Westens. Ich wickelte mich in meine Täbris-Decke und blies die Kerze aus. Der Regen trommelte jetzt lauter auf das Zeltdach über mir. Männer, die das Camp bewachten, riefen sich in Abständen einen langen rauhen Ruf zu. Einmal fielen Schüsse irgendwo in der Ferne. Und vor meinem Zelt sang jemand eine leise Melodie, immer wieder dasselbe. Etwas von Ali Asgar, Ali Afgar, tot in Kerbela. Das Wort mayyit, tot, erkannte ich wieder, weil wir, auf dem Weg von Bagdad, an einem kleinen Hindujungen vorbeigekommen waren, der mit steinernem Lächeln am Straßenrand lag, Jassem hatte ihn sich angesehen und war zum Auto zurückgekommen, hatte das bärtige Gesicht geschüttelt und mayyit gesagt, und dann waren wir weitergefahren. Ich lauschte dem Lied und dem Grummeln der Kamele und dem Regen und schlief ein.
Erster Tag . Kroch frühmorgens aus meinem Zelt und sah, dass alle anderen schon abgebaut waren und jedermann geschäftig und laut rufend umherlief. Das Dromedar, dem ich tags zuvor vorgestellt worden war und das, wenn ich richtig verstanden hatte, auf den Namen Malek hörte, wartete bereits, und oh, die quastenverzierten Satteltaschen schleiften auf der Erde! Die Dattelpalmen von Ramadi standen knietief im Dunst, der sich in Erwartung des Sonnenaufgangs golden zu verfärben begann. Während ich nach dem silberverzierten Sattelknauf griff, kamen alle neugierig herbeigelaufen, um zu sehen, ob ich herunterfallen würde, wenn Malek sich schaukelnd erhob. Die Fußfessel wurde gelöst. Malek grunzte und klappte sich auf wie ein Taschenmesser. Mein Kopf ragte nun über den Dunst in das Sonnenlicht, das mir rot in die Augen stach. Dann machten wir kehrt und folgten der langen Reihe von Lastkamelen, die rötliche Piste entlang, die in nordwestlicher Richtung nach Kubaisa führte, und zum ersten Mal bemerkte ich um die Schatten, die mein Kopf und Maleks nickender Kopf und Fahds Kopf warfen, den Halo, der Cellini in solches Entzücken versetzt hat.
Schon jetzt reden alle von Schutzgeld. Man rechnet damit, dass gewisse Toman-Badawi uns angreifen werden, wenn wir nicht fünf türkische Pfund pro Tier bezahlen. Wir werden von einigen prächtigen kampferprobten Männern auf Ponys begleitet, Gefolgsleuten eines gewissen Abdul Aziz, wenn ich den Namen richtig verstanden habe, Oberscheich der Delaim. Kaum waren wir außer Reichweite des Serais von Ramadi, waren wir auf uns allein gestellt. Am Nachmittag ließ ich mich hinter den Hauptteil der Karawane zurückfallen und war gerade dabei, mit dem Sajjd Mohammed, seinem
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