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Orient-Express (German Edition)

Orient-Express (German Edition)

Titel: Orient-Express (German Edition)
Autoren: John Dos Passos
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ich aufwache, sehe ich lauter Mais-Muffins und Waffeln rings um mein Feldbett. Die Essensbeschreibungen in Martials Epigrammen treiben mir Tränen in die Augen.
    Zweiundzwanzigster Tag . Prächtiger Morgen in einer wunderschönen Steppenlandschaft mit aromatischen Sträuchern voll von Karnickeln und eigentümlichen weißen Vögeln, die ganz sanft fliegen. Umgehen die beiden kleinen Berge, Suab und Damlough, unter einem Himmel, an dem sich rosa und bernsteinfunkelnde Kumuluswolken auftürmen. Ich ritt mit den Granden voraus. Jeder schien ein wenig nervös, da einer der Agail einen Reiter ausgemacht hatte, der von einem Bergkamm aus die Karawane beobachtete. Plötzlich erscholl überall der Ruf «Harami», Banditen, und mit klappernden Satteltaschen und hochgehaltenen Gewehren ritten wir sofort zurück zur Karawane. In der Ferne sausten Männer auf Ponys wie Karnickel die Hügel hinunter. Jassem ritt zu seinen Leuten und ließ sie in einer kleinen Schlucht halten. Die Kamele knieten unter lautem Gestöhne nieder und wurden eiligst festgebunden. Die Tanzmädchen sprangen kreischend aus ihren Sänften. Die übrigen Teile der Karawane hielten ebenfalls an, bis schließlich alle Kamele dicht an dicht in einem unruhigen Karree am Boden lagen. Das Geröllbett der Schlucht hallte wider von den Rufen und dem Klagen der Frauen. Die beiden Pferde wurden bestiegen, eines von dem Sajjid, über den sich alle aufregten, weil er extra seine beste Abaya anlegte, und das andere von Abdullah. Und die Agail und all die anderen Kämpfer unter den Karawanenteilnehmern bezogen Stellung auf den Anhöhen ringsum. Der Kaufmann aus Damaskus und sein Sohn nahmen mich fest in ihre Mitte und steuerten den tiefsten Teil des Flussbetts an, ob zu ihrem Schutz oder meinem, war mir nicht ganz klar. Die dicke Frau des kleinen Türken lag in einem Haufen dreckiger Kleider zu Füßen ihres Mannes und stieß hin und wieder einen langen schrillen Schrei aus. Fahd lief mürrisch umher, straffte die Fußfesseln der Kamele, las auf, was aus den Satteltaschen gefallen war, und fluchte leise vor sich hin, als wäre das Ganze nur eine von Jassems Launen. Alle hockten geduckt da, in der Erwartung, dass es eine ganze Weile dauern würde, und ich musste wieder an den unseligen Tod von Prinz Napoleon denken, doch es geschah nichts. Ich löste mich also von meinen Damaszener Freunden und kletterte auf die Anhöhe über der Schlucht. Dort fand ich den Sajjid, der wie verrückt herumritt, seine langen Ärmel wehten im Wind, und sein silberbeschlagenes Gewehr funkelte in der Sonne. «Baruda ketir ketir. Gewehre viele viele, Banditen viele viele, Bedawi-Reiter viele viele», rief er, als er mich sah. Ich erwiderte, ich hätte in Frangistan Gewehre gesehen, die so groß seien, dass die ganze Karawane durch eines hindurchreiten könne. Das beschäftigte ihn eine Weile. Die Agail kehrten von ihrem Erkundungsritt zurück. Sie waren wunderbar anzusehen, kämpferisch, die langen Ärmel auf dem Rücken miteinander verbunden. Jassem lächelte still, wie immer. Mit einer Hand hielt er sein Gewehr, mit der anderen strich er sich über den Bart. Seine beiden Kopftücher flatterten rot und weiß. Ein großer Trupp von Berittenen näherte sich. Niemand wusste, wer sie waren. Die Agail mit ihren zusätzlichen Patronengurten verstreuten sich wieder über die Hügel, während ich mich den weniger ängstlichen Nichtkämpfern anschloss, die im Kreis auf einer kleinen Erhebung saßen, angeführt von dem Hadschi, der seinen kostbaren Regenschirm auf dem Schoß hielt und alle Augenblicke Allah beschwor. Eine Stunde müssen wir so gesessen haben, als plötzlich in einer Senke ein Schuss fiel und dann noch ein zweiter. Zwei Männer auf weißen Ponys erschienen auf dem Hang gegenüber, galoppierend und gelegentlich schießend. Ein paar Kugeln pfiffen über uns hinweg. Die Gruppe der weniger Ängstlichen löste sich in heillosem Durcheinander auf. Ich habe deutlich vor Augen, dass der Hadschi seinen Regenschirm hochhielt. Auf einmal befand ich mich in einem langen Gespräch mit einem türkischen Kameltreiber. In welcher Sprache wir uns unterhielten, weiß ich nicht, denn er sprach genauso wenig Arabisch wie ich, aber wir konnten uns über die kompliziertesten Dinge austauschen, während die Agail sich zu den Kamelen zurückzogen und auf den Hügeln aus allen Richtungen immer mehr Männer auf weißen Ponys auftauchten, die um uns herumritten und dabei schossen wie die Indianer in Custers letzter
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