Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
durchgedreht.«
    Er schaute dem Mann tief in die Augen, suchte nach einem Zeichen dafür, daß in dem geschädigten Hirn noch genug Intelligenz war, um sich mit ihm verständigen zu können. Er sah Angst, nackt und schrecklich, und er sah eine Einsamkeit, die ihm beinahe Tränen in die Augen trieb. Er sah auch einen verlorenen Blick, nicht unähnlich dem, den er manchmal in Thomas'Augen gesehen hatte, wenn sie ihn in Cielo Vista abgeholt und mit ihm einen Ausflug »in die Welt« unternommen hatten, wie er es ausgedrückt hatte.
    Er nahm an, daß inzwischen etwa zwei Minuten von Candys Fünfzehn-Minuten-Frist vergangen waren, versuchte aber trotzdem, ruhig zu bleiben. Bobby ergriff Franks rechte Hand, drehte den Handrücken nach oben und zwang sich, die tote Schabe anzuschauen, die nun ein Bestandteil des weichen, weißen Fleisches des Mannes war. Das Insekt fühlte sich steif und stachelig an, aber er zwang sich, Frank seinen Ekel nicht spüren zu lassen.
    »Tut das weh, Frank? Dieses Biest hier hat sich mit deinen eigenen Zellen verbunden, tut das weh?« Frank starrte ihn an und schüttelte schließlich den Kopf. Nein. Ermutigt davon, daß wenigstens ein Dialog dieser Art möglich war, legte Bobby vorsichtig die Fingerspitzen an  Franks rechte Schläfe und tastete die Klumpen der kostbaren Steine ab, die sich anfühlten wie noch nicht aufgeplatzte Furunkel oder Krebsgeschwülste.
    »Tut es dir hier weh, Frank? Hast du Schmerzen?« »Nein«, sagte Frank, und Bobbys Herz schlug vor Freude über diese Reaktion höher.
    Aus der Tasche seiner Jeans holte Bobby ein zusammengefaltetes Papiertuch heraus und tupfte vorsichtig den Speichel weg, der immer noch an Franks Kinn hing.
    Der Mann blinzelte, und seine Augen schienen klarer zu werden.
    Fogarty, der nach wie vor in dem Ledersessel saß, vielleicht ein Glas Bourbon in der Hand und mit Sicherheit dieses aufreizende selbstgefällige Grinsen im Gesicht hatte, sagte: »Noch zwölf Minuten.«
    Bobby ignorierte den Arzt. Er hielt den Augenkontakt mit seinem Klienten und ließ die Fingerspitzen an seiner Schläfe. »Du hast ein hartes Leben gehabt, nicht wahr?« sagte er leise. »Du warst der Normale, der Normalste, und als du ein Kind warst, wolltest du so sein wie die anderen Kinder in der Schule, so wie deine Schwestern und dein Bruder niemals sein konnten. Und du hast lange gebraucht, bis dir klar wurde, daß dein Traum niemals wahr werden würde, daß du niemals so sein würdest wie die anderen, weil du - egal, wie normal du auch warst, verglichen mit dem Rest deiner Familie -immer noch aus diesem gottverdammten Haus kamst, aus diesem Pfuhl, der dich für immer zum Außenseiter stempelte. Mochten sie auch den Makel auf deinem Herzen nicht sehen, mochten sie auch die dunklen Erinnerungen in dir nicht kennen, du sahst ihn, und du erinnertest dich, und du fühltest dich unwürdig wegen dieses Horrors, der deine Familie war. Doch du warst auch zu Hause Außenseiter, viel zu gesund, um da hineinzupassen, zu sensibel, um den Alptraum zu ertragen. Deshalb bist du dein ganzes Leben lang allein gewesen.«
    »Mein ganzes Leben lang«, sagte Frank, »und ich werde es auch immer sein.« Er würde sich jetzt nic ht dematerialisieren. Darauf hätte
    Bobby wetten können.
    »Frank, ich kann dir nicht helfen. Niemand kann das. Das ist eine harte Wahrheit, aber ich will dich nicht anlügen. Ich will dich nicht reinlegen oder dir drohen.«
    Frank sagte nichts, hielt aber den Augenkontakt.
    »Zehn Minuten«, sagte Fogarty.
    »Das einzige, was ich für dich tun kann, Frank, ist, dir einen Weg zu zeigen, deinem Leben schließlich doch noch einen Sinn zu geben, einen Weg, es mit Würde zu beenden und möglicherweise im Tod Frieden zu finden. Ich habe eine Idee, kenne einen Weg, wie du Candy vielleicht töten und Julie retten kannst, und wenn du das tun kannst, dann wirst du als Held abtreten. Wirst du mit mir kommen, Frank, mir zuhören - und Julie nicht sterben lassen?«
    Frank sagte nicht ja, aber er sagte auch nicht nein. Bobby beschloß, das Ausbleiben einer negativen Reaktion als Ermutigung zu nehmen.
    »Wir müssen jetzt gehen, Frank. Aber versuche es nicht mit Teleporting, weil du dann die Kontrolle wieder verlieren und hundertmal rein-und raushüpfen könntest. Wir werden mit meinem Wagen zu dem Haus fahren. Wir können in fünf Minuten dort sein.«
    Bobby nahm seinen Klienten bei der Hand. Ganz bewußt nahm er die, in die die Schabe eingebettet war, hoffte er doch, Frank würde sich

Weitere Kostenlose Bücher