Osterfeuer (German Edition)
bisschen frisch, oder?«
Sie sah
ihre beiden Mitreisenden fragend an und die nickten.
»Gut. Wenn ihr fertig seid, kommt
ihr einfach rüber. Dann trinken wir erst mal Tee. Ach, eh’ ich’s vergesse …«, Trude
warf einen Blick auf die matschigen Schuhe ihrer beiden Freundinnen, »Gummistiefel
für Gäste befinden sich in der Kiste vor der Haustür …«
Voller widerstreitender Gefühle und Gedanken stapfte Trude zurück zum
Haus. Margot hatte sich überhaupt nicht verändert.
Der Verlauf der ersten Stunden mit den Freundinnen war fast harmonisch
zu nennen. Zuerst hatte Trude einen riesigen Korb mit exquisiten Delikatessen für
die feine Küche als Gastgeschenk überreicht bekommen, von denen die Freundinnen
richtig vermutet hatten, dass sie im Städtchen in dieser Vielfalt und Qualität nicht
angeboten wurden. Anschließend hatten sie eine Hausbesichtigung gemacht und dann
hatten Iris und Betty mit Wonne reichlich von den selbstgebackenen Köstlichkeiten
verzehrt, Tee getrunken und mit begeisterten Komplimenten über Haus, Hof und Umgebung
nicht gespart. Auch Trude hatte entgegen ihres Vorsatzes, höchstens ein Stückchen
Tarte zu probieren, kräftig zugelangt. So war das immer: Kaum störte etwas ihre
Seelenruhe, sog sie alles Essbare auf, ignorierte ihr natürliches Sättigungsgefühl
und ihren Verstand und fand so zumindest für kurze Zeit ihren Frieden. So lange,
bis sie auf die Waage stieg …
Margot hatte sich sehr zurückgehalten.
Natürlich trank sie keinen Tee, sondern brauchte ihren Milchkaffee und ihre Zigaretten
dazu. Von Trude um Rücksicht auf den nicht rauchenden Rest der Gruppe gebeten, stellte
sie sich für jeden ihrer zahlreichen Glimmstängel an die geöffnete Terrassentür.
Der Wind blies den Rauch ins Zimmer zurück und brachte gleichzeitig eine unangenehme
Kälte mit.
»Und jetzt kommt von deinem ›Geschmack
und Vorurteil-Buch‹ schon die dritte Auflage raus? Den Titel finde ich schön gewählt!
Das ist wirklich beeindruckend, dass du so einen Erfolg hast – findet ihr nicht
auch?«
Iris schaute von einem zum anderen.
Als Gastgeberin genoss Trude das Privileg – zumindest vorerst – im Mittelpunkt des
allgemeinen Interesses zu stehen und wurde, wie sich das gehört, reichlich mit Streicheleinheiten
bedacht.
Betty nickte zustimmend. Margot
zog unschlüssig die Schultern hoch.
»Mein Gott ja, ein netter Verkaufserfolg
… Aber ehrlich gestanden: Kochen interessiert mich überhaupt nicht.«
Und sie drückte völlig unbefangen
ihren Zigarettenstummel im Blumenkasten neben der Terrassentür aus und kam an den
Tisch zurück. Für Margot war das Thema erledigt, da mochte noch soviel Herzblut
in Trudes Schreibarbeit geflossen sein.
Ja, das war Margot. Als Betty, Iris
und Trude sie kennen lernten – hoffnungsvolle, junge Frauen Anfang zwanzig – waren
sie auf Anhieb von ihr begeistert. i hr
geistreicher Witz, ihr scharfer Verstand und vor allem ihre scheinbar absolute Ehrlichkeit
machten sie zu einer Art ungekrönter Herrscherin der kleinen Runde. Ihre schonungslose
Kritik und ihre drastischen Ratschläge fanden die Freundinnen zwar teils schockierend,
aber hilfreich. Es war nicht so, dass sie allgemein beliebt war, aber jeder schmückte
sich gern mit ihrer Anwesenheit, denn sie erregte überall Aufsehen, brachte Glanz
und Spannung auf jede Party. Völlig ungerührt sagte sie jedem das, was sie dachte.
Jedem. Alles. Das jedenfalls glaubten sie damals. Im Lauf der Jahre aber wurde Trude
klar, dass Margot ein ganz anderes Spiel spielte. Und so zog sich Trude peu à peu
immer mehr von ihr zurück. Margot rief weiterhin an, kam unangemeldet zu Besuch
und klinkte sich in gemeinsame Verabredungen mit den anderen Freundinnen ein. Sie
schien gar nicht zu bemerken, dass Trude mit ihr nicht mehr über persönliche Dinge
sprach, sie nie mehr ins Vertrauen zog und auch nie mehr aktiv Kontakt zu ihr aufnahm.
Deswegen war das Nichteingeladensein für Margot auch jetzt überhaupt kein Anlass
zu falscher Zurückhaltung.
»Auch wenn dich das Thema nicht
interessiert, musst du doch anerkennen, dass »Geschmack und Vorurteil« gut recherchiert
und geschrieben ist und von einer beeindruckenden gestalterischen Ästhetik.«
Iris fühlte sich berufen, Trudes
Erfolg nicht von Margot schmälern zu lassen.
»Abgesehen davon, entschuldige meine
Offenheit, Margot: Kochen konntest du ja noch nie …«
»Muss man das können? Ich kenne
wesentlich nettere Tätigkeiten, mit denen ich meine Zeit
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