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Ostseegrab

Ostseegrab

Titel: Ostseegrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Clausen
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schon Angst, dass du wegen meines dummen Spruches sauer bist«, sagte Sophie.
    Ben nickte ernst. »Ehrlich gesagt verstehe ich wirklich nicht, was das sollte. Aber dass du dumme Witze machst, nehme ich dir nicht ab!«
    Sophie fühlte sich ertappt.
    »Was sollte das? Glaubst du, ich könnte möglicherweise ab und zu mal eine Frau ertränken? Wie ist deine Theorie? Ist es dem Spinner Ben vielleicht ein bisschen zu langweilig auf Fehmarn? Nach seinem aufregenden Leben auf Phuket?«
    »Ben, ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Es tut mir ehrlich leid und ich würde alles tun, es ungeschehen zu machen.«
    »Alles? Gut zu wissen! Jetzt aber mal im Ernst. Die Bullen glauben, dass Sarah nicht nachts bei einem Unfall in der Ostsee ertrunken ist. Aber was dann? Warum sollte jemand Sarah ermorden?«
    Sophie schüttelte seufzend den Kopf. Das war die entscheidende Frage. Warum Sarah?

18
    Hanjo schloss die Bistrotür ab und hängte das ›Geschlossen‹-Schild auf. Ihm reichte es für heute. Die Polizei hatte den ganzen Nachmittag seine Küche blockiert und das dreckige Geschirr stand noch auf den Tischen. Er musste die ganze Schweinerei dringend in Ordnung bringen. Aber vorher würde er sich einen Schluck gönnen. Er schenkte sich einen Rum ein und betrachtete die Flasche fast liebevoll. Sein Treibstoff! Was hätte er die letzten Wochen wohl ohne seine Medizin gemacht? Hanjo kippte den Schnaps mit einem Schluck runter. Sein Hals brannte angenehm und sein Magen wurde warm. Er schüttelte den Kopf. Sie suchten einen Mörder, das hatte dieser Kommissar doch gemeint. Auf Fehmarn! Wäre die Sache nicht so ernst, hätte er gelacht. Hier starb man, weil man alt oder krank war. Sicher gab es auch Unfälle. Es waren schon Bauern vom Mähdrescher gefallen oder Fischer vom Kutter. Einige hatten sich totgesoffen und ein paar Menschen waren auch ertrunken. Und nun hatte die Polizei ihn befragt. Ob ihm irgendetwas ungewöhnlich vorgekommen sei in den letzten Tagen. Er hatte ihnen versichert, rein gar nichts mitbekommen zu haben. Schließlich machte er die ganze Arbeit im Moment allein und sah nichts anderes als sein Bistro. Abends fiel er todmüde ins Bett. Hanjo atmete tief durch und klatschte in die Hände. An die Arbeit, munterte er sich auf und machte sich ans Werk. Nach einer halben Stunde war das Bistro wieder in dem Zustand, den Freya abgesegnet hätte. Er musste sich dringend um den Garten, ihr Paradies, kümmern. Die Abendsonne ließ die Farben der Bucht intensiv aufleuchten. Freya hatte diese Stimmung geliebt, aber sie hatten viel zu selten die Zeit gehabt, im Garten zu sitzen und einfach nur ein Glas Wein zu trinken. Hanjo holte Harke und Eimer aus dem Schuppen. Wie besessen rupfte er das Unkraut aus und schnitt die verblühten Rosen ab. Er brauchte fast eine Stunde, bis er den kleinen Garten wieder auf Vordermann gebracht hatte.
    »Sind die Rosen in diesem Jahr nicht besonders schön?«, fragte er laut. Erschrocken zuckte er zusammen. Er würde keine Antwort bekommen. Er war allein. Sie würde ihn nicht auf die Wange küssen und glücklich zustimmen. Sie würden auch keinen Wein zusammen trinken und gemeinsam den Tag ausklingen lassen. Was immer sein Leben ihn auch hatte ertragen lassen, ohne sie war es kaum noch auszuhalten. Jetzt platzten die alten Wunden wieder auf. Zumindest hatte er ihr in den letzten Stunden beistehen können. Freya war in seinen Armen eingeschlafen. Sie hatte gelächelt und noch zart seine Hand gedrückt. Ihre letzten Worte hörte er noch immer.
    »Du musst stark sein. Glaube mir, ich freue mich. Ich bin sicher, dass ich sie gleich sehen werde.«
    Ja, das hatte sie gesagt. Sie war sich sicher! Er war es ihr schuldig, dass er stark blieb. Es war entsetzlich, dass diese Mädchen sterben mussten, aber deswegen konnte er nicht einfach aufgeben. Im Gegenteil. Gerade jetzt musste er alles tun, um den Touristen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Er musste tapfer sein. Freya war bis zum Schluss tapfer gewesen. Auch wenn sie ihm unendlich fehlte, tröstete es ihn, dass sie so glücklich gewirkt hatte. War seine Kleine auch glücklich gewesen? Oder hatte sie Angst gehabt?
     
    Sophie lenkte ihren Wagen vom Parkplatz auf die kleine Straße. Ihre Arme und Beine waren wie aus Gummi. Obwohl sie total erledigt war, stand sie unter Strom. Sie hatte tatsächlich recht gehabt! Es ging um Mord! Sie musste sich noch einmal alle Fakten in Erinnerung rufen, aber nicht jetzt. Jetzt war sie viel zu müde.

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