Der Problemmann (German Edition)
Kapitel 1: Alte Schachtel
Mit dem Telefon in der Hand, aus dem eben noch diese unglaublichen Worte gekommen waren, saß sie regungslos auf der Kante des Bettes. Sie versuchte zu realisieren, was ihr in diesem Moment unmöglich schien. Sollte sie jetzt anfangen zu weinen? Sie wusste, dass die Tränen nicht lange auf sich warten lassen würden. Dennoch wäre sie zu dieser Art Gefühlsregung nicht in der Lage gewesen. Sie versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war und aus welchem Grund es offensichtlich kein Mann länger mit ihr auszuhalten schien. Wie konnte sie schon wieder an den Falschen geraten sein? Immer und immer wieder. Der wievielte war das jetzt? Sie überlegte. In ihrem Gehirn schien sich ein Vakuum breit zu machen, was sie daran hinderte einen klaren Gedanken fassen zu können. Es überschüttete sie lediglich mit Fragen. Warum wollte niemand bei ihr bleiben? Irgendwo da draußen musste es doch einen Mann geben, der für sie bestimmt war.
In wenigen Monaten würde sie 30 werden. Mein Gott, dachte sie, ich bin eine alte Frau und schon wieder Single. So sehr hatte sie gehofft endlich den Einen gefunden zu haben. Wieso war es überhaupt erst soweit gekommen? Was hatte sie dieses Mal falsch gemacht? Gerade als es begonnen hatte ihr Spaß zu bereiten, war es damit schon wieder vorbei. Ihr war nicht klar, wer in dieser Pharse wen verlassen hatte. In der Vergangenheit waren es grundsätzlich ihre Beischlafpartner, die überraschender Weise und relativ spontan die Lust an ihr verloren. Spontan war diese Trennung dieses Mal auch verlaufen. So extrem spontan, dass Anna kaum begreifen konnte, was ihr widerfahren war.
Auf der Bettkante sitzend und darüber nachdenkend, wo die ersehnten Tränen bleiben würden, musste sie an die vorherige Beziehung zu Kay denken, der sie nach drei Wochen verlassen hatte, da ihm plötzlich eingefallen war, dass er sich bereits in einer festen Beziehung befunden hatte. Leider hatte Kay verabsäumt Anna mitzuteilen, dass er gebunden und zudem seine Freundin im fünften Monat schwanger war. In dem Moment, als seine Freundin ihm eröffnete ‚Schatz, wir müssen das kleine Zimmer entweder in Rosa oder Blau streichen und es wäre sinnvoll, wenn du den Sportwagen verkaufst‘, sah Kay sein Leben an sich vorbeiziehen. Unmöglich konnte er sich in seinem jugendlichen Alter von 32 Jahren von allen Vergnügungen verabschieden und fortan den treuen Familienvater mimen. Für ihn bestand dringender Handlungsbedarf. Er wusste, dass er sich aus dieser Verantwortung nicht würde stehlen können, aber musste er sich deshalb sein Leben versauen? Andere Mütter hätten schließlich auch schöne Töchter und so machte er sich auf die Suche nach einer Möglichkeit unkompliziert und entspannt die Seiten zu wechseln und eine andere Frau mit seiner Anwesenheit zu beglücken. Bei seinen regelmäßigen Besuchen in ein und derselben Kneipe war ihm schon seit längerem Anna aufgefallen. Sie war unauffällig, geradezu unscheinbar. Das komplette Gegenteil von seiner schwangeren Freundin und damit perfekt für ihn.
„Ich habe dich schon oft hier gesehen. Du bist mir vom ersten Augenblick aufgefallen und gehst mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Du machst mich zum glücklichsten Menschen, wenn ich dich zu einem Getränk einladen dürfte“, waren Kays Worte an einem Abend den Anna als langweilig abgehakt hatte und sich eben überlegte nach Hause zu gehen.
Überrascht hatte sie ihn angesehen. Noch nie wurde sie auf diese Weise angesprochen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihm aufgefallen sein sollte, denn sie wusste selbst, dass sie nicht zu den Frauen gehörte nach denen sich Männer auf der Straße umdrehten. Dennoch ließ sie ihn gewähren. Kay war nicht der Typ Marke ‚Traum-Mann‘. Mit seiner charmanten Art wusste er jedoch bestens umzugehen und wie man eine Frau dazu brachte ihm zu vertrauen. Er überhäufte sie mit Komplimenten, egal was auch immer sie sagte. Sie ließ sich von ihm einlullen, seine Schmeicheleien glitten an ihr herunter wie Öl und hinterließen einen schleimigen Film, der ihr alles andere als unangenehm war. Nach nur drei Gläsern Wein war Anna hoffnungslos verliebt. Dabei hatte sie sich geschworen sich nie mehr auf eine Kneipenbekanntschaft einzulassen. Zu oft war sie schneller auf den Boden der Realitäten geschmissen worden als ihr lieb war. Jedes Mal hatte sie sich gesagt, dass ihr das nie mehr passieren würde. Aber kaum hatte sie den Kummer überwunden, schien sie
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