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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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großen Hauses lag, stehenblieb und sich nach der weiten Fläche des blauen Meeres umschaute.
    Eine Frau in einem Kapuzengewand, deren Hände rissig wie Leder und vom Alter und der schweren Arbeit ganz knorrig waren, reichte ihm eine Schale Wein. Er dankte ihr und setzte die Schale an die Lippen, und dabei beobachtete er weiter das endlose Kreisen, Hinabstoßen, Aufsteigen und erneute Kreisen der Möwen über dem Wasser.
    Die alte Frau schien sich von seinem Gesicht nicht losreißen zu können. Paul beobachtete mit einer gewissen distanzierten Neugier, wie ihr Tränen in die Augen traten, und auf einmal griffen die schwieligen Finger, die eben noch die Schöpfkelle gehalten hatten, nach seiner Hand.
    »Mein Herr«, flüsterte sie mit einer Stimme, die so rauh war wie ihre Haut, »mein Herr, du bist heimgekehrt!«
    Paul nickte müde. Wenn das Spiel so ging, bitte schön, aber begeistern konnte er sich nicht dafür, daß um ihn herum schon wieder ein neues Szenarium ablief. Er hatte getan, wie geheißen. Nandi hatte gesagt, der Irrfahrer und die Weberin seien auf Ithaka, und jetzt war er hier.
    »Komm«, sagte sie, »o komm doch!« Sie lächelte breit, und die Aufregung verlieh ihr einen fast mädchenhaften Ausdruck. »Folge mir, aber sprich kein Wort. Das Haus – dein Haus, o Herr – ist voll böser Männer. Ich werde dich zu deinem Sohn bringen.«
    Er runzelte die Stirn. Von einem Sohn wußte er nichts. »Mir wurde gesagt, ich solle nach dem Haus des Irrfahrers fragen. Es hieß, ich müsse die Weberin befreien.«
    Die Augen der Pflegerin wurden weit. »Hat ein Gott dich mit einem Zauber geschlagen? Du selbst bist der Irrfahrer, Herr, und dies ist dein Haus.« Sie sah sich sorgenvoll um, dann richtete sie ihre tränennassen Augen wieder auf ihn. »Ich werde dich zu ihr bringen – doch bitte, Herr, bei deinem Leben, du mußt dich leise bewegen und darfst mit niemandem reden!«
    Er ließ sich um eine Ecke des großen Stein- und Holzhauses und durch eine Seitentür in eine verräucherte Küche führen. Die dort arbeitenden Frauen musterten seine Lumpen voll Abscheu und riefen seiner Führerin, die offenbar Eurykleia hieß, derbe Anspielungen zu. Ihn beschlich langsam ein Verdacht, in welche Geschichte er geraten war. Als sich ein alter Hund von seinem Platz in der Nähe des Herdes erhob, knurrend auf ihn zuhumpelte, seine Hand beschnüffelte und sie dann eifrig zu lecken begann, war er sich sicher.
    »Odysseus«, sagte er leise. »König von Ithaka.«
    Eurykleia fuhr erschrocken herum und legte warnend einen Finger auf die Lippen. Sie führte ihn mit schnelleren Schritten durch eine große Halle, an deren Wänden Lanzen und Schilde hingen. Vor dem offenen Tor der Halle rekelten sich zwanzig Männer oder mehr im schattigen Hof, und ihre Kleidung und ihre Waffen verrieten deutlich die adelige Herkunft. Sie schienen ein Fest zu feiern. Fleisch wurde über Gruben voll glühender Kohlen gebraten, und Diener, die sich nicht genug sputeten, wurden beschimpft und getreten und mit Fäusten traktiert. Einer der Gäste sang ein obszönes Lied, das bärtige Kinn emporgereckt, und seine Aufmerksamkeit galt offenbar einem verdunkelten Fenster, das auf den weiten Hof hinausging.
    »Horch, Frau, wie süß Antinoos singt!« brüllte einer der anderen heiser, schon betrunken, obwohl es noch vor Mittag war. »Willst du ihn nicht zu dir hinauflassen, daß er dir ganz allein singt?«
    Am Fenster regte sich nichts. Die Männer lachten und wandten sich wieder ihren Vergnügungen zu.
    Paul war innerlich erloschen. Selbst als er hinter der alten Frau die knarrende Treppe ins Obergeschoß hochstieg, wo ihn eine Begegnung erwartete, die er sehr lange und in wenigstens einer Handvoll verschiedener Welten gesucht hatte, fiel es ihm schwer, noch für irgend etwas Interesse aufzubringen.
    Sie haben den Jungen getötet. Der Gedanke war wortlos dagewesen, seit er die Augen aufgeschlagen hatte, aber jetzt konnte er ihn nicht mehr wegschieben. Die Erinnerung an den schlaffen Körper des Jungen und an seine eigene Machtlosigkeit hatten in seinem Innern gebrannt, bis dort nichts mehr übrig war, was noch brennen konnte. Er hatte das Kind in den Tod geführt. Er hatte es wie ein Pfand geopfert, und dann hatte er das Weite gesucht.
    Er war leer.
    Eurykleia blieb vor der Stubentür stehen. Sie schob den Behang beiseite und winkte Paul hindurchzutreten. Er tat es, und dabei faßte sie abermals seine Hand, küßte sie und drückte sich als Geste freudiger

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