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P. S. Ich töte dich

Titel: P. S. Ich töte dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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war; dafür durfte sie gerne den Atlantik trockenlegen, wenn das ihr Wohlbefinden steigerte.
    Er streckte sich und drehte den Kopf so heftig zur Seite, dass seine Halswirbel knackten. Dann warf er wieder einen Blick in die Bibel, die er die ganze Zeit über geöffnet gehalten hatte. Verwundert las er den letzten Absatz. Er konnte sich gar nicht erinnern, bis zu der Stelle vorgeblättert zu haben, an der Jesus seinen Jüngern befahl, die Kinder zu ihm kommen zu lassen.
    Den Kindern gehört das Reich Gottes, na klar. Deshalb rufst du sie auch so schnell zu dir nach oben, was?
    Martin gähnte. Die Lektüre zeigte ihre einschläfernde Wirkung.
    Noch einen Absatz, dann bin ich weg,
dachte er, als er spürte, wie sich ein Fremdkörper aus den Seiten löste.
    Der Zettel entfaltete sich bereits im Fallen. Noch bevor er auf die Bettdecke traf, konnte Martin die dünnen, ungelenken Striche auf dem Papier erkennen. Im selben Moment dachte er daran, einfach die Augen zu schließen.
    Gar nicht beachten. Der Zettel hat nichts zu bedeuten.
    Wahrscheinlich hatte jemand eine Telefonnummer notiert, eine Uhrzeit oder einen Namen. Dinge, die man eben auf einen Notizblock kritzelte, wenn man am Telefon den Termin bestätigte, der einen in diese Absteige verschlagen hatte.
    Nichts Interessantes. Unbedeutendes Geschreibsel.
    Martin war müde, wollte endlich schlafen. Er spürte allerdings, dass ihn der Sekundenschlaf, aus dem er eben aufgeschreckt war, wieder aufgeputscht hatte. Jetzt musste er wenigstens noch eine weitere Seite lesen, sonst würde es ihm nicht gelingen, ein zweites Mal wegzudämmern.
    Also kann ich mir auch gleich den Zettel vornehmen
, dachte er, amüsiert darüber, wie einfach doch die menschliche Neugier zu entfachen war.
»Stell zehn Menschen vor ein Schlüsselloch und mach etwas Lärm hinter der Tür. Neun werden sich bücken und hindurchschauen«,
hatte ihm sein Vater einmal gesagt.
    Martin legte die Bibel zurück auf den Nachttisch, gähnte lautstark und griff nach dem Papier in seinem Schoß.
    Zwei Sätze
.
    Beide in einer ungelenken, nervösen Handschrift verfasst, alles in Großbuchstaben. Er musste schmunzeln, als er die ersten beiden Worte las. Dann drehte er den Zettel, um den zweiten Satz lesen zu können, der unter dem Knickfalz stand. Es dauerte eine Weile, bis er die Bedeutung der Worte begriff.
    Den Zusammenhang. Den Befehl.
    Zuerst dachte er immer noch an einen Scherz, allerdings an einen sehr, sehr schlechten, denn auf dem Zettel stand:
    Nicht einschlafen …
    oder sie bringen dich um.
    Von dieser Sekunde an war Martin hellwach.
    Sein erster Gedanke galt Nadja, die mittlerweile unter der Dusche zu summen begonnen hatte (»Autumn Leaves«, das Stück, das der Klavierspieler im Restaurant bei ihrem allerersten Kuss gespielt hatte) und die nicht wusste, was hier draußen gerade mit ihm geschah.
    Was in mir geschieht!
    Dann dachte er an sein Handy und an die einzige Nummer im Speicher, die er jetzt wählen konnte. Er legte den Zettel auf den Nachttisch und stand auf.
    Irgendetwas bohrte sich in seine Fußsohle, als er barfuß zu seiner Jacke ging, die er an einen Haken neben der Tür gehängt hatte. Das unangenehme Gefühl sorgte zumindest für eine Unterbrechung seiner verwirrten Gedanken. Anders als seine Angst war der Schmerz in seinem Fuß real, und für einen kurzen Augenblick gelang es ihm, sich etwas zu beruhigen.
    Ruhig, ganz ruhig,
dachte er.
Du machst dich lächerlich. Das hat nichts zu bedeuten.
    Immerhin waren es keine Stimmen, die er hörte. Und der Zettel hatte sich
echt
angefühlt.
    Und er ist echt! Ich sehe ihn immer noch neben der Bibel liegen,
dachte Martin und zwang sich zu lachen. Dr. Gorman hatte ihm zwar gesagt, dass die haptischen Visionen die akustischen Halluzinationen ablösen könnten, wenn es schlimmer werden würde. Aber dieser Zettel war nichts als ein schlechter Scherz eines wütenden Gastes, der ihn aus reiner Bosheit für seinen Nachfolger dort plaziert hatte, damit dieser in diesem Drecksloch auch nicht einschlafen konnte.
    Reiner Zufall, dass er gerade mir in die Hände gefallen ist.
    Ausgerechnet einem Patienten, der wegen seiner schizophrenen Schübe behandelt wurde.
    Alles okay, kein Grund zur Panik. Du hast keinen Rückfall.
    Martins Puls sank langsam ab, und vermutlich hätte er sich wieder vollständig beruhigen können, wenn sein Blick nicht zur Eingangstür gewandert wäre.
    ◊
    »Jonas?«, rief er aufgeregt in sein Handy, nur eine halbe Minute nachdem er den

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