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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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1.
    D u bist gaaanz ruhig, Therese. Du atmest. Du wirst jetzt gleich die Augen öffnen und bewusst das annehmen, was ist. Mit reinem Geist. Unbeeinflusst von Erwartungen. Kruzifixsakrament, du bist keine zwanzig mehr. Übrigens auch keine dreißig. Und auch nicht mehr lange … Ruuuhig. Tief einatmen. Und gaaanz langsam wieder aus.
    Der Spiegel lehnte an der Wand. Schlankmachend schräg. Aber nicht so schräg, dass es als Mogelei gelten konnte. Schuhe und Strumpfhosen hatte sie schon abgestreift. Jetzt das Kleid.
    Ihr BH war robust. Mit kräftigen Bügeln, Trägern, die etwas aushielten, und verstärktem Stoff an den Seiten. Nichts, was Frauen in dem Roman tragen würden, den sie gerade las. Lustschreie in Hochhausschluchten. Von Delphine de Brulée. Der erste Erotikroman ihres Lebens. Mei! Das Anfangskapitel spielte in einem Großraumbüro in Paris. An einem ganz normalen Arbeitstag. Wenn man von dem unverhofften Besuch eines Heizungsmonteurs absah, der im weiteren Verlauf des Kapitels alle Hände voll damit zu tun hatte, pralle Brüste aus roten Spitzendessous zu befreien, um gleich darauf mit rissigen Fingern über knisternde, halterlose Strümpfe zu fahren. So ein Schmarrn! Trotzdem war sie neugierig gewesen, nachdem ihr erst Franzi vom Edekamarkt, dann ihre ehemals beste Freundin Toni und schließlich sogar Resi von der Feuerwehrkneipe, die nie etwas anderes als ihre eigene Speisekarte las, von Delphine de Brulées Büchern erzählt hatten. Drei Romane von ihr waren als Neuzugänge für die Touristen in der Gemeindebibliothek gelandet und vergriffen, ehe der Pfarrer sein Veto hatte einlegen können. Der amtierende Bürgermeister hatte auf die Beschwerden der Kirche wie immer zögerlich reagiert, aber Thereses Gegner im Wahlkampf, Fredl Weidinger, war sofort eingeschritten, wollte die Bücher beschlagnahmen. Und musste mit den Karteikärtchen vorliebnehmen. Wäre die EDV wie geplant bis in die Gemeindebibliothek vorgedrungen und der Neuerungswille der Bürger nicht am Starrsinn der überalterten Bibliothekarin gescheitert, hätte er gar nichts in der Hand gehabt.
    Natürlich war es die Pflicht einer künftigen Bürgermeisterin, zu den Vorfällen in der Bibliothek Stellung zu nehmen und sich über das zu informieren, was die Bevölkerung umtrieb. Abgesehen von der Pflicht, bedingungslos für alles zu sein, wogegen Fredl Weidinger zu Felde zog. Also hatte sie sich auf eine Exkursion in die Kreisstadt begeben, um einen der Romane von Delphine de Brulée auszuleihen. Die dortige Bibliothekarin war jünger als die Angestellte der Neuenthaler Gemeindebibliothek. Trotzdem machte sie einen verkniffenen Eindruck. Ganz bestimmt trug sie keine halterlosen Strümpfe unter ihrem schlammfarbenen Wickelrock. Beim Abstempeln warf sie einen huschenden Blick aufs Cover, auf dem sich eine Frau räkelte, nackt, den Kopf zurückgeworfen, sichtlich außer sich vor Leidenschaft. Brüste vor einem lustroten Hintergrund, Beine, nur dezent gespreizt, ein angedeutetes Schamdreieck, nichts weiter. Kein Grund, Therese so anzuschauen, mit einem Blick, der kleine, spitze Zähnchen zu haben schien. Vermutlich hatte diese Schlammfarbene ihre dezent mattlackierten Bibliothekarinnenfingernägel noch nie in einen Männerrücken gekrallt und nach mehr verlangt. Aber sie, Therese, hatte es getan! Auch wenn es lange her war. Siebenundzwanzig Jahre! Mei! Am Alter ihrer Tochter Susn konnte sie es ablesen. Immer schon hatte sie daran den Abstand zu diesem denkwürdigen Erlebnis gemessen. Susn mit sechs, vorderzahnlos, als kleine Schneeflocke beim Schneeflockentanz des Weihnachtsmarktes, ganz bezaubernd in ihrem Kinderdirndl. Susn mit zwölf, stockdünn, schon blaugefroren und trotzdem nicht aus dem Wasser zu bekommen, so ehrgeizig war sie beim Langstreckentauchen. Susn mit sechzehn, scheu und schön, das ideale Modell für die Kleider aus Thereses Trachtenshop. Susn als Studentin. Kulturwissenschaften und Sprachen. Sogar mit Abschluss: Bätschler. Eine Bezeichnung, die nicht einmal eine weibliche Endung vertrug. Behauptete Susn. Nur weil Bachelor auch ein englisches Wort für Junggeselle war? Schmarrn!
    »Meine Tochter ist Bätschlerin«, hatte sie ihrer ehemals besten Freundin Toni verkündet, nachdem Susn überraschend wieder nach Neuenthal gezogen war.
    »Und dafür hats so lang studiert? Damits als Bätschlerin Touristen um den See führt, ha?« Typisch Toni. Es war nicht allzu schwer zu kontern. Denn Tonis Tochter Kathi belegte in Tonis Metzgerei

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