Pacific Paradise - Boone Daniels 2
müssen, wie seine geliebten Surfbreaks mit zunehmender Beliebtheit des Sports immer heftiger belagert wurden und inzwischen zum Kulturkapital gehörten. Anscheinend wollte heutzutage jeder surfen und im Wasser wurde es eng. An den Wochenenden war es schon verdammt noch mal lächerlich und manchmal hatte Boone gute Lust, sich samstags und sonntags frei zu nehmen, weil sich so viele (vor allem schlechte) Surfer in die Fluten stürzten.
Aber das war egal; man musste es hinnehmen. Man kann Wasser nicht abstecken, so wie Land, das man gekauft hat. Das Tolle am Ozean ist, dass er nicht zum Verkauf steht, man kann ihn nicht erwerben, besitzen oder absperren – jedenfalls ist das nicht so einfach, obwohl es die Betreiber der neuen Luxushotels, die jetzt überall wie offene Geschwüre anden Stränden auftauchen, versuchen. Sie privatisieren die Strände und beschränken den Zugang. Der Ozean war Boones Ansicht nach das letzte Bollwerk der Demokratie. Jeder – unabhängig von seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Hautfarbe, Religion oder seinen finanziellen Möglichkeiten, beziehungsweise deren Nichtvorhandensein – konnte daran teilhaben.
Deshalb fand er Localism zwar irgendwie verständlich, aber absolut falsch.
Eine schlechte Sache.
Eine fiese, schlechte Sache, denn immer öfter hatten Boone, Dave, Tide und Johnny in den vergangenen Jahren Schlichter spielen und bei Auseinandersetzungen draußen auf dem Wasser eingreifen müssen. Was einst die seltene Ausnahme blieb, war jetzt an der Tagesordnung und sie mussten ständig verhindern, dass irgendwelche Einheimischen vermeintliche Eindringlinge vermöbelten.
Einmal auch direkt in Pacific Beach. Nicht bei der Dawn Patrol, sondern an einem Samstagnachmittag, als das Wasser voller Einheimischer und angereister Anfänger war. Am Line-up knisterte es, zu viele Surfer wollten auf dieselben Wellen und einer der Locals tickte aus. Ein Newcomer hatte ihn geschnitten, er musste ausweichen, rauschte ihm aber anschließend durchs Weißwasser hinterher. Schlimmer noch, seine Kumpels folgten.
Es wäre übel ausgegangen, eine schlimme Keilerei, aber Dave saß auf dem Rettungsturm und Johnny spielte im seichten Wasser mit seinen Kindern. Johnny war zuerst da und ging zwischen die aggressiven Locies und die blöden Anfänger und versuchte vernünftig mit ihnen zu sprechen. Die Einheimischen wollten nichts davon hören und es sah aus, als würde das Ganze eskalieren, als Dave eintraf und schließlich auch Boone und Tide und sie mit den vereinten Kräften der Dawn Patrol die Lage beruhigten.
Aber Boone und die anderen Sheriffs der Dawn Patrol konnten nicht an jedem Break sitzen und die hässliche Fratze des Localism zeigte sich an vielen Orten. Plötzlich sah man an Stoßstangen Aufkleber mit der Aufschrift: »Schutzgebiet«. Und die Besitzer dieser Fahrzeuge – nur allzu häufig im Meth- und Bierrausch – fühlten sich befugt, ihre hausgemachten Verordnungen durchzusetzen. Bestimmte Breaks an der kalifornischen Küste wurden damit praktisch zu Sperrzonen – und sogar in den Surfberichten wurde »Ausländern« geraten, sich von diesen Breaks fernzuhalten.
Es entstanden richtige Gangs, die im Ozean Gebietsansprüche anmeldeten.
Das war absurd, fand Boone. Dumm. Mit Surfen hatte das nichts zu tun. Ja, hatte es aber eben doch. Die Ozean-Community hatte einen Kratzer bekommen und mit der heilen Welt war’s vorbei, auch wenn Boone das nicht gerne sah.
Aber er hätte nie damit gerechnet, so was im Sundowner zu erleben.
Der Sundowner ist old school. Dort trifft man die Jungs von der Dawn Patrol und die von der Gentlemen’s Hour, Profisurfer, Leute von außerhalb auf Pilgerfahrt ins Surfmekka. Im Sundowner sind alle willkommen.
Vielleicht hätte Boone es kommen sehen müssen. Vorzeichen gab es genug, denn jetzt plötzlich sah man in den Fenstern der anderen Läden in Pacific Beach Schilder, auf denen stand: »Keine Kappen. Keine Gangabzeichen.«
»Gangabzeichen?!«
Verfluchte Gangabzeichen auf der Garnet Avenue?
Ja, und das war ein Problem. In den vergangenen Jahren waren immer mehr Gangs nach Pacific Beach gekommen. Gangs aus dem Barrio Logan und aus City Heights, aber auch einheimische Banden, Surfergangs – verfluchte Surfergangs –, die Clubs und ganze Straßenzüge als Partyzone für sich beanspruchten und gegen andere verteidigten. Immermehr Bars setzten rund um die Uhr professionelle Türsteher und Sicherheitskräfte ein und auf den Straßen des lässigen,
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