Päpste pupsen nicht (German Edition)
eigentlich darüber froh sein sollen, dass er Mono jetzt los war, und ich glaube, er hatte schon die ganze Zeit vor, alle Schweinchen wegzugeben, egal wohin, aber irgendwie war er jetzt gar nicht mehr froh. Wir haben dann Lisa und Brownie und Karamell und alle anderen, deren Namen jetzt auch egal sind, in eine große Kiste gepackt und sind zum Zoo gefahren.
Dr. Gänsebein saß in einem Raum voll ausgestopfter Tiere. Ungewöhnliche Werbung für einen Tierarzt, dachte ich noch kurz, aber dann musste ich wieder weinen. Dr. Gänsebein war ein großer, gut aussehender Mann mit einer Frisur wie eine Haarbürste. Man hätte einen Tasse auf den Borsten abstellen können. »Tut mir leid«, sagte er, und dass er auch keine Erklärung für Monos Tod hätte. Ich wollte nur noch nach Hause.
»Wollen wir Mono begraben?«, fragte mich Mama.
»Das ist vielleicht keine so gute Idee«, sagte der Tierarzt, »weil … Wir haben hier unsere Vorschriften im Zoo.«
»Mama, lass uns gehen«, sagte ich.
Dr. Gänsebein zeigte uns ein Freigehege hinter dem Steinbockfelsen, wo Zwergkaninchen und Meerschweinchen herummümmelten. Alle hatten glatte Haare. Aber das würde sich bald ändern. Wir ließen die Kiste mit Monos Familie im Zoo und ich bekam von der Rückfahrt nicht mehr viel mit.
»Wieso habt ihr sie denn im Zoo gelassen?«, fragte mich Eloise, als wir zusammen im Schulbus saßen.
»Ohne Mono waren alle so allein.«
Dann schaute Eloise aus dem Fenster und sagte eine Weile nichts mehr, was bei ihr selten vorkommt.
Eloise ist meine beste Freundin. Ihr Vater muss Tag für Tag eine Uniform wie aus dem Mittelalter tragen und manchmal mit einer Art Spieß herumlaufen. Er ist Schweizergardist im Vatikan. Das sind die Leibwächter des Papstes. Der Job wurde vor vielen Hundert Jahren eingeführt, als es noch keine Bodyguards gab, und dann hat man wohl vergessen, ihn wieder abzuschaffen. Eloises Vater ist ihr Chef, der Kommandant. Im Vatikan darf nur ein Kommandant Kinder haben, und so kommt es, dass Eloise das einzige Mädchen der Welt ist, das als Geburtsort »Vatikan« im Pass stehen hat. So als sei sie mit einem Heiligenschein auf die Welt gekommen. Ein Mädchen zwischen all den Priestern und Kardinälen und Bischöfen und dem Papst, die alle keine Kinder kriegen dürfen, weil Jesus vor zweitausend Jahren auch keine hatte.
Eloise und ich fahren jeden Tag von unserer Schule in der Innenstadt mit dem Bus bis zum Vatikan. Ich mag diese Nachhausefahrten. Erstens, weil die Schule dann vorbei ist, und außerdem, weil man immer merkwürdige Dinge sieht und Leute, die komische Sachen machen. Neulich schleppte jemand vorm Supermarkt ein großes Kreuz mit sich herum und hatte eine braune Kutte an. Und manchmal sieht man hoch oben im Himmel Vogelwolken, die wie verrückt über die Dächer jagen. Das sind Starenschwärme. Es gibt sie nur in Rom. Sie knäueln sich zusammen und stieben auseinander und drehen Kurven oder rasen wie ein Kugelblitz in die Platanen. Heute war es wieder so.
Ich schaute aus dem Busfenster hinaus, als wir gerade über die Tiberbrücke fuhren, und sah die Starenwolke über der Engelsburg tanzen.
»Du, Eloise …«, sagte ich.
»Was denn?«
»Spinn ich? Schau mal selbst. Da stimmt etwas nicht«, sagte ich und zeigte zum Himmel.
Denn da stimmte wirklich etwas nicht.
Und zwar ganz und gar nicht.
2. Kapitel
Freundinnen sind das Wichtigste im Leben. Aber sie machen es einem auch ganz schön schwer
Ich habe keine Schwester. Das verzeihe ich meinen Eltern nicht. Aber dann denke ich an meine Freundin Rafaela. Die hat eine ältere Schwester, die ziemlich merkwürdig ist. Das finde ich jedenfalls und Rafaela sowieso. Wenn die beiden sich zanken, dann setzt sich Rafaelas Schwester auf Rafaelas Gesicht und pupst. Das muss man sich mal vorstellen. Ziemlich unangenehm. Trotzdem hat Rafaela ihre Schwester meistens sehr gern.
Eloise hat auch keine Schwester, vielleicht sind wir deswegen auch die besten Freundinnen. Eloise ist einen Tick kleiner als ich und hat die Angewohnheit, von oben über ihre Brille zu schauen, wie es alte Verkäufer machen. Die anderen in unserer Klasse finden sie affig, aber das stimmt nicht. Sie will nur nicht mit jedem gleich gut Freundin sein. Auf jeden Fall kann man sich auf sie verlassen, wenn es darauf ankommt. Am ersten Tag, als Eloise vor der Klasse stand und Frau Tiedemann sagte: »Das ist Eloise, sie kommt aus der Schweiz. Und was macht dein Vater so?«, da hat Eloise nichts gesagt. Sie
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