Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
fragender Miene an. Dieser winkt ihn heran, er möchte, dass Björn zu ihm kommt. Björn lächelt unsicher und beginnt, landeinwärts zu schwimmen.
»Björn«, schreit Penelope, so laut sie kann. »Schwimm weiter raus!«
Der Mann am Ufer dreht sich zu ihr um und läuft auf das Boot zu. Penelope kappt das Tau, rutscht auf dem nassen Holzdeck aus, rappelt sich wieder auf, stolpert zum Steuer und lässt den Motor an. Ohne sich umzuschauen, holt sie den Anker ein und schaltet gleichzeitig in den Rückwärtsgang.
Björn muss sie gehört haben, denn er hat sich vom Land abgewandt und schwimmt stattdessen auf die Jacht zu. Penelope steuert ihn an und sieht im selben Moment, dass der schwarz gekleidete Mann die Richtung gewechselt hat und den Anstieg hinauf zur anderen Inselseite läuft. Ohne wirklich nachzudenken, wird ihr klar, dass der Mann sein schwarzes Schlauchboot in der nördlich gelegenen Bucht an Land gezogen haben muss.
Sie weiß, dass sie keine Chance haben werden, es abzuhängen.
Donnernd wendet sie das große Boot und hält auf Björn zu. Sie schreit ihm etwas zu, nähert sich, bremst ab und streckt ihm einen Bootshaken entgegen. Das Wasser ist kalt. Björn wirkt verängstigt und erschöpft. Sein Kopf geht immer wieder unter. Sie verletzt ihn mit der Spitze des Bootshakens, er blutet an der Stirn.
»Du musst dich festhalten«, ruft sie.
Das schwarze Schlauchboot fährt bereits in einem Bogen um die Insel herum. Das Geräusch seiner Motoren ist deutlich zu hören. Björn verzieht das Gesicht vor Schmerz. Nach mehreren Versuchen gelingt es ihm endlich, den Arm um den Bootshaken zu legen. Penelope zieht ihn, so schnell sie kann, zur Badeplattform. Er schafft es, sich am Rand festzuhalten. Penelope verliert den Bootshaken und sieht ihn im Wasser davontreiben.
»Viola ist tot«, schreit sie und hört die Mischung aus Panik und Verzweiflung in ihrer Stimme.
Sobald Björn sich an der Leiter festgeklammert hat, läuft sie zum Steuer und gibt Vollgas.
Björn klettert über die Reling, und sie hört, wie er ihr zuschreit, dass sie geradeaus nach Ornäs huvud fahren soll.
Das Geräusch der brüllenden Motoren des schnellen Schlauchboots kommt immer näher.
Penelope fährt eine enge Kurve, es knallt laut unter dem Rumpf.
»Er hat Viola umgebracht«, wimmert Penelope.
»Pass auf die Felsen auf«, warnt Björn mit klappernden Zähnen.
Das Schlauchboot hat Stora Kastskär umfahren und beschleunigt auf der glatten, offenen Wasserfläche.
Über Björns Gesicht läuft Blut.
Sie nähern sich rasch der großen Insel. Björn dreht sich um und sieht das Schlauchboot in etwa dreihundert Meter Entfernung.
»Zum Anleger!«
Sie schwenkt herum, stellt auf volle Kraft zurück und schaltet den Motor aus, als der Bug krachend gegen den Bootssteg stößt. Das Boot schürft in ganzer Länge seitlich an einer nassen Holzleiter entlang. Wellen schlagen schäumend gegen die Felsen und rollen zurück. Das Boot neigt sich zur Seite. Treppenstufen zersplittern. Wasser schlägt über die Reling. Sie gehen von Bord und betreten den Anleger. Hinter sich hören sie den Rumpf in denWellen knirschend gegen den Anleger schaukeln. Sie rennen an Land, während das Schlauchboot näher kommt. Penelope rutscht aus, stützt sich mit der Hand ab und klettert keuchend das steile Ufer zum Waldsaum hoch. Unter ihr verstummen die Motoren des Schlauchboots, und Penelope weiß, dass ihr Vorsprung minimal ist. Zusammen mit Björn läuft sie zwischen die Bäume und tiefer in den Wald hinein, wobei ihre Gedanken in Panik fliegen und ihre Augen nach einer Stelle Ausschau halten, an der sie sich verstecken können.
4
Der schwebende Mann
Paragraph 21 des Polizeigesetzes legt fest, auf welche Weise sich ein Polizist Zugang zu einem Haus, einem Raum oder einem anderen Ort verschaffen darf, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dort jemand gestorben, bewusstlos oder anderweitig nicht in der Lage ist, Hilfe zu rufen.
Polizeimeister John Bengtsson erhält an diesem Samstag im Juni den Auftrag, die oberste Wohnung in der Grevgatan 2 zu untersuchen, weil Carl Palmcrona, der Generaldirektor der Staatlichen Waffenkontrollbehörde, aus unerklärlichen Gründen nicht zur Arbeit erschienen ist und einen Termin mit dem Außenminister verpasst hat.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass John Bengtsson in eine Wohnung eindringt, um nach Toten oder Verletzten zu suchen. In den meisten Fällen ist dies auf Veranlassung von Angehörigen geschehen, die einen
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