Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
durchgegangen und …«
Er verstummt abrupt, und Saga sieht ihn an.
»Was ist? Woran denkst du?«, fragt sie.
»Dort waren nur persönliche Briefe in dem Fach, keine Reklame, keine Rechnungen«, sagt er. »Die Post ist bereits vorsortiert worden, wenn sie hier ankommt.«
45
Auf der Autobahn
Palmcronas Haushälterin Edith Schwartz hat kein Telefon. Sie wohnt ungefähr siebzig Kilometer nördlich von Stockholm, in der Nähe von Knivsta. Joona sitzt schweigend neben Saga. In sanftem Tempo fährt sie den Sveavägen hinauf. Sie verlassen die Innenstadt, passieren die Abfahrt zum Karolinska-Krankenhaus und fahren auf die Autobahn.
»Der Staatsschutz hat die kriminaltechnische Untersuchung von Penelopes Wohnung abgeschlossen«, erzählt sie. »Ich bin das gesamte Material durchgegangen, demnach steht sie mit keiner linksextremistischen Gruppe in Verbindung. Im Gegenteil, sie distanziert sich von ihnen, ist erklärte Pazifistin und argumentiert gegen die Methoden der Extremisten. Außerdem habe ich mir das wenige angesehen, das wir über Björn Almskog haben. Er arbeitet im Musikklub Debaser am Medborgarplatsen, ist politisch nicht aktiv, wurde allerdings anlässlich eines von Reclaim the City veranstalteten Straßenfestes verhaftet.«
Sie fahren schnell zwischen dem vorbeiflimmernden schwarzen Zaun des Nordfriedhofs und den hohen grünen Bäumen des Haga-Parks hindurch.
»Ich bin unser Archiv durchgegangen«, fährt Saga fort. »Alles, was wir über links- und rechtsextremistische Kreise in Stockholm haben … Ich habe fast die ganze Nacht dafür gebraucht. Das Material ist natürlich geheim, aber du sollst wissen, dass der Staatsschutz einen Fehler gemacht hat: Penelope Fernandez und Björn Almskog sind in keinen Sabotageakt oder etwas anderesin der Art verwickelt. Die beiden sind fast schon lächerlich unschuldig.«
»Dann hast du diese Spur zu den Akten gelegt?«
»Ich bin genau wie du der Überzeugung, dass wir in einem Fall ermitteln, der in einer ganz anderen Liga spielt, etwas viel Größeres als das rechte oder linke Lager … vermutlich sogar etwas Größeres als der Staatsschutz oder die Landeskripo«, erklärt sie. »Ich meine, Palmcronas Tod, das Feuer in Björns Wohnung, Violas Tod und so weiter … hier geht es um ganz andere Dinge.«
Es wird still, und Joona erinnert sich an die Haushälterin, als sie ihm in die Augen sah und fragte, ob sie Palmcrona schon heruntergeholt hätten.
»Was meinen Sie mit ›heruntergeholt‹?«
»Entschuldigen Sie, ich bin nur die Haushälterin, ich dachte …«
Er hatte sie gefragt, ob sie etwas Besonderes gesehen habe.
»Eine Schlinge, die im kleinen Salon vom Lampenhaken herabhing«, hatte sie geantwortet.
»Sie haben die Schlinge gesehen?«
»Selbstverständlich.«
Selbstverständlich, denkt Joona und schaut auf die Autobahn hinaus, die zu seiner Rechten von einer Lärmschutzwand vor Einfamilienhaussiedlungen und Fußballfeldern gesäumt wird. Der scharfe Ton, in dem die Haushälterin das Wort »selbstverständlich« ausgesprochen hat, ist Joona im Gedächtnis geblieben. Er hört ihn immer wieder, während er sich an ihr Gesicht erinnert, als er ihr erklärte, dass man sie bitten würde, ins Präsidium zu kommen, um mit einem Polizeibeamten zu sprechen. Sie hatte nicht besorgt reagiert, wie er es erwartet hätte, sondern nur genickt.
Sie lassen Rotebro hinter sich, wo die Polizei die zehn Jahre alten sterblichen Überreste von Johan Samuelsson in Lydia Evers Garten ausgruben, als sie nach Erik Maria Barks Sohn Benjamin suchten. Damals war Winter, jetzt ist rund um die rostbraunenEisenbahnschienen, die Parkplätze, Reihenhäuser und freistehenden Häuser alles leuchtend grün.
Joona ruft Nathan Pollock von der Landesmordkommission an und hört bereits nach zwei Ruftönen dessen leicht nasale Stimme.
»Nathan.«
»Du und Tommy Kofoed, ihr habt euch doch die Kreise aus Fußspuren unter Palmcronas Körper angesehen.«
»Die Ermittlungen sind eingestellt worden«, antwortet Pollock und Joona hört ihn auf einer Computertastatur schreiben.
»Ja, aber jetzt haben wir …«
»Ich weiß«, unterbricht Nathan ihn. »Ich habe mit Carlos gesprochen, er hat mir von der neuen Entwicklung erzählt.«
»Kannst du dir die Sache noch einmal anschauen?«
»Bin schon dabei«, antwortet Pollock.
»Das hört sich gut an«, erwidert Joona. »Wann bist du fertig?«
»Jetzt«, antwortet Pollock. »Die Spuren stammen von Palmcrona und seiner Haushälterin Edith
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