Pakt der Könige
durchscheinendem Stein längst gestohlen und durch graues Pflaster ersetzt worden waren, blieben zumindest Meilensteine, die die Entfernungen anzeigten.
Im Laufe der Jahrhunderte hatten in dieser Gegend verschiedene Völker gelebt, und so waren die Wappen von Königen, Kriegsherren und lange vergessenen Berühmtheiten auf die Meilensteine gemalt oder darin eingraviert, manchmal recht ungeschickt; die Meilensteine selbst waren abgenutzt und hatten Patina angesetzt, standen aber noch aufrecht.
Nach fünfzehn Meilen hatten sie zwei Wegkreuzungen hinter sich gelassen, waren einem einsamen Bauern auf einem Maultier begegnet und an einem Dorf vorbeigekommen.
Sie schliefen im Schatten eines kleinen Wäldchens und setzten ihren Weg am Morgen fort.
Zwanzig Meilen.
Und was, wenn er mitten auf der Straße stehen bleiben musste, ohne dass am Horizont etwas zu sehen war? Sollte er die Steine erneut werfen? Auf ein Zeichen warten?
Bei der dreiundzwanzigsten Meile war noch immer nichts am Horizont zu sehen, nur einige kahle Hügel.
Bei der vierundzwanzigsten Meile machte die Straße einen abrupten Bogen, um einem Fluss zu folgen.
Bei der siebenundzwanzigsten Meile erreichte Arekh die Ausläufer eines kriegszerstörten sarsischen Marktfleckens. Die Häuser waren nur noch rauchende Ruinen, und Leichen verwesten von Fliegen umschwirrt auf der Straße.
Der achtundzwanzigste Meilenstein stand im Zentrum der kleinen Stadt, umgeben von Verwüstung. Dort, wo es einst einen Marktplatz gegeben hatte, befanden sich jetzt nur noch verbrannte und niedergerissene Stände. Arekh sah sich um. Es musste ein Zeichen geben …
Nichts.
Er schloss die Augen und seufzte tief. Als er die Lider
wieder öffnete, sah er auf der anderen Seite des Platzes in Richtung seines ausgestreckten Fingers einen kleinen, roten Fleck. Kein Blut, etwas Intensiveres … ein kleiner, bunter Stern in einer Welt aus Asche.
Nach einem kurzen Blick in die Runde, mit dem er sich vergewisserte, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, schritt er durch die Überreste der Marktstände und bis zu dem Farbfleck. Ein Stück Stoff - ein Stück Stoff, das unter einem abgerissenen Karrenrad hervorragte. Es handelte sich um ein Tuch, ein Tuch aus purpurfarbener Wolle, das sicher der Frau gehört hatte, deren ausgebluteter Leichnam zwei Schritte weiter verrottete.
Arekh hob das Tuch nachdenklich auf. Dieses intensive Rot konnte nur durch einen ganz bestimmten, sehr seltenen Farbstoff erzeugt werden … eine Mischung aus zerstoßenem Gestein und dem Saft einer Wurzel, die man nur an der Grenze zwischen Reynes und dem Emirat fand, im Nordosten.
War das das Zeichen?
Wieder der Nordosten. Wie lange noch?
Die kleine Sklavin kam näher. Arekh zog eine Linie und holte die Kiesel aus seiner Tasche.
Kapitel 3
Es herrschte trübes Wetter, als Arekh zu Pferde ins Land seiner Kindheit zurückkehrte. Die kleine Sklavin folgte ihm auf einem Pony, einem Tier ohne rechte Farbe, das er für fast nichts auf einem Markt südlich der Berge erstanden hatte.
Der Weg der Steine hatte ihn von Sarsan bis an die Grenze zu Merun geführt, von Merun ans Südufer des Joar, dann durch die Vorgebirge der Gipfel bis zum Nasseri und schließlich quer durch das Emirat bis an die Grenze von Reynes. Als er durch die Hügel seines Heimatlandes geritten war - auf heimlichen Wegen, um keiner Patrouille zu begegnen -, war er auf einige hölzerne Wegweiser gestoßen, die ein Sturm umgerissen und halb im Schlamm begraben hatte. Auf einem der Wegweiser hatte »Miras« gestanden.
Miras war ein Teil seines Familiennamens. Der Name der Burg, auf der er aufgewachsen war, des Dorfs und der umgebenden Ländereien.
Der Regen hatte ihm das Haar durchnässt, während er nachgedacht und die ins Holz geritzten Buchstaben betrachtet hatte. Er hatte keine Verblüffung empfunden, nur Zweifel. Was sollte er dort? Was würde er finden? Eine Antwort? Es war ihm nicht gelungen, sich das einzureden.
Und doch war er wieder auf seine Stute gestiegen und hatte sie mit einem Fersenhieb erneut in Bewegung gesetzt. Es wäre dumm gewesen, jetzt noch seine Meinung zu ändern. All die Tage und Wochen, die während seiner langen Reise vergangen waren … Seine Entscheidung, einem absurden Ritual zu folgen - und das auf ein Wort hin, aufgrund eines spontanen Einfalls -, hatte ihre Offensichtlichkeit verloren. Vielleicht war das alles lächerlich. Vielleicht ging er in die Irre.
Aber die Buchstaben auf dem Wegweiser hatten sich in seinen
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