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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Priester und diejenigen Könige lernen, die von dunklem Blut und von der göttlichen Gnade erleuchtet waren. Doch diese eine hier kannten alle. Seit dreitausend Jahren hatten alle Kinder ihr Vergnügen daran, nachts die imaginären Konturen der Rune der Knechtschaft mit dem Finger nachzuziehen, weil
sie sich freuten, ein winziges Stück des göttlichen Plans zu verstehen und zu entziffern.
    » Als die Zeit noch langsam verlief und die Frauen weise waren «, begann das Kind zu rezitieren, »kamen Männer, Frauen und Kinder mit hellem Haar und blauen Augen aus dem Eisland. Niemand wusste, woher sie stamm ten, niemand wusste, wohin sie wollten, niemand kannte ihre Sprache … Sie kamen an, das war alles, und dran gen ungebeten in die Königreiche ein, aßen das Brot ihrer Bewohner, tranken ihr Wasser und brachten Chaos und Elend mit sich. Aufgrund ihrer Augenfarbe und des bläu lichen Mals zwischen ihren Schulterblättern nannte man sie das Türkisvolk …
    Da baten die Bewohner der Königreiche besorgt diejeni gen, die über sie herrschten, sich zu versammeln. Und die Könige und Priester setzten sich gemeinsam an einen Tisch und fragten sich, was sie hinsichtlich der Neuankömmlinge unternehmen sollten, und unter ihnen war Ayona, der von unendlicher Klugheit war. Während sie noch verhandelten, stand Ayona, der es müde war, auf und ging ans Fenster, um den Nachthimmel zu betrachten. Das Erste, was er sah, war ein türkisfarbener Stern, der noch keinen Namen trug, und er begriff, dass die Götter ihnen einen Stern geschenkt hatten, um das neue Volk zu symbolisieren. Dann sah er die sieben Sterne, die den bläulichen Stern umgaben, und in einem Augenblick der göttlichen Erleuchtung begriff er, wie er sie verbinden musste: Die sieben Sterne bildeten die Rune der Knechtschaft und hielten den bläulichen Stern fest. So begriff er, dass die Götter das Türkisvolk zur Sklave rei verdammt hatten und dass es für Tausende von Jahren so bleiben würde, bis die Rune dereinst ausgelöscht würde. So hatte es das Schicksal entschieden: Die Mitglieder des
Türkisvolks würden in Ketten und Duldsamkeit den freien Menschen der Königreiche dienen …
    Und Ayona wandte sich den Königen und Priestern zu, die hinter ihm am Tisch saßen, und erklärte ihnen, was die Götter ihm geboten hatten, und die Könige und Priester sagten: ›Das ist gut. So möge es sein.‹«
    Das kleine Mädchen schwieg und sah Arekh mit einem stolzen Lächeln an, entzückt, dass sie den Text fehlerlos vorgetragen hatte. Arekh musterte die Kleine schweigend. »Gut«, sagte er schließlich. »Gut. Also dienst du mir, weil die Götter es so beschlossen haben.«
    Die Kleine nickte feierlich.
    »Weißt du, dass ich ein Verbrecher bin?«, fragte Arekh. »Findest du es normal, dass die Götter fordern, dass du einem Mann wie mir dienst? Mir, der ich viel Böses getan habe? Haben sie recht?«
    Bei dem Gedanken, die Götter in Frage zu stellen, huschten Verwirrung und Panik über das Gesicht der kleinen Sklavin. Sie rührte sich nicht und starrte ihn mit offenem Mund an.
    »Ich … verstehe nicht«, stammelte sie schließlich. »Was für eine Antwort wollt Ihr hören? Seid Ihr unzufrieden mit mir?«
    »Nein«, sagte Arekh verärgert, ohne zu wissen, warum. »Nein. Komm, leg dich schlafen.«
     
    Wie die Wirtin gesagt hatte, war der Weg zur Burg von Unkraut und Brombeerranken überwuchert. Ein Fluss, den Arekhs Vater vor vielen Jahren hatte umleiten lassen, um mehr Abstand von der Straße zu haben, hatte Stück für Stück sein altes Bett zurückerobert, und schwarzes Wasser strömte, riss Erdklumpen und Kiesel mit. Aber der Anstieg
war sanft. Das Pferd und das Pony hatten keine Schwierigkeiten, hinaufzugelangen, obwohl sich die Kleine, die beide am Zügel führte, die Füße aufschrammte.
    Sie kamen an den »Drei Eichen« vorbei, einem Hain, in dem majestätische Bäume aufragten, die mehrere Jahrhunderte alt waren. Als Arekh und Ires klein gewesen waren, hatten sie hier ihr Geheimversteck gebaut - eine Hütte aus Zweigen und Blättern, die von außen nicht zu sehen war. Wann immer sie ihren Hauslehrern entwischen konnten, flüchteten sie dorthin, um gegen ihre Feinde, die Gespenster der Abgründe, zu kämpfen, die reihenweise angriffen, sobald die Erwachsenen außer Sichtweite waren.
    Ires liebte dieses Spiel. Er packte den Holzsäbel, den Arekh ihm geschnitzt hatte, und hieb mit großen Armbewegungen auf seine unsichtbaren Feinde ein; er trieb sie in die Flucht

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