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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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er mit dem Zeigefinger den Takt schlug:
    »Sie sagen, daß ich ein Lumpenmann bin,
    Sie sagen, daß ich kein Geld nich hätt.«
    Als Pallieter das hörte und sah, packte er Mariechen bei der Hand und zog das Mädchen mit zu der tanzenden Bande, und beide fügten sich ein. Und sie sangen und drehten sich; und es war ein Beinezappeln und ein Röckeschwänzeln, daß der Pastor sich schief lachte. Und Pallieter sang ein anderes Lied, warf die Beine bis über den Kopf und wollte von keinem Aufhören wissen.
    Auf dem Beginenwall standen die Bauern, die alten, dicken Beginen und die Armenhausleute und kicherten und lachten, ebenso auch Charlot aus dem Küchenfenster, daß ihr die Tränen übers Gesicht liefen.

 
     
     

Das Fest
     
    W ährend die andern im Garten auf und ab gingen und auf den Pastor warteten, stellten Pallieter, Charlot und Mariechen einen langen Tisch von Brettern auf Schrägbeinen im Schatten der Kastanie auf. Sie deckten ein blaukariertes Tischtuch darüber und belegten es mit hellgeblümten Tellern, glitzernden Gläsern, Messern, Löffeln und Gabeln.
    Eine dichte Reihe von dickbestaubten Weinflaschen stand dunkel von einem Tischende zum andern: das sah aus wie hintereinander wandelnde Beginchen; und im Schatten lagen zwei große Fässer Bier.
    Nach einer Viertelstunde kam der Pastor mit einer langen Tonpfeife langsam in den Garten. Alle setzten sich an den Tisch, und der blaue Schatten dämpfte die starken Farben ihrer rauschenden Kleider.
    Während sie in Erwartung des Essens über dies und das plauderten, hielten einige vor ungeduldiger Eßlust schon den Löffel in der Hand und blickten, mit den Gedanken in der Küche, über die Wiesen und die Felder, die verlassen in der Sonne schimmerten.
    Da kam Charlot mit der großen Suppenschüssel angelaufen. Sie schöpfte auf, schwieg dabei kein Ave-Maria lang still und suchte für jeden nach viel Klößchen.
    Der Pastor schlug dann ein Kreuz und betete still. Die andern taten dasselbe, und Charlot blieb stehen, die Augen geschlossen und die fetten Hände über ihren dicken Bauch gefaltet.
    Dadurch gab es einen Augenblick feierlicher Stille, in die grell ein junges Hähnchen vom Misthaufen hineinkrähte. Und dann fing das Geklapper der Löffel an und das Geschlabber der vielen Mäuler.
    Als die Suppe alle war, wurden schon Pfeifen angesteckt, und dann stand Pallieter auf und sagte:
    »Vettern und Cousinen von Charlot, ihr müßt hier all viel essen, denn wir haben viel gekocht, das muß alles all werden. Und darum sag ich, daß die vier Menschen, die am wenigsten essen, Strohhalm ziehen müssen, und daß der, der das kürzeste Ende zieht, mit dem bloßen Hintern in eine Schüssel Reisbrei gesetzt werden soll!«
    Das wurde mit lautem Gelächter angenommen, und dann wurde da gegessen und getrunken, wie auf einem Fest Jupiters.
    Niemand wollte die Schande erdulden, den lächerlichsten Teil seines Körpers zeigen zu müssen. Und die Frauen sowohl wie die Männer stopften das Essen hinein, jeder wollte sein Bestes tun; der eine wollte nicht weniger leisten als der andere.
    Und es kam hintereinander im Überfluß: Steinbutt mit Kartoffeln, Schinken mit Bohnen, Kalbsbraten mit Spargel, kempische Hühner mit Salat, ein ganzes Spanferkel, mit einer Brille vor den Äuglein und einer Apfelsine im Rüssel, hundert Meter Wurst mit Weißkraut usw., und es wurde davon gegessen, aufgeladen und eingeschöpft, daß ihnen der Schweiß auf der Stirn stand und auf die Teller tropfte. Und um alles besser hinunterzukriegen, gossen sie beständig von dem kühlen Bier und dem feinen Wein durch die Kehle, ohne Glucksen und Schlucken, wie durch ein Ofenrohr. Es war ein Lärm und ein Durcheinander, und es wurde gelacht, wenn einer ein bißchen zu wenig aß, und im voraus Viktoria gekräht und gesungen.
    Sonne und Schatten spielten auf den roten Gesichtern und glänzten hell auf den steifen Kitteln und den seidenen Halstüchern; und da draußen über der Hecke glitzerte die geschmeidige Nethe und streckten sich die ruhigen Sonntagsfelder. Süße Lieder hingen in den Bäumen, und der angenehme Duft des Gebratenen zog über das Feld.

    Pallieter, der sich seinen Platz neben Mariechen gesucht hatte, wollte sich schief lachen, als er die fressenden Menschen sah. Charel Verlinden, ein dicker Butteraufkäufer, ließ die Karbonaden mit Rübchen und Erbsen Vorbeigehen. »Ich werd meinen Schaden gleich wieder einholen«, sagte er. Aber sie fingen alle an ihn auszulachen, und sie krümmten sich

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