Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
… mach dir keine Gedanken. Im Frühjahr, wenn die Touristen kommen, verkaufe ich Pullover und dann kommt wieder was rein.“
Daraufhin nahm Salvador zwar das Geld, aber man sah, es fiel ihm nicht leicht. Und vermutlich war das der Grund, weshalb er nach einer Möglichkeit suchte, sich eigenes Geld zu beschaffen. Nicht lange danach, zog er, wie er glaubte, das große Los. Jedenfalls tauchten eines Tages ein Mann und eine Frau auf dem Hof auf und fragten nach ihm. Ausländer, obwohl die Saison noch gar nicht begonnen hatte. Was an für sich nichts Besonderes war. Vereinzelt waren schon immer Fremde auf die Insel gekommen. Auch als noch niemand über den Tourismus geredet hatte.
Da Paloma annahm, dass es Freunde von Salvador waren, setzte sie sich zu ihnen. Salvador kam mehr herum als sie und lernte gelegentlich Leute kennen. Der Vater unterhielt sich eine Weile mit den beiden und dabei erfuhr Paloma, dass sie sich ein Haus auf der Insel gebaut hatten, um hier ihren Ruhestand zu verbringen. Und dass sie jetzt noch das eine oder andere suchten, um ihrem Haus, wie sie sagten, eine besondere Note zu geben. Sie wollten sich den Maultierkarren ansehen, den Salvador ihnen zum Verkauf angeboten hatte. Paloma hörte zum ersten Mal davon und wunderte sich darüber. Zwar stand der Karren im Moment nur nutzlos herum, ihr Maultier war zwei Jahre vorher an Altersschwäche eingegangen, aber Paloma hatte angenommen, sie würden sich eines Tages ein neues Maultier anschaffen. Weite Strecken, etwa zu ihrem Weinfeld in der Cala Dragonera, waren mit dem Karren bequemer zurückzulegen. Und vor allem zur Erntezeit, wenn sie ihre Kartoffeln und ihr Korn zu transportieren hatten, ging es nicht ohne den Karren. In den letzten beiden Jahren hatten sie sich ein Maultier von den Nachbarn ausgeliehen.
Um das Schlimmste zu verhindern, ging sie mit in den Stall, als der Mann und die Frau sich den Karren ansahen. Zum Glück, wie sich später herausstellte. Denn sie hatten den Stall kaum betreten, als die Frau auch schon den Korb in der Hand hielt, in dem Paloma die Eier in den Ort hinunter brachte, und ausrief: „Was für ein dekoratives Stück!“ Dasselbe rief sie auch, als sie Salvadors Pflug entdeckte und danach einen alten Vogelkäfig und später sogar beim Anblick vom Bett ihres Vaters. Die beiden Fremden hatten mittlerweile begonnen, ihre Nasen in sämtliche Räume zu stecken. Vor allem hatte es ihnen der alte Schrank in der Sala mit seinen Schnitzereien an den Türen angetan.
„Ausgesprochen dekorativ“, rief die Frau, während ihr Mann bereits ein Bündel Pesetenscheine in der Hand hielt. Und danach geriet sie in Begeisterung über die Weinkaraffe und die Petroleumlampe, über allerlei Tonschalen und Kochlöffel, die Paloma täglich zum Kochen benutzte.
Schließlich machte Paloma kurzen Prozess, indem sie der Frau ihren Eierkorb, die Weinkaraffe und die Petroleumlampe aus der Hand nahm und in aller Ruhe sagte: „Stimmt, das ist alles sehr dekorativ und deshalb bleibt es auch hier.“
„Paloma!“ , rief der Vater und murmelte dann etwas wie: seine Tochter habe sich sehr verändert seit dem Tod ihrer Mutter. Und man möge es entschuldigen. Aber das hätte er besser nicht gesagt, denn gerade der Gedanke daran, wie die Mutter in einem solchen Fall gehandelt hätte, ließ Paloma antworten: „Und das allerdekorativste in diesem Haus ist dieser alte Mann. Den können Sie haben, billig sogar.“
Betroffen blickten der Mann und die Frau sich an und schüttelten dabei den Kopf. Aber Palomas energisches Durchgreifen hatte Erfolg. Die beiden warfen noch einen letzten Blick auf all die dekorativen Dinge, die ihnen nun entgingen und setzten sich dann in ihr Auto und fuhren davon.
Damals hatten weder Paloma noch sonst irgendjemand auf der Insel das Wort „Antiquitäten“ je gehört. Als im Frühjahr jedoch ein Antiquitätengeschäft in San Lorenzo eröffnet wurde, erkannte Paloma jenes Ehepaar wieder, das bei ihnen auf dem Hof gewesen war. Und sie sah auch die Preise, die sie für alte Betten und Schränke verlangten und verglich sie mit denen, die sie ihnen geboten hatten. Über den Unterschied konnte Paloma sich nur wundern.
Niemand redete zwar darüber, aber in einigen Häusern waren plötzlich einige der alten Sachen verschwunden. Ana zum Beispiel war stolz auf den neuen Schrank, den sie jetzt in ihrer Sala stehen hatte. Anstelle des alten. Paloma entdeckte ihn in dem Antiquitätengeschäft.
Sie ging jetzt nur noch bei der Post
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