Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
dich nicht noch soweit bringt, dass du dein Ackerland verkaufst. Ich trau ihm alles zu und du weißt, was ein Hof ohne Land wert ist.“
Salvador nickte und sprach dann davon, dass Paloma später einmal den Hof haben sollte. Mariano habe mit dem Geld für das Land in der Cala Dragonera bereits mehr als seinen Anteil am Erbe bekommen. Aber Paloma wollte davon nichts hören.
„Sprich nicht davon. Solange du lebst, ist es dein Hof und an später will ich nicht denken. Später muss man dann sehen.“
Auch wenn Paloma dem Vater keine Vorwürfe machte, sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Mariano ihn, vielleicht abends in der Bar El Centro oder anderswo, bearbeitet hatte, traf sie die ganze Angelegenheit doch mehr, als sie zugeben wollte. Nicht weil sie dem Bruder das Geld nicht gegönnt hätte, sondern weil er ihre ganzen Pläne zunichte gemacht hatte. Da der Vater nun nichts mehr auf der Bank hatte, ihre Kartoffel- und Mehlvorräte jedoch schon seit einer Weile aufgebraucht waren – Mariano war ein starker Esser – blieb ihr nichts anderes übrig, als ihre Ersparnisse für die Einkäufe in der Tienda anzugreifen. Das Geld, mit dem sie Schafswolle von anderen Höfen für ihre Pulloverproduktion hatte dazukaufen wollen.
Aber etwas Gutes hatte die ganze Geschichte dennoch. Kaum war Mariano nämlich im Besitz des Geldes, ließ er sich nicht mehr auf dem Hof blicken. Einige Zeit spä ter erfuhr Salvador in der Bar El Centro, dass Mariano jetzt bei einem seiner Freunde vom Festland wohnte, von denen niemand so recht wusste, womit sie ihren Lebensunterhalt bestritten. Weder Paloma noch Salvador ließen je ein Wort darüber fallen, dass diese Lösung für alle am besten war, zumindest Paloma war froh darüber. Und vermutlich ging es auch Salvador nicht viel anders. Er, der sich die ganzen Wochen über in seiner Ecke an einem Glas Wein festgehalten hatte, fuhrwerkte plötzlich auf dem Hof herum wie schon seit Jahren nicht mehr. Er entrümpelte die Ställe, brachte Werkzeug und Arbeitsgeräte in Ordnung und baute sogar einen neuen Corral, weil ihm ein Nachbar zwei Ferkel versprochen hatte.
Sein Arbeitseifer wirkte ansteckend. Paloma putzte gründlich das Haus, zu stricken gab es nichts mehr, die Wolle ihrer eigenen Schafe hatte sie längst aufgebraucht. Und hackte dann den Boden des Gemüsegartens auf und riss das Unkraut heraus. Danach steckte sie Kürbis- und Melonenkerne in den Boden und Saubohnen und Knoblauchzehen. Und sie pflanzte die Paprika- und Tomatensetzlinge und Zwiebeln ein, die sie in einem alten Farbeneimer gezogen hatte.
Und sie schrieb einen langen Brief an Philipp, erklärte ihm, dass sie durch ein Missgeschick nicht all seine Briefe bekommen hatte. Sie schrieb jedoch nichts Näheres darüber, da sie sich für Mariano schämte. Und sie bat Philipp, ihr zu schreiben, wann er endlich käme.
Nach und nach normalisierte sich das Leben auf dem Hof wieder, nur eins änderte sich nicht mehr. Salvador trank jetzt mehr als früher. Aber zu Hause, nicht mehr in der Bar El Centro. Paloma schloss daraus, dass er keine einzige Peseta mehr hatte. Jeden Abend, still in seiner Ecke sitzend, leerte er ein Glas Wein nach dem anderen. Er trank langsam, aber im Laufe eines Abends summierten sich die Gläser und oft hörte sie ihn in den Anbau gehen und an den Weinfässern herumhantieren, wenn sie bereits im Bett war. Sie nahm an, dass er wegen Mariano trank, der jetzt noch weiter weg war als früher und über den niemand mehr redete. Und da Paloma glaubte, dass der Vater weniger trinken würde, wenn er mit den Männern unten in der Bar El Centro zusammen war, legte sie ihm eines Abends einen Geldschein hin und sagte:
„Geh runter in den Ort, damit du ein bisschen Gesellschaft hast.“
Salvador blickte auf das Geld, nahm es aber nicht. „Was soll ich damit?“
„Nimm es und trink ein paar Gläser mit den anderen Männern.“
„Ich hab keine Lust. Der Wein da unten ist nicht besonders, meiner ist besser.“
„Dann trink Bier oder was anderes. Geh schon. Und schau bei Jaime vorbei und frag, ob er mitkommt. Besser, ihr seid zu zweit auf dem Heimweg.“
„Willst du wirklich, dass ich gehe?“
„Ja. Und nimm das Geld.“
„Aber es gehört dir. Du hast den ganzen Sommer dafür gearbeitet. Und ich brauch es nicht wirklich, runter in die Bar zu gehen und mit den Leuten zu reden.“
„Ich weiß, dass du es nicht brauchst. Aber ich denke, es ist besser für dich, wenn du Gesellschaft hast. Und wegen dem Geld
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