Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
sie das alles nicht zum ersten Mal sahen, aber auch Karen schien es zu genießen. Vicky und Alex, Bobbys Kinder, die nicht lange still sitzen konnten, rannten auf die Mole hinaus, um einigen einheimischen Jungens, die dort angelten, aus der Nähe zuzusehen.
Es hatte lange gedauert, ehe diese Reise zustande kam. Immer wieder war sie, hauptsächlich aus beruflichen Gründen, verschoben worden. Dass sie nun doch endlich wahr geworden war, lag vor allem an Bobbys Hartnäckigkeit. Bereits im Frühjahr hatte sie angekündigt, sie lasse diesmal absolut keine Ausrede gelten. Dieses Jahr würden sie alle zusammen ihre Ferien auf Magali verbringen.
Und jetzt, nur etwa zwei Schiffsstunden von Magali entfernt, den hohen, blauen Himmel über sich und den guten, kräftigen Geruch der See in der Nase, war Philipp froh über Bobbys Hartnäckigkeit. Es war allerhöchste Zeit für ihn, mal wieder nach Magali zurückzukehren.
Als sich die JOVEN MARIA endlich durch die Hafeneinfahrt schob und sich ihr klobiger Rumpf der Mole näherte, kam sie ihm kleiner vor als in seiner Erinnerung. Verglichen mit den anderen Fähren, modernen, windschnittigen Booten, wirkte sie wie eine behäbige alte Glucke. Philipp lachte, als Karen wegen des alten Kahns protestierte und tröstete sie mit dem alt bekannten Spruch, dass ihre dicke Farbschicht den Schiffsrumpf wohl noch eine Weile zusammenhielt.
Bobby sammelte die Kinder ein, und Philipp schaffte schon mal das Gepäck an Bord. Er konnte sogar noch eine freie Holzbank im Heck des Schiffes ergattern, ehe eine Busladung Touristen, die eben vom Flughafen angekarrt wurde, die JOVEN MARIA stürmte.
Das Schiff war danach derart überfüllt, wie Philipp es noch niemals erlebt hatte. Entlang der Reling und zwischen den Bänken standen die Leute, die keinen Sitzplatz gefunden hatten. Vorne am Bug, wo einmal sein alter 2 CV vertäut gewesen war, stapelte sich jetzt das Reisegepäck der Passagiere. Einer der Marineros schlang ein Tau um den Kofferberg.
Sie saßen in der prallen Sonne, die jetzt schon kräftig zu spüren war. Bobby nahm ein erstes Sonnenbad, aber Karen stöhnte über die Hitze und über den Gestank nach Abgasen und Diesel, der sie als warmer Luftstrom traf. Philipp tröstete sie damit, dass der Fahrtwind für ein wenig Abkühlung sorgen würde, sobald sie abgelegt hatten. Er wartete noch, bis sie die Hafeneinfahrt passiert hatten und stieg dann ins Passagierdeck hinunter und besorgte kalte Getränke. Als er jedoch seine Cola- und Bierdosen verteilte, fiel ihm auf, wie blass Karen aussah.
„Ist dir nicht gut?“
„Doch, doch. Geht schon“, sagte sie tapfer lächelnd.
„Ich kann dir einen Veterano holen, einen Brandy. Vielleicht hilft das.“
Aber Karen wollte nichts trinken. Philipp vermutete, dass ihr die Hitze zu schaffen machte. Seekrankheit schloss er aus, sie waren noch nicht einmal auf offener See.
Dass Karen keine Hitze vertrug, war von Anfang an ein kritischer Punkt in ihrer Reiseplanung gewesen. Aber Alex, Bobbys Ältester, ging seit dem letzten Jahr zur Schule und deshalb waren nur seine Sommerferien für eine gemeinsame Reise in Frage gekommen.
Sie hatten noch immer nicht das offene Wasser erreicht, fuhren jetzt die Küstenlinie entlang, an den Beton- und Bettenburgen vorüber, welche die Küste der Nachbarinsel säumten. Dann jedoch entfernten sie sich davon und kamen nun durch ein Gebiet, wo es von winzigen Felseninseln, die bizarr aus dem Wasser ragten, nur so wimmelte. Ein beeindruckendes Bild, aber Karen nahm kaum Notiz davon. Philipp sah, dass sie mit Übelkeit zu kämpfen hatte und bereute es jetzt, dass sie nicht doch das frühere Boot, ein modernes Schnellboot, genommen hatten, das die Fahrtzeit verkürzte.
Als nach etwa zwei Stunden Magali in der Ferne zu sehen war, stand Philipp auf und ging nach vorne und stellte sich an die Reling. Die Kinder folgten ihm, und er nahm Vicky aus Sicherheitsgründen auf den Arm. Froh darüber, die Kinder neben sich zu haben, da durch ihr unaufhörliches Geplapper keine Sentimentalität aufkommen konnte – was er im Stillen befürchtet hatte. Er sah die Hafengebäude von Port Nou auftauchen, die windzerzausten Palmen und die Rundbögen des kleinen Hotels, wo er in seiner ersten Zeit auf Magali einige Tage gewohnt hatte.
Als die JOVEN MARIA die Hafenmole ansteuerte, tauchten auch Bobby und Karen bei ihnen auf. Karen sah noch immer reichlich elend aus, aber die Erleichterung über das Ende der Schiffsreise war ihr anzumerken.
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