Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
Festland gesehen hatte – drängten sich die Leute um einige Verkaufsstände auf dem Platz. Wo Souvenir-Artikel, Plastikspielzeug, neonfarbene T-Shirts, Modeschmuck und ähnliches angeboten wurde. Philipp entgingen Vickys begehrliche Blicke nicht, er ging dennoch weiter bis zum letzten Verkaufsstand. Ausschau haltend nach etwas ganz Bestimmtem. Er suchte jene geradezu voluminöse Frau, die Palomas handgestrickte Pullover aus Schafswolle verkauft hatte. Aber er konnte den kleinen, mit Pullovern überladenen Tisch nirgends entdecken. Und während die Kinder sich die Verkaufsstände ansahen, stand er da und rauchte und fragte sich, was das wohl zu bedeuten hatte. Die Saison war kurz und wenn Paloma ihre Pullover nicht jetzt anbot, wann dann? Irgendetwas schien da nicht zu stimmen. Alex riss ihn aus seinen Gedanken.
„Na, nichts gefunden?“
„Nö. Ist ja alles nur Kram.“
„Ja. Ziemlicher Kram sogar.“
„Glaubst du, wir bekommen in der Eisenwarenhandlung, wo du hinwillst, eine Angelschnur und Haken, Onkel Philipp?“
„Du willst also angeln?“
„Ich könnte es ja mal versuchen.“
„Ja, versuch es. Ich denke, jeder sollte es mal versuchen. Jeder Junge meine ich.“
Alex nickte. Sie sahen sich dabei an. Und Philipp liebte den Jungen in diesem Moment sehr und war froh, dass sie sich so gut verstanden. Aber da war noch immer die Sache mit Paloma, Philipp sorgte sich um sie. Weshalb er auch übersah, dass Vicky wieder aufgetaucht war. Sie musste ihn erst am Hosenbein zupfen und schleppte ihn dann zu einem der Stände, wo sie auf einen winzigen Schwimmring aus giftgrünem Gummi deutete, auf dem eine Palme aufgemalt war und die Aufschrift „Happy Holidays“. Außerdem war eine Kette mit Schlüsselring daran befestigt. Es war so ziemlich das Scheußlichste, das Philipp je gesehen hatte, aber Vicky hatte offenbar ihr Herz daran gehängt.
„Das ist ein Schlüsselanhänger, ist dir das klar?“, erkundigte Philipp sich vorsichtshalber.
Vicky nickte. „Glaubst du, du kannst die Kette abmachen?“
„Warum denn das um Himmelswillen?“
„Weil Klara, du weißt schon, meine Puppe, dann einen Schwimmring hat und dann kann sie mit mir ins Wasser gehen und schwimmen.“
Philipp war sich nicht sicher, ob er die Kette wirklich abbekommen würde, aber er wollte es versuchen und so zahlte er die hundert Peseten für den Schlüsselanhänger. Danach gingen sie zur Eisenwarenhandlung, wo er einige starke Schrauben kaufte. Außerdem einen Kübel blauer Ölfarbe und Haken und Angelschnur für Alex. Anschli eßend schlenderten sie zur Bar El Centro, wo jedoch alle Tische besetzt waren und so dauerte es eine Weile, ehe sie ein paar freie Stühle fanden.
Philipp hielt dabei Ausschau nach Miguel, dem Besitzer der Kneipe, aber er war nirgends zu sehen. Schließlich bestellte er bei einem jungen Kellner, der ziemlich lustlos versuchte, mit dem Ansturm von Gästen fertig zu werden, ein San Miguel-Bier und Fanta limón für die Kinder.
„Miguel heute nicht da?“, erkundigte er sich bei ihm.
„Si, claro“, sagte der junge Mann und deutete mit dem Kinn zum Eingang der Kneipe.
„Gracia s“, sagte Philipp und schärfte dann den Kindern ein, sich nicht von der Stelle zu rühren solange er in der Kneipe war. Auch dort war Hochbetrieb, der Durst trieb das Vieh zur Tränke. Und der Lärm war unbeschreiblich, da der Fernseher in der Ecke mit voller Lautstärke lief und alle taten ihr Bestes, ihn zu übertönen. Es war schrecklich und einzigartig zugleich. Dieser Lärm, dieses Durcheinander, die Kippen und der Dreck auf dem Boden und die Menge an benutzten Gläsern und Tassen auf dem langen Holztresen. Und die dumpfe Hitze, die einem fast den Atem nahm.
Am Bierhahn arbeitete ein junger Mann und ein zweiter stand an der Kaffeemaschine, aber Miguel war auch hier nirgends zu sehen. Schließlich ging Philipp an der Theke vorbei und stieß die Tür auf, die zur Küche führte und dort stand Miguel an der Plancha und wendete gerade ein paar Fleischstücke.
Als Philipp ihn ansprach, drehte er sich um und hob abwehrend die Arme, wohl in der Annahme, ein Gast habe sich in der Tür geirrt. Dann erkannte er Philipp jedoch und er ließ ihn seine harten Schnurrbarthaare spüren, als er ihn umarmte.
„Sieh mal einer an. Wieder von den Toten auferstanden, was?“, rief er. „Lass dich anschauen. Dafür dass dir irgendwas Schreckliches passiert ist, und dir muss was Schreckliches passiert sein, sonst hättest du dich ja wohl schon eher
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