Paloma
vorhin, wieder waren ihre Augen nicht daran beteiligt und so war es ein sehr trauriges Lächeln. Trotzdem sagte sie: „Es ist schon in Ordnung. Mach dir keine Gedanken.“ Dann stand sie auf und griff nach ihrem Kleid.
„Nein, geh noch nicht.“
„Ich muss. Wir haben uns keinen besonders guten Zeitpunkt ausgesucht für unser Wiedersehen.“
„Ja. Leider.“
Philipp zog sich ebenfalls an und folgte Paloma, als sie hinaus auf die Veranda ging. Dort band sie mit einer schnellen Bewegung ihr langes Haar wieder zurück.
„Gute Nacht, Philipp.“
„Was soll das? Ich fahr dich selbstverständlich nach Hause.“
„Nein, lass es. Ich will noch ein wenig laufen, ich brauch das jetzt.“
„Ich lass dich in der Dunkelheit doch nicht alleine gehen.“
„Bitte, Philipp.“
Philipp stellte sich ihr in den Weg, nahm sie in die Arme und küsste sie. „Ich liebe dich. Bitte, verzeih mir, wenn ich das sage. Ausgerechnet jetzt. Verzeih mir alles.“
„Es gibt nichts zu verzeihen. Ich liebe dich auch.“
„Sehen wir uns wieder?“
„Ich weiß nicht.“
„Bitte, Paloma.“
„Es liegt nicht an mir.“
„Ich weiß. Aber uns bleibt noch ein Tag. Geh noch nicht.“
„Ja, uns bleibt noch ein Tag. Gute Nacht, Liebster.“
„Gute Nacht, Paloma ...“ Aber sie entglitt ihm und verschwand.
Am nächsten Morgen wurde Salvador in der Cala Sahona in einer vom Wasser ausgewaschenen Felsrinne gefunden. Ein junges holländisches Urlauberpaar hatte den Toten beim Herumklettern in den Felsen entdeckt.
Philipp erfuhr es von einem Freund von Paco, den er zufällig traf, als er in San Ferran war, um Bobby anzurufen und sich zu erkundigen, was das Baby machte. Danach war sein erster Gedanke, auf der Stelle zu Paloma hinaus zu fahren. Aber er verwarf den Gedanken wieder. Paloma hatte jetzt garantiert das Haus voll mit Verwandten und Nachbarn, und er erinnerte sich an die unerfreuliche Begegnung mit ihrem Bruder am Tag davor. Und so ließ er sein Auto stehen und ging stattdessen in die nächste Kneipe und bestellte sich einen doppelten Brandy.
Am Nachmittag arbeitete Philipp wie besessen und schlug solange Steine für die Mauer zurecht, bis ihm die Arme lahm wurden und fuhr danach mit ein paar Flaschen Gin und Brandy zum Haus von Jack und Jim, die, wie er wusste, nie nein sagten zu einem ordentlichen Besäufnis. Irgendwie musste er diesen Tag schließlich rumkriegen.
Jack und Jim waren jedoch weiß Gott wo. Und so fuhr Philipp zum zweiten Mal an diesem Tag nach San Ferran und ging ins Los Angeles, die Stammkneipe der beiden Engländer. Aber auch dort waren sie nicht. Außer einem Alten mit weißen langen Haaren und Juliano, dem Wirt und seinem Sohn war niemand da. Es war mit Sicherheit einfach noch zu früh, um ein paar Stammgäste anzutreffen. Da er aber schon einmal da war, hockte Philipp sich an den Tresen und ließ sich von Julianos Sohn, einem halbwüchsigen Jungen, ein Bier geben. Und gleich noch ein zweites, um das erste hinunterzuspülen.
Anfangs sah Philipp noch hinüber in die Ecke, wo Juliano mit dem Alten Backgammon spielte und versuchte, sich darauf zu konzentrieren und nebenher zu trinken. Nur war das Trinken noch der einfachste Teil der Geschichte. Die Batterie leerer San Miguel-Flaschen wurde immer größer. Die Gedanken unter Kontrolle zu halten, war schon schwieriger. Nach einer Weile begann ihn die trostlose Bude zu deprimieren. Die hässlichen grüngestrichenen Wände und die Marmorimitation auf dem Boden und die Fußballpokale im Regal. Dazu stank es nach Lokus und nach Lejía, nach Chlor also, mit dem sie hier den Boden und Waschbecken und einfach alles putzten. Und er war wirklich sehr deprimiert. Schlimmer als er es je erlebt hatte. Und deshalb trank er weiter.
Philipp trank solange, bis ihn der Geschmack von Bier anwiderte. Ein untrügliches Zeichen, dass er genug hatte. Er wollte zahlen, musste aber feststellen, dass er kein Geld eingesteckt hatte und so rief er Juliano zu: „Hombre, schreib’s auf“ und versuchte dann zur Tür zu kommen. Linker Fuß, rechter Fuß, ihm war ein wenig schwindlig. Was seiner Meinung nur daran lag, dass der Boden total verrücktspielte. Sobald er hinsah, rutschte er unter ihm weg, und er musste teuflisch aufpassen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Später konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie er zur Cala Dragonera gekommen war. Wie sein Auto die Kurven der schmalen Caminos geschafft hatte, ohne eine Mauer zu rammen. Auch nicht daran, wie er in
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