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Paloma

Paloma

Titel: Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Dannenmann
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die Karaffe Wein und sie tranken abwechselnd und der Wein hatte mittlerweile einen leicht mehligen Geschmack nach Sand, weil die Karaffe nicht geschlossen war. Aber das störte sie nicht. Sie versuchten an nichts zu denken, was nicht mit dieser Nacht zu tun hatte und umarmten sich zärtlich und flüsterten miteinander und waren so glücklich, wie sie es unter anderen, günstigeren Umständen vielleicht niemals hätten sein können.
     
    Gegen Morgen nickte Philipp kurz ein und als die aufgehende Sonne ihn weckte, war Paloma verschwunden. Er ging ins Haus, duschte und packte dann seine Sachen und fuhr hinüber zu Desiree, um ihr Bescheid zu sagen, dass er abreiste.
    „Ich weiß. Und heute Abend bist du wieder zurück mit deiner Frau“, meinte sie.
    „Nein, ich bin heute Abend nicht wieder zurück. Und wahrscheinlich überhaupt nicht in nächster Zeit. Ich hab es mir anders überlegt. Ich verbringe meine sogenannten Flitterwochen nicht hier auf der Insel. Vielleicht in Madrid oder Barcelona, mal sehen.“
    „Wie bitte? Aber warum?“
    Philipp schwieg eine Weile, ehe er sagte: „Frag mich nicht. Ich kann es dir doch nicht sagen, jedenfalls nicht jetzt.“
    Desiree blickte ihn mit ihren braunen Augen lange an, legte ihm dann eine Hand auf die Schulter. „Ich kann zwar nicht verstehen, was dich plötzlich zum Festland hinzieht, aber du wirst wohl deine Gründe haben. Jedenfalls alles Gute für dich und für deine Frau. Und komm bald wieder.“
    Sie umarmten sich zum Abschied, hielten sich dabei länger als sonst in den Armen. Philipp wünschte sich in diesem Moment nichts so sehr, als stundenlang auf Desirees Veranda sitzen zu können und mit ihr zu reden und sein Schiff zu verpassen. Der Gedanke, ein paar Sommerwochen anstatt in der Cala Dragonera in einer Großstadt zu verbringen, kam ihm bereits jetzt nahezu unerträglich vor.
     

Fünfter Teil
     
    PALOMA
    1982/83
     
    Die Kraft, mit der Paloma sich tagelang auf den Beinen gehalten hatte, ließ sie auch noch die Beerdigung und den darauf folgenden Tag überstehen. Mit tapferem Lächeln stand sie auf der Veranda und ließ die Beileidsbesuche von Nachbarn und Freunden Salvadors über sich ergehen. Dann jedoch war plötzlich Schluss damit. Als sie morgens aufwachte, war ihr, als hörte sie die Schritte des Vaters, der manchmal schon vor ihr aufgestanden war. Und plötzlich war alles wieder da, mit Wucht stürzten die Ereignisse der vergangenen Tage über sie herein. Die Ängste, die sie ausgestanden hatte, als die Männer ihren Vater draußen auf dem Wasser suchten, das Wiedersehen mit Philipp und schließlich die erschütternde Nachricht vom Tod des Vaters. Und jetzt? Was sollte sie tun? Aufstehen und den gewohnten Tagesablauf wieder aufnehmen, als ob das alles nicht geschehen war? Wasser aus der Zisterne holen, das Haus saubermachen? Paloma fragte sich, wozu? Für wen?
    Über das leere Haus hatte sich eine solche Stille gelegt, dass es ihr die Brust zusammenpresste. Dass sie glaubte, sie müsse ersticken. Vor allem beim Gedanken, auch in Zukunft, für ewig also, mit dieser Stille leben zu müssen. Das ängstigte sie so, dass sie leise vor sich hin wimmerte.
    Gegen zehn lag sie noch immer im Bett. Aber sie dachte jetzt nicht mehr an den Vater sondern an Philipp. Den sie gehabt und wieder verloren hatte. Sie wusste, er war nicht mehr auf der Insel. Wer hatte es ihr gesagt? Sie erinnerte sich nicht mehr daran.
    Aber mit den Gedanken an Philipp kam plötzlich so etwas wie Scham über sie. Was würde Philipp wohl von ihr denken, wenn er sie jetzt sehen könnte? Klein und verzweifelt und so ganz ohne Hoffnung. Plötzlich schwoll das Gegacker der Hühner hinter dem Haus wütend an, erschrocken setzte Paloma sich auf. Die Tiere! Bereits seit Stunden hatte sie die Tiere gehört, ihr Gackern, Gurren, Kollern und Flügelschlagen. Hatte es nur nicht hören wollen. Dabei wurde es schon bald Mittag und die Tiere hatten noch immer kein Futter. Paloma stand auf und wusch sich mit frischem Zisternenwasser das Gesicht.
    Aber sie wusste nur zu gut, dass ihr außer der Einsamkeit, in der sie nun leben musste, noch etwas anderes bevorstand. Paloma rechnete damit, dass Mariano demnächst aufkreuzte und seine Rechte am Hof geltend machte. Angekündigt hatte er es bereits vor Tagen, damals als sie Salvador noch nicht einmal gefunden hatten. An dem Tag, als Philipp zum zweiten Mal auf den Hof gekommen war.
    Paloma war sich klar darüber, dass sie Mariano ohne fremde Hilfe nicht

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