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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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zu nehmen, wenn er sie brauchte.
    Wenn es ihnen wenigstens möglich gewesen wäre, ein paar Tage auszuruhen, ohne Angst haben zu müssen, dass man sie fand und ins Gefängnis warf. Seit Wochen stürzten sie von einer Gefahr in die nächste, flohen, kämpften, fürchteten um ihr Leben. Wie sollte es Liam unter diesen Umständen gelingen, je wieder zu sich zu finden?
    Manchmal war sie kurz davor zu verzweifeln.
    »Ich glaube, wir sind fast da«, sagte Nedjo und schreckte sie damit aus ihren düsteren Gedanken auf. Er studierte Godfreys Karte. »Rechts müsste gleich eine Treppe kommen.«

    Vivana versuchte, nicht mehr über diese Dinge nachzudenken. Es führte ohnehin zu nichts. Besser, sie tat das, was ihr geholfen hatte, klaren Verstandes durch die letzten Wochen zu kommen: sich immer nur auf den nächsten Schritt zu konzentrieren und damit den Berg von Problemen und Gefahren, der vor ihr lag, in überschaubare Teile zu zerlegen.
    Und jetzt hieß der nächste Schritt Ruac.
    Seite an Seite stiegen sie die uralte Treppe hinauf und gelangten nach gut zwanzig Stufen in einen Kellerkomplex, der ihr bekannt vorkam: die Gewölbe der Arena. Ihr Herz klopfte aufgeregt. Sie konnte es kaum erwarten, Ruac wiederzusehen. Gleichzeitig hatte sie ein furchtbar schlechtes Gewissen. Sie hatte den Tatzelwurm aufgezogen, war für ihn verantwortlich – sie hätte ihn niemals so lange allein lassen dürfen. Hoffentlich hatte ihm das Futter gereicht, und es ging ihm gut.
    Kurz darauf fand Vivana den Raum, in dem sie ihren geschuppten Gefährten zurückgelassen hatten.
    »Ruac?«
    Aus der Dunkelheit erklang ein Schaben. Sie machte einen Schritt nach vorne und hörte ein knirschendes Geräusch. Sie war auf ein trockenes Stück Schuppenhaut getreten, das auf dem Boden lag. Ein sehr großes Stück Schuppenhaut.
    Vor ihr bewegte sich etwas. Glitzerte. Vivana hob die Lampe.
    »Allmächtiger Tessarion«, flüsterte sie.

42
Der Überfall
    D er Kinderreim und das Märchen von den Bleichen Männern riefen irgendetwas in Liam wach, rührten an einer vergessenen Erinnerung – und plötzlich verspürte er wieder dieselbe innere Anspannung wie nach dem Aufwachen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas sehr Wichtiges passiert war – nur was? Er kaute auf der Lippe und dachte angestrengt nach. Sein Vater war es gewesen, der ihm das Märchen erzählt hatte, vor vielen Jahren an einem Herbstabend vor dem Kamin. Warum musste er immerzu an dieses Detail denken?
    Sein Vater …
    Natürlich – sein Traum! Jetzt fiel ihm alles wieder ein. Ihr Wiedersehen. Sein fassungsloses Glück. Ihre Wanderung durch die Kanäle, Seite an Seite, als wäre nie etwas geschehen.
    Aber warum diese innere Unruhe? Seit dem Tod seines Vaters hatte er ständig solche Träume, und er hatte gelernt, sie als einen Teil seiner Trauer zu akzeptieren. Daran war nichts Ungewöhnliches und erst recht nichts, wovor er Angst haben musste.
    Oder doch?
    Etwas unterschied diesen Traum von anderen seiner Art, eine Kleinigkeit nur, die ihm jedoch immer merkwürdiger vorkam, je länger er darüber nachdachte. Sein Vater hatte darauf bestanden, dass er ihn zu Godfreys Versteck führte und ihm, wirklich seltsam, präzise den Weg dorthin beschrieb.

    Das passte nicht zu so einem Traum. Ganz und gar nicht.
    Konnte es sein, dass …?
    Plötzlich wurde ihm eiskalt.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Livia. »Du bist auf einmal so blass.«
    »Ich glaube, heute Nacht war Jackon in meinem Traum«, sagte Liam mit belegter Stimme.
    Alle am Tisch starrten ihn an.
    »Wie kommst du auf einmal darauf?«, fragte Quindal.
    »Mir ist wieder eingefallen, wovon ich geträumt habe. Da war mein Vater, er hat gelebt. Aber es war kein normaler Traum. Er hat mich nach dem Weg gefragt. Nach dem Weg hierher .«
    »Das muss nichts bedeuten«, sagte Livia. »Träume handeln von den seltsamsten Dingen.«
    »Aber verdächtig ist es schon«, erwiderte Quindal. »Wir machen uns Sorgen, Jackon könnte uns in den Träumen ausspionieren – und kaum legt Liam sich schlafen, träumt er so etwas. « Seine Miene verfinsterte sich. »Er war es, wenn ihr mich fragt. Der Junge hat sich in Liams Träume eingeschlichen.«
    Liam konnte das nicht glauben. Er wollte es nicht glauben. »Aber du hast doch gesagt, Jackon sei die ganze Nacht nicht aufgetaucht«, wandte er sich an Lucien.
    Der Alb wirkte plötzlich sehr beunruhigt. »Richtig. Aber es gab da einen Vorfall, den ich schon fast wieder vergessen hatte. Ich dachte, er hat

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