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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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nicht leiden – er verabscheute den Tatzelwurm und hätte ihm gewiss keine Träne nachgeweint, wenn er verschwunden wäre. Dass er ihr trotzdem suchen half, war vermutlich seine Art, ihr zu zeigen, dass er einiges gutzumachen hatte.
    Sie erreichten die Stelle, wo sie Ruac gesehen hatte. Scharfkantige Felsen schufen ein kleines Plateau, das an zwei Seiten gut zwei- oder dreihundert Fuß senkrecht abfiel. Vivana achtete sorgfältig darauf, wo sie hintrat, damit sie nicht auf dem losen Geröll ausrutschte und in die Tiefe stürzte. Der pfeifende Wind und die Dampfschwaden, die in den Augen brannten und die Sicht vernebelten, machten die Suche nicht gerade leichter.
    Besonders viele Verstecke gab es auf dem Plateau nicht. Trotzdem konnte Vivana Ruac nicht finden, obwohl sie jeden Stein umdrehte.
    Der Wind peitschte ihr das Haar ins Gesicht, als sie in den knochenübersäten Abgrund starrte. Sie fror. Was, wenn Ruac dort hinuntergefallen war? Er war ein zäher kleiner Kerl, aber einen derartig tiefen Sturz konnte er unmöglich überstehen.
    »Er ist hier.«
    Vivana fuhr herum und wischte sich die Tränen aus den Augen. Ihr Vater stand an dem blubbernden Tümpel, ein Schemen hinter den Dampfschwaden.
    »Wo?«
    »Da drin.«
    Sie ging näher heran … und konnte kaum glauben, was sie sah. Ruac hockte in dem Tümpel. Nur seine Augen und seine Schnauze schauten aus dem kochenden Schwefel hervor.
    »O Gott, ist er da reingefallen?« Sie streckte die Hände aus, um Ruac zu helfen – und zog sie sofort wieder zurück. Dicht
über dem Tümpel waren die Dämpfe so heiß, dass man sich daran verbrühte.
    »Ich glaube, er hat sich absichtlich hineingesetzt«, sagte ihr Vater.
    »Absichtlich?«, fragte sie entgeistert.
    Ruac kroch zum Ufer des Tümpels und schüttelte den Schwefel ab. Vivana ging einen Schritt zurück, damit sie nicht von den heißen Tropfen getroffen wurde. Der Tatzelwurm wirkte nicht nur gesund und munter, er schien sich dank seines ungewöhnlichen Bades pudelwohl zu fühlen. Vivana wusste, dass er Hitze mochte und unempfindlich dagegen war. Doch dass seine Vorliebe so weit ging, dass er sich in kochendem Schwefel suhlte, hätte sie nicht erwartet.
    Ruac kratzte sich. Wo die Krallen über seinen Leib scharrten, löste sich die Haut ab. Darunter kamen neue, wie Perlmutt schimmernde Schuppen zum Vorschein.
    »Und jetzt häutet er sich«, stellte ihr Vater fest.
    Vivana war so erleichtert, Ruac wiederzuhaben, dass sie ihn aufhob und an sich drückte, obwohl sie sich beinahe die Finger an ihm verbrannte. »Mach das nie wieder, hörst du?«
    Der Tatzelwurm züngelte.
    »Können wir jetzt endlich weitergehen?«, rief Lucien ihnen von oben zu.
    Eine Stunde später, als sie schließlich eine Höhle gefunden hatten und sich von den Strapazen des Marschs ausruhten, hatte Ruac sein altes, vom Schwefel aufgeweichtes Schuppenkleid gänzlich abgestreift. Stücke davon lagen in dem Winkel, in dem er sich zusammengerollt hatte, pergamentartige Fetzen, die Schlangenleder ähnelten. Seine neue Haut glich der alten, nur wirkte sie glänzender und irgendwie … fester.
    Aber das war nicht die einzige Veränderung, die Vivana feststellte.
    Ruac begann zu wachsen.

15
Nachachs Burg
    A uch die zweite Rast war kaum erholsam. Vivana schlief ein paar Stunden und erwachte genauso müde, wie sie sich hingelegt hatte. Dass sie nicht träumen konnte, machte sich allmählich bemerkbar: Sie wurde dünnhäutig und so gereizt, dass ihr schon Kleinigkeiten auf die Nerven gingen; außerdem fiel es ihr immer schwerer, sich zu konzentrieren.
    Inzwischen befanden sie sich tief im Gebirge. Kalter Wind wehte Staub und Verwesungsgestank durch Schluchten und bodenlose Klüfte. Vivana, ihr Vater und Lucien trugen mehrere Lagen Kleidung gegen die Kälte. Auf den Mundschutz konnten sie dagegen verzichten – so weit oben gab es kaum noch Schwefeltümpel. An einer Quelle, auf die sie zufällig stießen, füllten sie ihren Schlauch. Das Wasser hier war etwas sauberer als das in der Ebene, und nachdem sie es abgekocht hatten, war es sogar einigermaßen genießbar.
    Manchmal, wenn sie die Täler verließen und über die Felskämme wanderten, konnte Vivana in der Ferne die Lichtmauer sehen, ein leuchtender Streifen im Dunst, der die Erde mit dem Himmel verband. Die Grenze des Pandæmoniums war eine Schöpfung des Verlorenen Volkes, das sie in ihrer Vision gesehen hatte, ein Produkt seiner Magie und ein weiterer Beweis dafür, wie unvorstellbar mächtig diese

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