Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
Quindal, Lucien, die Manusch und die Kinder gebracht hatte, wusste er nicht — es musste Stunden her sein, dass man ihn von seinen Freunden getrennt und in diese winzige Kammer tief in den Gewölben des Ministeriums der Wahrheit geworfen hatte. Manchmal hörte er Schritte auf dem Gang, leise Stimmen und das Klappern von Schlüsseln. Geräusche, bei denen er jedes Mal zusammenzuckte und bang darauf wartete, dass die Stille zurückkehrte.
Er kannte die Geschichten über das Ministerium. Nur wichtige Gefangene wurden hierhergebracht,
Feinde von Bradost,
wie man sie nannte — Leute, die man verhören wollte. Es hieß, Corvas und seine Gehilfen besäßen ausgefeilte Techniken, mit denen sie jeden zum Reden brachten. Bis jetzt hatte man ihm keine einzige Frage gestellt. Worauf warteten sie? Dass Dunkelheit und Furcht ihn zermürbten?
Er hatte versucht zu schlafen, um für ein paar Stunden der Verzweiflung zu entkommen. Doch immer, wenn er die Augen schloss, sah er Vivanas Gesicht vor sich. War es den Spiegelmännern gelungen, sie aufzuspüren? Was, wenn sie von der Alten Arena zu Godfreys Versteck zurückgekehrt und ihnen geradewegs in die Arme gelaufen war? Er betete, dass sie sich in Sicherheit befand. Die Vorstellung, sie könnte wie er in einer dunklen Zelle sitzen und auf Corvas' Folterknechte warten, brachte ihn schier um den Verstand.
Er lehnte sich zurück, bis sein Kopf die Mauer berührte, und schloss die Augen. Er war so ein Narr. Ein überheblicher Dummkopf. Wie hatte er nur je glauben können, er könne etwas gegen Lady Sarka ausrichten? Sie war viel zu mächtig. Er hatte nie auch nur den Hauch einer Chance gehabt. Und zu allem Überfluss hatte er auch noch seine Freunde mit hineingezogen. Dass sie litten, war allein seine Schuld.
Sein Vater hatte es gewusst. Er hatte geahnt, dass die Suche nach dem Gelben Buch von Yaro D'ar nur Leid nach sich ziehen würde. Deshalb hatte er Liam all die Jahre verheimlicht, was er tat — um ihn zu schützen.
Liam wünschte, er hätte nie jemandem von dem Buch erzählt, Quindal nicht, und erst recht nicht Vivana. Hätte er versucht, es ohne fremde Hilfe zu finden, wäre es nie so weit gekommen.
Stimmen erklangen vor der Zellentür. Ihm wurde kalt, als er sie erkannte. Corvas und Umbra.
Lass sie weitergehen. Bitte lass sie weitergehen!
Ein Schlüssel knirschte im Schloss. Von plötzlicher Furcht gepackt, stand Liam auf. Die Tür öffnete sich, und Licht flutete herein, so hell, dass er schützend die Hand vor das Gesicht halten musste.
»Lasst mich allein mit ihm«, sagte Corvas. Die Tür schloss sich, und der Bleiche stellte die Lampe auf den Boden. »Setz dich«, befahl er.
Liam nahm die Hand herunter. Er rührte sich nicht von der Stelle.
»Ich habe einige Fragen an dich. Ich rate dir, sie zu beantworten. Du ersparst dir damit viel Leid.«
Liam schluckte. Nun war es also so weit: Das Verhör begann.
»Erzähl mir von euren Plänen«, sagte Corvas ohne Umschweife. »Was hattet ihr mit dem Buch vor? Habt ihr es gelesen? Hat euch jemand dabei geholfen?«
Liam war entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen, obwohl er den krähenhaften Ausdruck in Corvas' Augen kaum ertrug. »Wie geht es meinen Freunden? Wo sind sie?«
Corvas gab keine Antwort. Reglos stand er da. Der Lampenschein zeichnete seinen Schatten auf die Zellenwand. »Warum konnten die Spiegelmänner euch in Godfreys Versteck nicht sehen?«, fuhr er fort. »Haben die Manusch etwas damit zu tun?«
Er blickte Liam abwartend an. Schließlich sagte er mit seiner tonlosen Stimme: »Wenn du nicht kooperierst, hole ich einen unserer Alchymisten. Sie verfügen über Mittel und Wege, deine Zunge zu lockern. Aber ich warne dich: Dieser Vorgang ist überaus unangenehm.«
Er ließ einige Sekunden verstreichen, die Liam wie Stunden vorkamen. »Wo verstecken sich Quindals Tochter und der Manusch namens Nedjo? Wieso haben sie das Versteck verlassen? Wohin sind sie gegangen?«
In seinem Entsetzen benötigte Liam einen Moment, bevor er begriff, was diese Frage bedeutete: Die Spiegelmänner hatten Vivana nicht gefasst — sie war in Sicherheit! Er hätte am liebsten gejubelt vor Erleichterung. Er lächelte Corvas an. »Ich habe keine Ahnung, wo die beiden stecken. Aber eins weiß ich sicher: Sie werden sie nie finden.«
»Ist das alles, was du zu sagen hast?«
Anstelle einer Antwort setzte sich Liam auf die Pritsche und schaute den Chef der Geheimpolizei herausfordernd an.
»Wie du willst. Aber du wirst dein
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