Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
»Auf dem Weg nach Auray, gerade nachdem ich meinen kleinen Freund wiedergefunden hatte, habe ich es zum letzten Mal gesehen. Frü her, als mei ne Eltern noch lebten, haben wir manch mal auf der Terrasse dort eine Li mo nade getrun ken. Es schien mir im mer ein sehr herrschaftliches Haus zu sein.«
»Das war es auch einmal, aber der Notar teilte mir mit, dass Onkel Mathieu es in den letzten Jahren ein wenig hat he runterkommen lassen. Und nun habe ich damit also einen weißen Elefanten am Hals.«
Damit foppst du mich nicht noch mal, Ron. Das ist kein Elefant. Ich hab’s selbst gesehen.
»O weh, gerade jetzt, wo du Kapitän werden kannst. Du wirst es verkaufen müssen, oder?«
»Das Dumme ist, dass ich es nur erbe, wenn ich es weiterführe. Sonst geht es an die Kirche und wird in ein Seemannsheim umgewandelt.«
»Und das möchtest du nicht?«
»Eigentlich nicht, Janed. Eigentlich möchte ich, dass es als Hotel bestehen bleibt. Es liegt an einem so hübschen Platz, und immer mehr Sommerfrischler besuchen unsere Insel. Und darum ist mir durch den Kopf ge gangen, ob ich nicht eine fä hige Geschäftsführerin dafür gewinnen könnte. Eine, die es gewöhnt ist, köstliches Essen für eine Anzahl Gäste zu kochen, und die einen kleinen Trupp Zimmermädchen beaufsichtigen kann.«
»Ronronronronron!«, entfuhr es mir. Ich konnte dem gar keinen Einhalt gebieten. Was für eine großartige, was für eine grandiose, was für eine absolut passende Idee. »Ronronronron!«
»Was schnurrst du denn so laut? Gefällt dir die Idee vielleicht, Pantoufle?«
Gefallen ist gar kein Ausdruck.
Aber Janed? Was ist, Janed?
Ihr um die Beine. Schnurrend!
Diesmal war es Janed, die aussah, als ob sie nicht richtig gehört hätte. Sie faltete fahrig ihre Finger und entflocht sie wieder, verschränkte sie ganz fest und legte sie in den Schoß.
»Du … du meinst mich?«
»Kennst du eine ande re Dame, die ein Fisch res taurant führen will?«
»Ja, aber … Aber das ist ein vornehmes Hotel!«
»Was wolltest du denn hier aufmachen? Eine Fischbratbude am Strand?«
»Nein. Nein, eigentlich nicht. Vielleicht so eine Taverne, wie Maman und Grandmère.«
»Dafür ist dein Essen viel zu gut.«
»Aber die vornehmen Gäste. Aus Paris und so?«
»Werden dir zu Fü ßen lie gen. Nein, im Ernst, ich könnte einen Majordomus einstellen, der mit würdiger Mie ne die Gäste emp fängt und sich um sie kümmert. Aber ganz davon abgesehen bin ich sicher, dass du mit deiner Herzlichkeit sowieso sehr beliebt sein wirst.«
Jetzt scharrte Janed mit den Füßen, aber ihre Finger waren noch immer verknotet.
»Und ich würde ja auch jeden Monat eine Woche dort sein, Janed. Wenn mein Schiff im Hafen liegt.«
»Ach ja?«
»Und viel leicht manch mal auch länger. Im Winter zum Beispiel. Das heißt, wenn es dir recht wäre.«
»Es ist dein Haus.«
»Janed?«
Finger ausei nander, Finger ge flochten, Füße gescharrt, Finger auseinander …
Mensch, Janed!
»Janed?«
»Ja, Ron?«
»Pantoufle und Lili würden sich bestimmt wohl fühlen dort.«
Ron, du Trottel, um uns geht es doch gar nicht!
»Ja, würden sie sicherlich.«
»Ich habe mich da auch im mer wohl gefühlt.«
Ron! Mach hinne!
»Janed, würdest du …« Er räusperte sich. »Könntest du dir vorstellen …«
Ron! Ran an den Speck!
Ich knallte ihm den Kopf ans Schienbein.
Endlich hatte er es kapiert. Er hielt den Mund, wickelte seine Arme um Janed und neigte seinen Kopf zu ihr. Und ja, jetzt hob sie den ihren. Und da machten sie es wieder, das Lippen-an-Lippen-Drücken.
Küssen, richtig, so bezeichneten sie es.
Na, also, ging doch.
Rückreise
Die Boston Lady lag am Kai und ragte ebenso schwarz und haushoch vor uns auf, doch dies mal betraten wir sie nicht durch die Koh lenluke, sondern richtig vornehm über die breite, mit Flausch be legte Treppe. Ron führte Janed am Arm, mein und Lilis Korb wurden von zwei Pagen hinter ihnen hergetragen. Und wir bezogen auch nicht einfach ein Bett bei den Aussiedlern, sondern eine schöne, geräumige Kabine, von der Lili behauptete, sie sei weit eleganter als die, die Adèle bei der Hinreise bewohnt hatte.
Lili war zufrieden. Auch wenn es mich gefuchst hatte, dass sie sich von Cooney mit solch innigen Nasenküsschen verabschiedet hatte. Aber Kätzinnen sind Kätzinnen und ha ben die Wahl. Dass sie ihre Auf merksamkeit dem strammen Wuschelkater mehr geschenkt hatte als mir, musste ich akzeptieren. Er hatte ihr sein Revier gezeigt und sie mit
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