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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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banausischen Launen des Trosts bedürfen. Der große Wissenschaftler Haldane schrieb zwar tatsächlich einmal ein prima Gedicht über Rektalkarzinome, aber die sind ja eher selten. Auf der Toilette des Landsitzes (na bitte) des Earls von Leicester in Norfolk stand angeblich ein Graffito, das Byron zugeschrieben wurde.
     
    O Cloacina, Göttin diesem Ort,
    Hör unser Flehen gnädig immerfort.
    Laß weich und stetig sein der Gaben Art.
    Weder dünn und rasch noch gramvoll hart.
     
     
    Byron war der einzige, glaube ich, der Verstopfung als gramvoll beschreiben konnte. Aber man müßte wohl bis zu den Epigrammatikern der
Anthologia Graeca
zurückgehen, um vergleichbaren Dichtertrost zu finden.
    Unaufhörlich erzählt man uns oder erzählen wir unsselbst, daß wir auf Toilettenangelegenheiten fixiert sind. Das möchte ich bezweifeln. Wir glauben, daß wir diesen Politiker oder jenen Finanzmagnaten seiner Macht über uns berauben, wenn wir ihn uns auf der Toilette sitzend vorstellen. Aber das enthüllt doch eher ein Schamgefühl als eine Fixierung.
    Im Versuch, unserer Gesellschaft ihre fundamentale Prüderie zu nehmen, möchte ich alle von Ihnen mit ungesunden Hinterteilen bitten, diese beim Essen öffentlich zu machen. Sie werden der Nation einen großen Dienst erweisen. In weniger als einem Jahr werden alle möglichen Zustände von Männern und Frauen um wenigstens ein Gebiet schmerzhafter Peinlichkeit ärmer sein. Die Verstopfung im ungehemmten Gespräch kann uns von diesem und all unseren Übeln reinigen.
    Reich mir das Lochkissen, Alice.

Eine freundliche Stimme in der Polo Lounge
     
    Wessen Stimme erwarten Sie am wenigsten zu hören, während sie allein in der Polo Lounge des Beverly-Hills-Hotels bei einem Essen sitzen?
    Die Polo Lounge rühmt man in Legende, Lied und Taschenbuch als den Ort, wo Leute hingehen, die gesehen werden wollen. Am besten, indem sie sich
ausrufen
lassen. »Telephon für Herb Buckleman. Herb Buckleman bitte zum Telephon.« Ab und zu erklingen diese Worte, während Sie an Ihrem Long-Island-Eistee nuckeln oder Ihre Dungeness-Krebse aufbrechen. Bedeutende Produzenten und mächtige Vorstandsmitglieder sind anscheinend schwer beeindruckt, wenn sie hören, daß Herb Buckleman irgendwie irgendwo
gesucht
wird. Plötzlich wird Herb Bucklemaninteressant: genau der Mann, dem wir eigentlich die siebte Fassung des neuen Schwarzenegger-Skripts anvertrauen sollten.
    Diese groteske Vorstellung führt zu dem unglaublichen Phänomen, daß Leute sich in der Polo Lounge oder am Pool
selbst
ausrufen lassen. Sie schleichen sich in eine Telephonzelle, geben der Hotelvermittlung die Nachricht an sich selbst durch,
sofort
eine bestimmte Nummer anzurufen, und schlendern zum Pool oder in die Polo Lounge zurück, um ihre Nachricht rechtzeitig in Empfang nehmen zu können. Um noch mehr Eindruck zu schinden, gibt man sich gern ein Pseudonym. Also: »Herb Buckleman, hier unter dem Namen Jerome Lassinger, bitte umgehend bei der Vermittlung melden!« Jetzt ist Herb Buckleman als so bedeutend eingeführt, daß er im Beverly Hills einen falschen Namen braucht, um sich die Weltpresse vom Hals zu halten.
    Wie zu erwarten, erzeugt das eine Gegenreaktion. Die Selbst-Ausruf-Methode ist so weit verbreitet, daß man inzwischen von jedem, der ans Telephon gebeten wird, annimmt, er habe das selbst in die Wege geleitet und müsse also eine traurige, verzweifelte Gestalt sein, der man besser fernbleibt.
    Die Stimmung in der Polo Lounge ist daher stets spannungsgeladen. Ich habe gestern abend dort gegessen, total nervös, weil verantwortungslose Freunde von zu Hause gedroht hatten, mich alle zehn Minuten ausrufen zu lassen, eine Schmach, die ich unerträglich gefunden hätte. Diese Angst machte es richtig schwer, durch die Finger zu Eddie Murphy und Michael Douglas hinüberzulinsen und es ganz allgemein zu genießen, zu dieser Zeit an diesem Ort zu sein. Zum Glück haben meine Freunde dann doch nicht angerufen; hauptsächlich, nehme ich an, weil es um halb acht in Los Angeles in England morgens halb vier ist undselbst der hingebungsvollste Lebenszerstörer irgendwann schlafen muß.
    Dankbar schritt ich daher von der Cocktail-Bar der Polo Lounge ins Restaurant, bestellte einen Salat mit gebratenen Lendenstücken vom Huhn und zog ein Taschenbuch heraus. Es ist eine komische Vorstellung, daß Hühner Lenden haben und diese noch groß genug sind, um zerstückelt werden zu können; wahrscheinlich geht der Name zum Teil auf die liebenswerte

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