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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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untersuchen mußte, wurde ich für gewöhnlich schon von Zuckungen heimgesucht, Siekönnen sich also die schmerzhaften und peinlichen Szenen und Vorwürfe ausmalen, zu denen es im Aufzug kam, als ich dieses Gebäude erstmals in Angriff nahm. Mir wird schon schwindlig, wenn ich bloß daran denke. Diese außergewöhnliche Häuserhöhe erfüllt den Horizont, wie Sie sich unschwer vorstellen können. Das wirklich verblüffende Ergebnis ist eines erstaunlicher Schönheit. Auch muß ich Ihnen mitteilen, daß die Taxameter-Cabriolets oder Taxi-Cabs, wie man sie hier kurz nennt, von einem fröhlichen, lebhaften Gelb sind, einer Frühlingsmimose nicht unähnlich, die der Stadt einen zur Jahreszeit passenden Tupfer von Schlüsselblümchen verleihen. Ich nehme an, sie wechseln im Jahresverlauf die Farbe, Rot für den Herbst, Weiß im Winter und vielleicht Himmelblau im Sommer. Ach nein, der junge Tonmeister hier auf der anderen Seite der Glasscheibe schüttelt den Kopf. Man hat sich ein für allemal auf Gelb festgelegt.
    Jetzt zu meiner Spezialität. Hier sagt man »specialty«. Die Elision des Jota, wie wir Philologen das nennen, ist durchaus nicht ungewöhnlich. Man läßt auch das letzte »i« in Aluminium fallen und übergibt das Wort als Aluminum. Und wer wollte ihnen Widerworte geben? Eines der geläufigsten Gesprächsthemen hier ist Streß. Man redet die ganze Zeit darüber. Anscheinend hat man einen Kausalzusammenhang zwischen Streß und Diät hergestellt, was ich absolut faszinierend finde. Ich muß sagen, mich entzückt und ermutigt Amerikas Interesse an meiner Disziplin, in England machen sich die Leute im alltäglichen Leben nichts aus Philologie oder Linguistik. Hier dagegen ist Streß in aller Munde. Schauen Sie sich zum Beispiel Hongkong an. Hier sagt man
Hong
kong, was immer zu implizieren scheint, es gebe noch eine andere Art Kong, die man nicht mit der Hong-Varietät verwechseln wolle.
Hong
kong. Betont auf der ersten Silbe. Es gibt eine bestimmteMarke löslichen Kaffee mit dem Ihnen vielleicht bekannten Namen Maxwell House. So jedenfalls nennen wir ihn: Maxwell House. Hier sagt man
Maxwell
House. Eine wesentlich ungleichere Betonung. Aber wenn ich den Zeitungen Glauben schenken darf, scheint man hier anzunehmen, dieses Streßproblem werde vor allen Dingen vom Rauchen und Mangel an körperlicher Ertüchtigung verursacht. Ich hatte immer gedacht, es sei das Ergebnis der historischen Auseinanderentwicklung von britischem und amerikanischem Englisch sowie dem Einfluß des Jiddischen geschuldet, wie in
Hühner suppe
. Ich muß noch sehr viel lernen.
    Vorhin trat auf der Straße ein Herr an mich heran und fragte: »Ey, Alter, haste mal ’ne Kippe?«, worauf ich erwiderte: »Mache ich auf Sie den Eindruck, ich sei Bauunternehmer?« Die Belohnung für das solcherart bekundete Interesse an einer Fortsetzung des Gesprächs war eine blutige Nase. Ich glaube, ich werde die hiesigen Gepflogenheiten noch sehr viel sorgfältiger studieren müssen, bevor ich mich wieder allein auf die Straßen hinaustrauen kann. Vielen Dank fürs Zuhören.
    Falls Mrs Miggs eingeschaltet hat, was sie versprochen hatte, vergessen Sie doch bitte nicht, die Bücher abzustauben, Mrs M, und denken Sie daran, daß Miltons Wurmtabletten auf dem Flaschenständer im Arbeitszimmer unter der Cotmanradierung liegen. Sie müssen ihn auf den Rücken drehen, festhalten und ihm die Kiefer aufpressen, um sie hineinzukriegen. Den nächsten Dienstag können Sie sich freinehmen. Auf Wiederhören Ihnen allen.

Postkarte Nummer zwei
     
    STIMME: Donald Trefusis, emeritierter Professor für Philologie und Fellow am St Matthew’s College, Cambridge, setzt seinen Aufenthalt in New York fort.
     
    Desaströse Begebenheiten! Kalamitöse Ereignisse! Gute Güte, wo soll ich bloß anfangen? Letzte Woche habe ich Ihnen von meiner anfänglichen Aufregung über New York berichtet. Ich muß zugeben, daß ich das Leben in dieser zielstrebigen, kraftvollen Stadt inzwischen etwas ermüdend finde. Mein Vortrag bei den Philologen der Columbia University ist gut gelaufen. Er behandelte die Ursprünge des verschliffenen »r« in verschiedenen englischen Stadtdialekten. Ich demonstrierte die grundsätzliche Ähnlichkeit zwischen dem verschliffenen »r« des Cockney wie in »Round the ragged rock the ragged rascal ran« und dem der Brooklyner wie in »Round the ragged rock the ragged rascal ran«. [1] Mit sensationellem Erfolg, wie Sie sich bestimmt vorstellen können. Seit diesem

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