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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Post geschrieben – da steh’ ich doch in edler Tradition.«
    Aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. In den letzten Wochen ist in unseren großen Blättern eine Werbekampagne angelaufen. Initiiert hat sie die Midland Bank, eine Institution, deren Ruhm fürs Zuhörenkönnen nur von dem dieser Zeitschrift übertroffen wird. Gott allein weiß, wem sie in letzter Zeit so gelauscht haben, vielleicht war’s King George III., als er schon in der Klapse saß, sollte mich nicht wundern, jedenfalls sind sie mit »drei neuen Bankkonten für drei verschiedene Arten von Kunden« aufgetaucht. Die ganzseitigen Anzeigen für diese neuen Dienstleistungen hatten die Form von Fragebögen, die einen baten, sich als Vektormensch, Gartenmensch oder Meridianmensch auszuweisen.
    »Können Sie einen Videorecorder programmieren, ohne daß Sie vier volle Stunden Videotext aufzeichnen?« lautet die erste Frage an jene, die sich fragen, ob sie ein Vektormensch sind, ohne es all die Jahre geahnt zu haben. »Würden Sie Ihr Konto überziehen, um zur Überraschungsparty eines Freundes nach San Francisco zu fliegen? Und womöglich ohne Teppich wohnen, um sich einen CD-Spieler leisten zu können?« »Haben Sie soviel Plastik in der Brieftasche, daß es den Sitz Ihres Designeranzugs verdirbt? Wenn Sie bei einer dieser Fragen genickt haben, dann rufen Sie uns gebührenfrei an unter … usw.« Nun, das ist befremdlich. Man muß kein ausgebildeter Semiologe oder Beobachter der britischen Gesellschaft sein, um zu erraten, hinter welcher Kundensorte die mit solchen Fragen her sind. Aber ebensowenig muß man ein ausgeb. Sem. oder Beob. der brit. Ges. sein, um zu wissen, daß genau diese Kundensorte, statt zu nicken, als erste die ganze Zeitung vollgespien oder zumindest einen ziemlich ernsten Lachkrampf bekommen hätte. Wir müssen also annehmen, daß die Bank in Wirklichkeithinter dem Kunden her ist, der gern ein Mensch mit Freunden
wäre
, die Überraschungspartys in S. F. veranstalten. Aber wenn das stimmt, wird die Bank bald Probleme kriegen, weil sie schrecklich traurige und sich nicht wohl fühlende Menschen aufnehmen wird, die höchstwahrscheinlich entsetzliche Schulden machen werden, indem sie ihre Designeranzüge mit Plastik ausstopfen, um deren Sitz zu verderben, und ihre Teppiche abschaffen, um CD-Spieler aufbauen zu können. Und Vektormenschen sollten nicht an Teppichen sparen: sie brauchen sie. Sie brauchen sie selbst an den Wänden: aus Gummi.
    Ein Gartenmensch verbringt augenscheinlich den Sonntag damit, zusammen mit den Kindern ein Baumhaus zu zimmern, er ist ein Experte des Einkaufswagens und trommelt eine Bürgerinitiative gegen die neue Autobahn zusammen, die durch seine Heimatstadt gebaut werden soll, ohne zu erwarten, daß auch nur seine Lokalzeitung davon berichtet. Das ist doch Gebrabbel vom Krankenbett. Diesen Gärtnertyp illustriert das Bild eines sonntäglichen Mittagessens mit einem putzigen Salzfäßchen und Holzbrettchen. Halt mich fest, ich dreh’ gleich durch.
    Die letzte Kategorie bildet der Meridianmensch. »Kennen Sie den Unterschied zwischen dem Dow Jones und Inigo Jones? Kennen Oberkellner Ihren Namen? Kümmern Sie Hungersnöte? Und spenden Sie regelmäßig, ohne daß man Ihnen den Arm umdrehen muß?« Also, das ist krank. Tut mir leid, aber das ist echt krank. Wenn die Werbebranche Leute anzieht, die ohne einen Funken Ironie solchen Mist verzapfen können, dann ist alles vorbei, flieht dieses Land. Deren Verstand braucht ein weiches, langes, saugfähiges Papier, das ihn sauberwischt. Falls Robert Robinson nicht verfügbar ist, würde ich gern den Kommentar für solche Tücher ohne Gage sprechen. Das stünde in der besten Tradition öffentlich-rechtlicher Sender.

Absolut überhaupt nichts
     
    Befreundete Journalisten haben mir versichert, Kolumnisten dürften
einmal
in ihrem ganzen Leben eine solche Kolumne schreiben. Hm.
     
    Diese Woche werde ich keinen Artikel schreiben, aus dem einsamen und traurigen Grund, daß mein Gehirn heute außer Betrieb zu sein scheint. Ich lass’ Sie ungern mit leeren Händen dastehen, aber es muß sein. Nichts zu sagen. Jenen Lesern unter Ihnen, die sich noch nie auf wöchentlicher Basis auf den Hosenboden setzen und 850 funkelnde Worte diskursiver Prosa für den herrischen Zuchtmeister von Herausgeber bereithalten mußten, der ein Meister im Umgang mit Knüppel, Stoßrapier, Feldhaubitze und Gefechtssarkasmus ist, muß ich mitteilen, daß das kein laues Lüftchen ist. Ein

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