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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Fähigkeit, GottesGrausamkeit und Hirnverbranntheit abzulehnen, und das Gefühl, wir könnten unser Leben bereichern, indem wir einen Stock nehmen und anspitzen, ohne darauf warten zu müssen, daß die Evolution uns Hörner, Klauen oder Federkiele schenkt, diese Charakteristika liegen jeder Verbesserung zugrunde, die wir in der Natur erreicht, und jedem Schaden, den wir ihr zugefügt haben.
    Ich bin sicher, daß 1989 ein Jahr werden wird, in dem die Gelehrten weiterhin unseren Wert in Frage stellen werden, während die Klima- und Umweltzerstörung sich beschleunigt und die offene Gesellschaft des Westens immer unempfindlicher wird für das Leiden der um ihr Überleben kämpfenden zwei Milliarden, deren Existenz von dem Wind, den wir gesät haben, am meisten ins Chaos getrieben wird. Die Januarkolumnen kommender Jahre werden zu Beginn die Chancen unserer Spezies einschätzen, das Jahr zu überleben.
    Dennoch bin ich optimistisch. Denn während wir und nur wir allein verantwortlich sind für den kritischen Zustand der Welt, so sind doch auch wir und nur wir uns dessen
bewußt
. Und solange wir uns Fragen stellen, solange wir die Bilder besser eingerichteter Universen im Kopf haben, so lange können wir nicht vergehen.
    Also, ein gutes neues Jahr all unseren Lesern. Das Leben ist wunderbar.

Der Schwätzer in ›The Listener‹
     
    Die Namen von Zeitungen und Zeitschriften fand ich schon immer ungeheuer spannend. Wahrscheinlich, weil ich einen komischen und etwas kranken Verstand habe. Wenn ich denn überhaupt einen habe. Als ich an der Universitätwar, pflegte der Mann, dem die stolze Pflicht oblag, meine Studien zu lenken, meine Seele zu inspirieren und mich abzumahnen, wenn ich ohne Erlaubnisschein vom Senior Tutor in die Kapelle kotzte, immer zu sagen, ich hätte gar keinen Verstand, zumindest aber bedürfe es zur Einschätzung meines Verstandes der Infinitesimalrechnung. »Ihr Verstand, Mr Fry«, sagte er stets, »ist infinitesimal.« Lange Zeit war ich zu stolz, die Bedeutung des Wortes im Lexikon nachzuschlagen, und glaubte, mein Verstand ähnele einer Verbform aus dem südlichsten Kanton der Schweiz. Was er jedoch meinte, war, wie die meisten unter Ihnen wissen werden, daß mein Verstand eine Quantité negligeable sei: was wiederum, um den anderen unter Ihnen die mühselige Konsultation eines Wörterbuchs zu ersparen, nicht bedeutet, mein Verstand verfüge über die Fähigkeit, sich in ein vornehmlich nachts getragenes Accessoire der Damenbekleidungsbranche zu verwandeln, sondern lediglich, daß nicht viel davon da war. Sie werden ohne weiteres verstehen, daß diese Einsicht und die darin enthaltene Einschätzung der meinen mich nicht gerade erfreute.
    Im Verlauf meines zweiten Jahres kam es zu einer Gartenparty, auf der ich, von Cider, Wodka, Brause, Benylin und Triple sec fuchsig geworden, den Mann fragte, warum er mich für so dumm halte.
    »Ich halte Sie nicht für dumm«, sagte er. »Im Moment sind Sie natürlich dumm: dumm vom Wein und von teuren Zigaretten, aber sonst, finde ich, sind Sie außergewöhnlich aufgeweckt und schlagfertig – jedenfalls für einen Studenten.«
    »A-aber, Dr Name-aus-rechtlichen-Gründen-zurückgehalten«, kläffte ich, »Sie haben doch gesagt, mein Verstand sei infinitesimal.«
    »Das ist er auch, Sie maßloser junger Narr. Sie haben einen fürchterlichen Verstand, wirklich einfach fürchterlich,ich weiß nicht, ob ich schon jemals einem so schlechten begegnet bin. Aber Sie haben ein großartiges Gehirn. Äußerst fähig. Wenn Sie mich hingegen fragen, so habe ich einen ganz ausgezeichneten Verstand und ein grauenhaftes Gehirn. Schließlich weiß nur ein guter Verstand diesen Unterschied zu würdigen. Die Name-aus-rechtlichen-Gründen-zurückgehaltens hatten schon immer einen guten Verstand, den Yorkshire-Zweig der Familie mal ausgenommen.«
    Ich dankte ihm kurz für seine klärenden Worte, und nachdem ich zum Senior Tutor gewetzt war, um den nötigen Laufzettel in Empfang zu nehmen, reiherte ich fröhlich und mit wiedererstarktem Vertrauen in meinen Dez ins Chorgestühl.
    So sieht es also aus: Ein Mensch bar jeden Verstandes richtet sich heute an Sie. Ich bin sicher, der übliche Haufen alter Grantler, der sich allwöchentlich durch meine Zeilen quält, ist schon vor langer Zeit zu diesem Schluß gekommen, aber die Grünschnäbel unter Ihnen haben jedes erdenkliche Recht, gewarnt zu werden. Wie dem auch sei, die Schatten werden länger, und ich muß zum Gravamen meines

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