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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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ein bißchen zu früh, um Sie genau wissen zu lassen, was im Lauf der nächsten zwölf Monate in der Welt so geschehen wird, aber ich kann Ihnen versichern, es wird im großen und ganzen die Mischung aus alt und neu sein, die Sie inzwischen von den prestige- und stilsüchtigen Achtzigern zu erwarten gelernt haben, eine Mischung aus traditionellem Reiz und modernen Annehmlichkeiten. Der einzige Tip, den ich Ihnen geben möchte, lautet: Werfen Sie die alten Ausgaben des ›Listener‹ nicht weg. Feuerholz wird nächsten Winter knapp. Ich weiß, daß Dezember 89 weit weg zu sein scheint, aber was die Körperwärme betrifft, sollte man keine Risiken eingehen. Davon abgesehen wird prophezeit, daß der Fauvismus vor einem Comeback steht, daß Anita Harris’ Karriere inganz neuem Licht erscheint und daß Derek Jameson Mitte August an einer Erkältung der Atemwege leiden wird. Die einzige wirklich dunkle Wolke am Horizont ist, daß Tony Meo am Snooker-Tisch weiterhin unter Form spielen wird. Aber keine Angst, Tony! September sieht dich in alter Frische, nachdem du deine Stellung am Tisch etwas verändert und deinen Stoß korrigiert hast – was du natürlich mit links machst. An der Popfront wird House-Musik weiterhin Boden an den aktuelleren Garagensound verlieren, der dann seinerseits Mitte Juni dem Verandabeat weichen, welcher im Oktober von der Gartenmusik abgelöst wird, dieser folgt, wenn alles glattgeht, die Unten-an-der-Ausfahrt-Musik und der wiederum irgendwann die Echt-ganz-schön-weit-weg-Musik.
    Ja, mir können Sie doch keine Vorwürfe machen; ich muß meine Kolumne vollkriegen. Und wenn ein Kolumnist irgendeine ernstzunehmende Pflicht hat, ist es die, Voraussagen für das neue Jahr zu treffen. Das Problem bei dieser geheiligten Aufgabe ist, daß meiner Erfahrung nach das einzig Beständige und Vorhersagbare auf der Welt in deren Zufälligkeit und Abgedrehtheit besteht. Das einzige, womit ich wirklich rechne, ist, daß das kommende Jahr neue Konflikte und Kalamitäten herbeiführen wird, die zuvor unbekannte Völker und Nationen in alltägliche Begriffe verwandeln werden, daß es neue Bazillen und Viren produzieren wird, die nächstes Jahr um diese Zeit wie Herpes auf jedermanns Lippen sein werden, und daß es neue Katastrophen und Desaster beschleunigen wird, die noch mehr Leute in der aufblühenden Branche der Trauersachbearbeitung bis weit in die Neunziger hinein in Lohn und Brot halten werden. Kurz gesagt, wir können uns weiterhin von der Zukunft überraschen lassen.
    Wenn es etwas Bemerkenswertes über die Welt und uns Menschenrasse gibt, wenn es ein einzelnes phantastischesund außergewöhnliches Faktum im Universum gibt, so ist es folgendes: Wir finden die Existenz bemerkenswert, phantastisch und außergewöhnlich, obwohl sie der einzige Zustand ist, den wir je kennengelernt haben. Ich will versuchen, das zu erläutern. Wenn Sie ein Kind so großziehen, daß jeder sich in seinem Beisein im Eßzimmer entkleidet, sich in der Küche Beeren in die Hose stopft, im Wohnzimmer die Wände ableckt und im Badezimmer auf und ab springt und »Pimperle« schreit, würde besagtes Kind aufwachsen, ohne solche Verhaltensweisen je merkwürdig zu finden, zumindest nicht, ehe es entdeckt, daß das in anderen Haushalten mitnichten normale Umgangsformen sind. Was Herd und Heimat angeht, so akzeptieren wir das gegebene.
    Aber was das angeht, was Douglas Adams so passend als das Leben, das Universum und den ganzen Rest bezeichnete, so können wir nur noch Stielaugen machen. Wären wir alle einem Kosmos mit einer anderen Ordnung der Dinge entsprungen, so hätte unser Erstaunen Sinn, aber was wir haben, und mehr haben wir nie gehabt, ist der Stand der Dinge, den Wittgenstein, wenn er sich entspannte, das nannte, was der Fall ist. Wir kennen keine Alternative, und dennoch überrascht es uns (gerade so, als wären wir gerade von Zegron 5 eingetroffen, wo die Zeit rückwärts läuft, Staus unbekannt sind und Materie nach Belieben erschaffen werden kann), daß es Musik gibt und Orchideen, die nach Aas stinken, bloß um Fliegen anzulocken, und daß Schafe jeden Frühling aufs neue verspielte kleine Lämmer werfen. Warum macht uns ein Zustand platt, den wir nie anders gekannt haben? Warum gleichen wir so sehr Noël Cowards Alice, die, als sie die Tiere auf dem Felde sah, bemerkte, »die Dinge hätten besser eingerichtet werden sollen«?
    Die Fähigkeit, sich andere Welten und Universen jenseits unserer Erfahrung vorzustellen, die

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