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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dafür noch selber bestrafen wollte, wann sie endlich vorhatte, die Verantwortung für ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, mit Teufelskreisen und alten Verhaltensmustern zu brechen und erwachsen zu werden.
    Sie konnte aber auch noch mal Barbro bestimmen lassen und sich mit der Rolle abfinden, die man ihr zugeteilt hatte: Annika, der hoffnungslose Fall, die Frau, die den anderen alles kaputtmachte, die immer im Weg war, der niemals etwas gelang.
    Ihr Leben gehörte nur ihr, und sie hatte ein Recht darauf, alles zu bekommen. Wer hinderte sie daran außer sie selbst?
    Wieder weinte sie, aber es waren keine verzweifelten Tränen, sondern warme und traurige.
    Die Geborgenheit war wie vom Erdboden verschluckt. Es schien unvorstellbar, dass es vor gerade einmal zehn Jahren hier eine gut funktionierende Gesellschaft gegeben hatte.
    Ratko ging mit schnellen, zielstrebigen Schritten und den Händen in den Manteltaschen vergraben durch die Straßen. Als die Stadt noch Leningrad hieß, gab es hier keine dreckigen kleinen Ganoven. Huren konnten sich mitten in der Nacht im Stadtzentrum frei bewegen, ohne auch nur daran zu denken, dass es gefährlich sein könnte. Heute musste jeder, sogar er, im Hinterkopf Augen haben. Die einzelnen Banden waren unkontrollierbar, jeder verdammte Bauerntölpel konnte hier mit Morden und Raubüberfällen Karriere machen.
    Kapitalismus, dachte er voller Verachtung. Diese Stadt zeigt, dass er nicht funktioniert.
    Er versuchte sich zu entspannen, der Newsky Prospekt war wie die meisten Hauptstraßen trotz allem einigermaßen sicher. Nur noch zwei Häuserblocks um die Ecke auf der Mayakowskaya, dann war er am Ziel.
    Die Seitenstraße war dunkler. Er sah Gestalten zwischen den Schatten aufblitzen, wechselte mit eiligen Schritten die Straßenseite, um ihnen auszuweichen, und schämte sich, weil ihm plötzlich klar wurde, dass er auf dem besten Wege war, paranoid zu werden.
    Die Tür war abgeschlossen, er klingelte an der Sprechanlage. Die Tür öffnete sich, ohne dass er etwas zu sagen brauchte. Er schielte nur vorsichtig zu der versteckten Überwachungskamera oberhalb des Türrahmens hinauf.
    Im Treppenhaus stank es. Auf jedem Treppenabsatz standen Blechtonnen voller Abfall. Farbe blätterte von den Wänden ab, herabgefallener Putz lag in den Ecken.
    Manche Dinge haben sich nicht verändert, dachte er. Warum können die Leute hier das nicht besser sauber halten?
    Oberste Etage, kein Aufzug. Die Klingel funktionierte nicht, er klopfte leicht an die Holztür, deren Farbe abgewetzt war. Lautlos glitt sie auf, von innen war sie mit Stahl gepanzert.
    »Ratko! Du alter Drecksack, ich habe gehört, dass sie hinter dir her sind!«
    Sein alter Freund im Osten war noch fetter geworden. Sie umarmten sich und tauschten Bruderküsse aus.
    »Das muss gefeiert werden, holt ein paar Flaschen!«
    Ein paar junge Männer wieselten mit Schnaps, Gläsern und Zigarren hin und her. Er ging mit seinem Freund durch den Flur mit den verblichenen Samttapeten, die Dielen unter dem Linoleumfußboden knarrten. Sie betraten das hinterste Zimmer und setzten sich. Als der Schnaps an seinem Platz stand, schrie sein Freund den Wieseln zu, dass sie ihn und Ratko in Ruhe lassen sollten.
    Die Tür wurde geschlossen, sein Freund füllte die Gläser, sie tranken, und dann wurde es ernst.
    »Ich brauche Geld«, sagte Ratko leise. »Es geht um eine große Investition.«
    Er erzählte dem anderen von seinen Plänen, wie seine neue Organisation aufgebaut sein würde, von den Kunden, den Kontakten, den Mitarbeitern.
    Sein Freund lauschte, ohne ihn zu unterbrechen, und saß breitbeinig, mit gesenktem Kopf und dem Glas in der Hand vor ihm.
    »Ich habe sieben Millionen in schwedischem Bargeld«, sagte Ratko, »aber du verstehst sicher, dass ich mehr brauche, um loslegen zu können, ich muss die richtigen Leute finden.«
    Der Fette trank aus und nickte.
    »Was springt für uns dabei heraus?«
    Ratko lächelte.
    »Die Branche steckt noch in den Kinderschuhen und wird wie der Teufel wachsen. Es kommt darauf an, von Anfang an dabei zu sein.«
    »Zu den üblichen Bedingungen?«
    »Natürlich«, antwortete Ratko.
    Sein Freund seufzte asthmatisch.
    »Wie kommst du hin?«
    »Nonstopflug nach Kapstadt. Mein Pass ist heiß, norwegisch, es war teuer, ins Land zu kommen, und es wird noch teurer werden, wieder herauszukommen. Ich muss noch heute Nacht fliegen.«
    Sein Freund antwortete nicht, rührte sich nicht. Sie tranken.
    »Wie viel brauchst du?«
    Ratko

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