Paraforce 6 - Die Stunde der Bestie
massivster Weise. Das kann und werde ich nicht hinnehmen. Ich habe diesbezüglich heute Morgen bereits eine Mail an Doktor Fringer geschickt.«
Der Staatsanwalt lächelte belustigend. »Und was versprechen Sie sich davon?«
»Eine Dienstaufsichtsbeschwerde, die darin münden wird, dass man Ihnen die Verantwortung für diesen Fall entzieht.«
Ein missbilligender Zug legte sich auf Haldingers Gesicht. »Scheinbar sind Sie sich der Tatsache nicht bewusst, dass im Moment ich Ihr direkter Vorgesetzter bin. Doktor Fringer befindet sich nämlich derzeit auf einer Tagung im Ausland. An Ihrer Stelle würde ich mir also überlegen, was ich sage.«
Tobias zog die Brauen hoch und betrachtete sein Gegenüber kühl. »Wollen Sie mir drohen?«
Haldinger atmete scharf ein. Der Umstand, dass sich der junge Inspektor nicht im Geringsten einschüchtern ließ, gab ihm zu denken. Er musste unbedingt herausfinden, was in dieser Mail an den Polizeipräsidenten stand, deshalb schlug er bei seiner nächsten Frage einen versöhnlicheren Ton an.
»Warum sind Sie nicht zuerst zu mir gekommen? Wenn Sie meine Beweggründe kennen würden, hätten Sie sich die Mail an Fringer sparen können.«
»Ihre Beweggründe?«, lachte Tobias sarkastisch. »Sie interessieren sich doch nur für sich selbst und ihr Bild in der Öffentlichkeit. Das Schicksal anderer geht Ihnen doch gelinde gesagt am Arsch vorbei.«
»Sehen Sie, und schon da liegen Sie falsch. Sie dürfen mich nämlich nicht als Privatperson sehen, sondern als Diener des Staates. Und in der Eigenschaft habe ich durch meine Position die Verantwortung für die Sicherheit der Menschen in diesem Bezirk. Es ist mir klar, dass bei Zigtausenden Einwohnern dem einen oder anderen meine Entscheidungen nicht gefallen. Aber damit muss ich leben, man kann es nicht allen recht machen. Aber das Sie, sozusagen als Kollege, auch gegen mich intervenieren, ist schon ein starkes Stück. Aber lassen wir das, mich würde interessieren, was Sie an meiner Arbeit stört.«
»Wenn Sie das immer noch nicht wissen, tun Sie mir leid.«
»Reden Sie nicht dauernd drum herum! Los, raus mit der Sprache, was genau passt Ihnen nicht?«, erwiderte Haldinger ungeduldig.
»Alles!«, sagte Tobias kühl.
XIII
Der Mittag war kalt und sonnig.
Über den Spitzen der Fichten und Kiefern hatte der Himmel einen stahlblauen Glanz.
Es war einer jener Herbsttage, die Tobias so liebte. Die Zeit der strahlenden Farben und des sanft fließenden Morgennebels bei einem Spaziergang in den bunten Laubwäldern zu genießen, gehörte für ihn zu den schönsten Momenten des Jahres.
Doch allein der bloße Gedanke an die Toten der letzten Tage zerstörte in ihm jegliche Inspiration, die er normalerweise in dieser Jahreszeit fand.
Im Schritttempo lenkte er seinen Dienstwagen auf das Anwesen der Luggingers zu.
Der Hof sah nun aus wie nach einem Krieg. Die komplette Vorderseite des Hauses war eingefallen und an manchen Stellen war das Mauerwerk nicht einmal mehr einen Meter hoch. Der ganze Hof war mit Trümmern übersät. Verkohlte Balken, Glasscherben, Steine und zerborstenes Mobiliar machten eine Weiterfahrt unmöglich. Er lenkte seinen Golf deshalb hinter den Stall, der genau wie die Scheunen zwar noch intakt war, aber deutlich die Spuren des Löschschaums trug, mit dem die Feuerwehr den Brand nach dem Kurzschluss gelöscht hatte.
Als er ausstieg, sah er, dass Laughlin ihn bereits erwartete.
Tobias schritt ihm entgegen, während tausend Gedanken durch seinen Kopf jagten. Was wollte der Amerikaner damit andeuten, als er sagte, dass er der Schlüssel zur Lösung dieses Falls war?Was wollte er ihm hier zeigen und vor allem, was wusste diese Organisation, die sich Paraforce nannte, noch alles über ihn?
Tobias bückte sich und schlüpfte unter dem rot-weißen Absperrband hindurch, das den Hof umgab. Der Amerikaner kam ihm entgegen und lächelte zufrieden.
»Schön, dass Sie gekommen sind. Tragen Sie Ihre Kette?«
Unwillkürlich fasste sich Tobias an den Hals, bevor er antwortete. »Natürlich, aber warum fragen Sie?«
»Weil es wichtig ist. Kommen Sie.«
Laughlin drehte sich ohne eine weitere Erklärung einfach um und ging zielstrebig auf eine kleine Seitentür des Stalls zu, die sich an der Nordseite des Gebäudes befand. Achselzuckend folgte ihm der Innsbrucker. Das Innere des Stalls bestand aus einem niedrigen Raum, der in der Mitte von einer gepflasterten Gasse geteilt wurde. Rechts und links davon befanden sich mehrere
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