Paraforce 6 - Die Stunde der Bestie
der Hand neben der Theke stehen.
»Setz dich, das Frühstück ist fertig.«
»Danke, aber mir reicht ein Kaffee, ich muss gleich rüber ins Revier.«
»Das kommt überhaupt nicht infrage«, sagte sie sanft aber bestimmend. »Hier verlässt keiner das Haus ohne richtiges Frühstück, also setz dich.«
Tobias seufzte und nahm an dem gedeckten Tisch Platz.
Wie recht Andrea mit ihrer Aussage hatte, wurde Tobias in dem Augenblick bewusst, als sein Blick auf die mit Wurst und Käse belegte Platte fiel. Sein Magen meldete sich postwendend.
Als sie ihm nach dem Frühstück ein zweites Mal einschenken wollte, legte er die Hand auf die Kaffeetasse.
»Danke nein, ich sollte jetzt wirklich gehen. Man wartet im Revier bestimmt schon auf mich.«
Andrea lächelte. »Sehen wir uns heute Abend?«
Tobias nickte und erhob sich. Er trat einen Schritt vom Tisch weg und stand nun direkt vor ihr. »Natürlich, mir würde ja sonst etwas fehlen.«
Ihre Blicke kreuzten sich und urplötzlich war wieder jene gewisse Spannung zwischen ihnen. Obwohl er sich nicht sicher war, ob er das Richtige tat, hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange. Dann verließ er wortlos das Lokal.
*
Lange Zeit betrachtete Staatsanwalt Haldinger das Telefon, bevor er schließlich zum Hörer griff und eine Nummer eintippte. Inständig hoffte er, dass die Informationen, die man ihm zugetragen hatte, der Wahrheit entsprachen und die betreffende Person tatsächlich verreist war. Als sich am anderen Ende der Leitung doch jemand meldete, zuckte er zusammen. Aber nur kurz, denn für einen Rückzieher war es zu spät.
»Polizeipräsidium Innsbruck. Guten Tag, mein Name ist Bach, was kann ich für Sie tun?«
»Hier spricht Oberstaatsanwalt Haldinger vom Bezirk Reutte. Könnte ich bitte mit Doktor Fringer sprechen.«
»Das geht leider nicht«, behauptete die Stimme. »Der Doktor ist gestern zu einer Tagung nach Brüssel geflogen. Er wird frühestens Anfang nächster Woche wieder hier sein. Soll ich ihm etwas ausrichten?«
»Nein, das ist nicht nötig. Ich werde einfach später noch einmal anrufen.«
Haldinger legte wieder auf und atmete erleichtert aus. Gleichzeitig überzog sein Gesicht ein diabolisches Grinsen. Na warte Salcher, jetzt lernst du mich kennen.
Dann griff er erneut zum Telefon.
Als das Gespräch beendet war, erhob er sich aus seinem Sessel und ging pfeifend auf ein Regal zu, das bis in den letzten Winkel hinein mit Aktenordnern beladen war. Er schnappte sich einen der Ordner und kehrte zum Schreibtisch zurück. Normalerweise hasste er nichts so sehr wie das Aufarbeiten von Akten, aber heute konnte selbst diese ungeliebte Arbeit nicht das Grinsen aus seinem Gesicht vertreiben.
Ich bin auf das Gesicht dieses Hauptstadtschnösels gespannt, wenn er feststellt, dass Fringer nicht da ist und seine schützende Hand über ihn hält.
Gerade als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, vernahm er auf dem Flur vor seinem Büro einen wütenden Fluch. Kurz darauf stürmte Tobias Salcher herein und kam mit energischen Schritten auf seinen Schreibtisch zu.
»Es tut mir leid, Herr Haldinger, aber er ist einfach an mir vorbei gerannt, ich konnte gar nicht so schnell reagieren. Ich …«, stotterte seine Vorzimmerdame, die mit hochrotem Kopf im Türrahmen stand.
»Schon gut«, unterbrach sie der Staatsanwalt. »Aber jetzt lassen Sie uns bitte alleine.«
Während die Frau erleichtert die Tür schloss, widmete sich Haldinger ungeachtet seinem Besucher wieder den Akten, die auf seinem Schreibtisch verstreut lagen. Dabei schüttelte er missbilligend den Kopf. »Ich kann mich nicht entsinnen, Sie anklopfen gehört zu haben. Besitzen in der Hauptstadt eigentlich alle so schlechte Manieren?«
Tobias musterte ihn finster. Dann drehte er sich auf dem Absatz um, ging zur Tür und klopfte mit den Fingerknöcheln seiner Rechten gegen den Rahmen. »Zufrieden?« Seine Stimme klang dabei wie gesprungenes Glas.
»Jetzt werden Sie nicht kindisch«, erwiderte Haldinger. »Setzen Sie sich und dann reden wir wie zwei erwachsene Menschen darüber.«
Seine Gestik und der Tonfall seiner Worte verrieten, dass er Salchers schlechte Laune – besser gesagt den Grund dafür – genauestens kannte. Aber offensichtlich brachte ihn das nicht im Geringsten aus der Ruhe.
»Da gibt es nichts mehr zu bereden«, sagte Tobias scharf. Seine Augen blitzten vor Zorn. »Diesmal sind Sie übers Ziel hinausgeschossen. Mit ihren Anweisungen behindern Sie die Ermittlungen im Fall des Lechmörders in
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