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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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eigentlich in ihrem Leben gerade stand. Bei welchem Mann. Ein fremdes Zimmer, der steife Schwanz eines Mannes, seine drängende, harte Hüfte, sein keuchender, schweißtriefender Brustkasten, das alles verriet nichts. Was eher noch gut war. Wenigstens erinnerte sie sich dann nicht. Die konnten ja nicht merken, so ohne äußerliche Signale, dass sie sie verwechselte. Für sie hingegen war es seltsam, dass sie die Schwänze so vieler verschiedener Männer in sich hatte aufnehmen können und warum es so war, dass sich der Puls ihres Lebens nicht auf einen einzigen festlegte. Jetzt aber musste sie im Kopf trotzdem alle rasch, sehr rasch trennen. Was andere Männer von ihr wollten oder verlangten, konnte Ágost sich selbst besser geben, hatte es bis dahin auch schon gekonnt, das war offensichtlich. Als hätte er sie jeweils nur aus Rücksicht befriedigt, möglicherweise aus Höflichkeit. Es gehörte zum guten Benehmen, und so hatte sie alles, aber auch alles missverstanden. Deshalb war ihre Lust immer so verschleiert gewesen. Es schauderte sie bei diesem Gedanken. Dann war ihr Platz doch bei den anderen Männern. Dann musste sie doch in Untermiete in ein verlaustes Zimmer zurück ziehen und alles von vorn beginnen. Sie sah es ja mit beiden Augen, dass dieser Typ weder Entgegnung noch Gegenseitigkeit wünschte.
    Das war unerträglich.
    Dem ist es am wohlsten mit sich selbst.
    Sie spürte, dass ihr Kopf vor Anstrengung fast platzte. Soll er doch krepieren. Sie kochte vor Wut. Obwohl sie schon bis dahin gewusst hatte, dass dieser da, im Gegensatz zu den andern Männern, nicht ejakulieren mochte und es wenn möglich vermied. Mit fürchterlicher, schmerzlich krampfhafter Anstrengung gelang ihm fast immer, es zurückzuhalten. Doch auch dieses Krampfhafte war schön. Erschreckend und erschütternd wie eine Aufwallung. Er stöhnte, riss sich lieber unerwartet und grob aus ihr heraus und krümmte sich ganz zusammen, biss sich auf die Lippen, nein, nicht. Gyöngyvér hatte im Glauben gelebt, dass das nicht mit seinen Eigenschaften, sondern mit seiner Erziehung zusammenhing. Auch sonst, dachte sie, waren ja diese privilegierten Menschen so launisch, so unberechenbar, warum sollte also Ágost nicht diesen Tick haben. Alle anderen mögen das, er eben nicht. Sie sah gern, wie der schweißgebadete, von widerstreitenden Kräften hässlich gespannte Körper auf der Seite liegend zuckte, zu ihren Füßen erstarrte. Sie verfolgte mit dem eigenen Körper den zuckenden Rhythmus der schauderhaft lustvollen Kraftanspannung. Als ob er sie immer noch ausfüllte.
    Die verzweigten Nervenstränge des Beckens haben ein Gedächtnis.
    Als ob sie ihn anspornte, fast hörte sie in sich rhythmisch ermutigende Rufe. Damit es Ágost gelang, die Lust mit dem Willen niederzuringen.
    Oh, dass er bloß nicht, bloß nicht, bloß nicht kommt.
    Sie identifizierte sich mit ihm, das Verbot riss sie aus ihrem eigenen Rhythmus heraus und bewirkte in ihr wahre Explosionen. Die ovalen Muskelfasern der Scheide protestierten mit stärkerem Pulsieren. Und während sie mit ihrem Körper, mit heiseren Rufen, im Takt der Zuckungen des Mannes, die Knie, die Schenkel zusammenpressend, mit sich öffnender, einziehender Scheide Hilfe leistete und es ihm tatsächlich gelang, sich zu beherrschen, hatte sie selbst, beide Hände zwischen die Schenkel stoßend und unter heftigem Würgen, einen Orgasmus.
    Für sie war das eine Faxe, was sonst. Andere Männer konnten sich nicht einmal dann zu so etwas überwinden, wenn es nötig gewesen wäre; wenn sie es selbst gewollt hätten. Die Erregung durchbrach ihr Bewusstsein, begrub es unter sich, genauer, sie hätten ein Zurückhalten als demütigend, entlarvend empfunden. Wenn sie es in den Augenblicken, da es perfekt rutschte und sich perfekt anfühlte, noch kontrollieren und verhindern konnten, dann stimmte etwas nicht, dann begehrten sie die Frau nicht, sehnten sich gar nicht so sehr nach ihr. Sie wollten vor ihr nicht so kleinlich erscheinen, dass sie ihre Ejakulation zurückhielten, sie überließen sich lieber dem Zufall. Wenn sie sich da nicht rechtzeitig wegreißen konnte, wurde es mehr als riskant. Sie wollte ja nicht dauernd schwanger werden. Vor den Abtreibungen hatte sie nicht allein wegen der Schmerzen Angst, auch wenn die Angst die Schmerzen verstärkte, die Blutungen verlängerte. Von Ágost hingegen konnte sie nicht schwanger werden, vergeblich wünschte sie, er würde ihr in die Gebärmutter spritzen, wenn er das nun einmal

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