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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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Bauch hat er auch nicht, der ist geschwommen oder hat Tennis gespielt oder was weiß ich, irgendeine Art Kraftsport. Und es wäre gut, wenn dann von seinem Bauch und vom Geschlechtsbereich Proben genommen würden, fügte er fast beiläufig hinzu, auf seiner Unterhose ist ein beachtlicher Spermafleck, und bitte auch eine Probe vom Anus.
    Vielleicht ist ja das Sperma nicht von ihm. Über die Art des Geschlechtsverkehrs sollte man ebenfalls Näheres herauskriegen. Der Penis sieht nicht aus, als hätte er an vaginalen oder analen Freuden teilgehabt.
    Es tue ihm leid, sagte der Pathologe ungeduldig, aber zu diesem Zeitpunkt wäre es unverantwortlich, mehr zu sagen. Er müsse sich das alles genauer ansehen. Das Sperma würde er selbstverständlich ordnungsgemäß untersuchen lassen. Von Dr. Kienast bekomme er ja dann bestimmt die Wunschliste, wie üblich. Was hingegen die Beine oder den Kraftsport betreffe, so sei der Mann seines Erachtens in jüngeren Jahren Rad gefahren.
    Dass ich darauf nicht gekommen bin, rief der Kommissar überrascht.
    Die knotigen Adern, klar, der ist Rad gefahren.
    Und so nahm alles seinen ordentlichen Lauf.
    In jenen chaotischen Tagen starben auch sonst ziemlich viele Leute, an Hirnblutungen, an Herzanfällen, plötzlich und unerwartet, aber bei denen wurden persönliche Ausweise gefunden.
    Einmal wurde es warm, als käme der Frühling, dann wieder gab es einen Temperatursturz, und es wurde bitter kalt. Eine trockene Kälte, mit leichtem Schneefall. Als trüge das Wetter das Seine zum ganzen Durcheinander bei.
    Sie schoben die Leiche durch die andere Schwingtür und stießen sie auf ihren vorläufigen Platz. Einigermaßen gekühlt würde sie hier auf die amtliche Freigabe warten. An ihrem Hals war ein kleiner Fleck. Jemand musste den Mann, um ihn zu überraschen, von hinten umarmt und sich so lange und so heftig mit den Lippen festgesaugt, ihn vielleicht gebissen haben, dass eine blutunterlaufene Stelle entstand. Vielleicht jemand, der ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte. Keiner von beiden erwähnte das, obwohl sie wussten, dass man die Spur sofort sichern musste. Mit Dentalwachs überziehen, das Negativ mit Dentalgips füllen, um auf diese Art einen vielleicht sogar prozessentscheidenden Abguss von Lippen oder Zähnen, möglicherweise denen des Täters oder des letzten Zeugen, zu erhalten.
    Die Aussage des Studenten konnte vorläufig noch nicht mit der Meinung des Pathologen verglichen werden. Auch fragte niemand, was zum Geier ein solcher sichtlich gutsituierter Herr nachts oder in aller Herrgottsfrühe in dem berüchtigten Park eigentlich gesucht hatte, beziehungsweise, wenn er noch nicht lange tot war, wie der Schnee auf seinen Schultern und Armen hatte liegen bleiben können. Der Kommissar hatte in Sachen vatermörderisches Mädchen eine Menge anderer Dinge zu erledigen. Es war ja auch sinnlos, sich über den Fall den Kopf zu zerbrechen, solange die kriminaltechnischen Ergebnisse nicht vorlagen. Die Mutter hatte den Mord nicht aus Selbstlosigkeit auf sich genommen. Es war ihre einzige Chance. Wenn die Tochter die Tat gestand, konnte die Mutter wegen fortgesetzter Beihilfe verurteilt werden. Manchmal war es auch besser, wenn Kienast die Fälle etwas ruhen ließ und sie in seinem Unterbewussten weiterarbeiten konnten. Und als er am Nachmittag halb ohnmächtig vor Schlafmangel nur gerade noch Kraft fand, rasch ein paar Papiere an die Staatsanwaltschaft und ans Bundeskriminalamt abzuschicken, blieb sein Blick wieder am Namen des jungen Mannes hängen, Döhring.
    Interessant, dass sich so schwer neurotische Figuren in Psychologie und Philosophie einschreiben. Was ihre Aussichten eher verschlechtert als verbessert. Nach ein paar Jahren wissen sie zwar mehr, aber nicht unbedingt über ihre eigenen Probleme.
    Er musste lachen, und als er auf die Adresse des jungen Mannes stieß, Fasanenstraße, nickte er selbstzufrieden. Der Junge kann beruhigt sein, sich schön weiterbilden, für den ist gesorgt. Kienast schob die neu angelegte Akte rasch in einen Umschlag und reihte sie unter die laufenden Fälle ein.
    Der Student reiste früh am nächsten Morgen, wie geplant, aus der Stadt ab.

Der Schöpfer hat es bestimmt so gewollt
    Immer wenn er die Stadt verließ, hatte er das Gefühl, er würde endgültig auf etwas verzichten, endgültig etwas verpassen. Er gab nicht viel auf seine Gefühle, solche Anwandlungen, die er zwar zur Kenntnis nahm, verletzten seine Prinzipien.
    Emotionale Menschen verachtete

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