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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Mein Partner und ich waren drauf und dran, ein Vermögen zu verdienen, bis wir von der Leiche erfuhren.
    Der Tod, so hieß es, sei in diesen Kreisen ein ständiger Begleiter. Anacrites und ich hatten es mit den Lieferanten wilder Tiere und Gladiatoren für die Arenen der römischen Spiele zu tun; jedes Mal, wenn wir zur Bücherrevision mit unseren Notiztafeln bei ihnen auftauchten, verbrachten wir den Tag unter jenen, die für einen baldigen Tod ausersehen waren oder ihm nur entrinnen konnten, wenn sie zuvor jemand anderen töteten. Das Leben, der Hauptpreis des Siegers, bot in den meisten Fällen bloß einen kurzfristigen Aufschub.
    Aber dort, zwischen den Unterkünften der Gladiatoren und den Käfigen der großen Raubkatzen, war der Tod etwas Alltägliches. Unsere eigenen Opfer, die fetten Geschäftsleute, deren finanzielle Angelegenheiten wir als Teil unserer neuen Karriere so taktvoll überprüften, erfreuten sich selbst der Aussicht auf ein langes, angenehmes Leben - obwohl sie
    laut offizieller Berufsbezeichnung Schlächter waren. Ihr Warenbestand wurde nach Massenmord-Einheiten bemessen, ihr Erfolg hing davon ab, ob diese Einheiten die Menschenmenge befriedigten - was sich an der Lautstärke des Beifalls ermessen ließ - und ob es ihnen gelang, immer ausgefallenere Methoden des Blutvergießens zu ersinnen.
    Wir wussten, dass es hier um das große Geld ging. Die Lieferanten und Trainer waren Freie, eine Voraussetzung zur Eröffnung eines Geschäftes. Und so unterlagen sie, wie der Rest der römischen Gesellschaft, dem Großen Zensus. Dieser war vom Kaiser bei seiner Amtseinführung angeordnet worden und diente nicht nur als einfache Volkszählung. Als Vespasian nach Neros chaotischer Regierungszeit in einem bankrotten Imperium die Macht ergriff, gab er die berühmte Erklärung ab, er brauche vierhundert Millionen Sesterzen, um die römische Welt wieder in Stand zu setzen. Da er kein persönliches Vermögen besaß, griff er auf Finanzierungsmittel zurück, die ihm als Mann aus der Mittelschicht am reizvollsten erschienen. Er ernannte sich und seinen älteren Sohn Titus zu Zensoren und forderte uns alle auf, Rechenschaft abzulegen über uns und alles, was wir besaßen. Auf Letzteres wurden schwungvolle Steuern erhoben, was der eigentliche Zweck der Übung war.
    Scharfsinnige werden schließen, dass einige Haushaltsvorstände darin eine aufregende Herausforderung sahen; hirnlose Narren versuchten die Angaben über den Wert ihres Besitzes zu mi nim ieren. Nur jene, die sich äußerst geschickte Finanzberater leisten können, kommen mit so was durch, und da der Große Zensus darauf abzielte, vierhundert Millionen Sesterzen einzubringen, war es Wahnsinn, schummeln zu wollen. Das Ziel war zu hoch gesteckt; Ausflüchte würden sofort aufgedeckt werden - von einem Kaiser, der Steuer eintreib er unter seinen Vorfahren hatte.
    Die Erpressungsmaschinerie bestand bereits. Der Zensus benutzte traditionsgemäß das erste Prinzip jeder Finanzverwaltung: Die Zensoren hatten das Recht zu sagen: Wir glauben dir kein Wort. Dann nahmen sie ihre eigene Einschätzung vor, und das Opfer musste entsprechend bezahlen. Widerspruch gab es nicht.
    Nein, das stimmt nicht. Freie haben stets das Recht, ein Gesuch an den Kaiser zu richten. Und es ist das Privileg des Kaisers, seine Purpurrobe um sich zu werfen und den Bittstellern majestätisch zu erklären, sie sollten sich verpissen.
    Solange der Kaiser und sein Sohn als Zensoren fungierten, war es auf jeden Fall Zeitverschwendung, sie zu bitten, ihr Urteil zu revidieren. Aber als Erstes mussten sie die verschärfte Neuveranlagung durchführen, und dabei brauchten sie Hilfe. Um Vespasian und Titus zu ersparen, persönlich die Grenzen der Besitzungen zu vermessen, schwitzende Bankiers auf dem Forum zu verhören oder mit dem Abakus über Geschäftsbüchern zu hocken - angesichts der Tatsache, dass sie schließlich gleichzeitig ein zerrüttetes Imperium regieren mussten -, hatten sie jetzt meinen Partner und mich eingestellt. Die Zensoren brauchten die Fälle, bei denen sie rigoros zupacken konnten.
    Kein Kaiser möchte der Grausamkeit bezichtigt werden. Jemand musste die Betrüger ausfindig machen, die man ohne öffentlichen Aufschrei neu veranlagen konnte. Daher hatte man Falco & Partner angeheuert - auf meinen eigenen Vorschlag und einer äußerst verlockenden Honorarbasis -, zweifelhafte Angaben zu überprüfen.
    Wir hatten gehofft, dass wir in den luxuriösen Arbeitszimmern reicher Männer

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