Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
Nein, dachte ich, du bist dir sicher!
Ein unbehagliches, drückendes Gefühl war in meiner Magengegend deutlich spürbar.
"Ich war in Brasilien, am Amazonas", murmelte ich in das Schweigen hinein. Tom hatte mich nicht gedrängt, über meine Vision zu sprechen. Er wusste wohl, dass ich früher oder später von selbst damit anfangen würde. Tom Hamilton war - neben meiner Großtante Elizabeth Vanhelsing - einer der ganz wenigen Menschen, die überhaupt von meiner übersinnlichen Begabung wussten. Wir liebten uns und inzwischen lebten wir auch zusammen. Die 'Gabe' - so hatte Tante Lizzy meinen Para-Sinn beschönigend immer genannt - war ein Teil unseres gemeinsamen Lebens, ob uns das nun gefiel oder nicht. Aber Tom hatte es akzeptiert, dass ich immer wieder von alptraumhaften Visionen heimgesucht wurde, in denen ich die Grenzen von Raum und Zeit zu überwinden vermochte. Manchmal sah ich auf diese Weise Bilder der Zukunft. Einer wahrscheinlichen Zukunft, die nicht mit absoluter Gewissheit eintreffen musste, wie mir Tante Lizzy immer wieder in Erinnerung gerufen hatte.
Ich erzählte Tom vom HAUS DER GÖTTTER, jenem gigantischen Bau, von dem mein Großonkel gemeint hatte, dass er unmöglich von einem menschlichen Volk stammen konnte. Als ich zum ersten - und einzigen! - Mal dort gewesen war, hatte ich Tom noch nicht kennengelernt. Allerdings wusste er durch viele Gespräche, die wir geführt hatten, dass mein Großonkel in jener Gegend verschollen war.
"Ich weiß nicht, was ich in diesem Tempel eigentlich wollte", murmelte ich. "Ich betrat das HAUS DER GÖTTER, aber mir war nicht klar warum... Und dann begegnete ich ihm."
"Wem, Patti?"
"Rama'ymuh - so nennen ihn die Indios. Er ist der Gott der Kriechtiere und Schlangen. " Unwillkürlich ballte ich die Hände zu Fäusten. "Schon damals wusste ich, dass dort irgend etwas war... Etwas, von dem wir bis dahin kaum denken wagten, dass es überhaupt existiert."
Ich schloss die Augen.
Es musste einen Grund haben, dass ich zumindest in Gedanken zum HAUS DER GÖTTER zurückgekehrt war.
"Ich glaube, dass wir schon bald eine Reise nach Brasilien machen werden", sagte ich zu Tom. "Du wirst sehen..."
Mir fröstelte allein bei dem Gedanken daran.
*
In dieser Nacht fand ich nicht mehr viel Schlaf. Auch wenn ich mich an Toms Seite etwas beruhigte, so war es doch kaum mehr als ein leichter Schlummer, in den ich verfiel. Das kleinste Geräusch von draußen reichte aus, um mich wieder hochschrecken zu lassen.
Eigentlich hätte ich müde genug sein müssen. Es lagen ein paar sehr anstrengende Tage in der Redaktion der LONDON EXPRESS NEWS hinter mir und was mein Quantum an Schlaf anging, war ich in letzter Zeit wirklich nicht verwöhnt worden.
Aber da war einfach diese innere Unruhe, die mich nicht in den Tiefschlaf sinken und wenigstens für ein paar Stunden das Vergessen finden ließ. Ich kam mir vor wie eine Taucherin, die immer in der Nähe der Oberfläche blieb, weil sie zu wenig Gewicht angelegt hatte.
Am Morgen fühlte ich mich wie gerädert.
Tom musste mich mehrfach wecken. Er hatte bereits das Frühstück gemacht, als er es endlich schaffte, mich aus den Federn zu werfen. Bleierne Müdigkeit beherrschte mich noch immer. Ich versuchte Tom, einen verliebten Blick zuzuwerfen und war gleichzeitig sehr froh darüber, dass sich kein Spiegel in der Nähe befand.
Dort hineinzuschauen wäre vermutlich ebenso ernüchternd gewesen, wie der Blick zur Uhr. Tom und ich waren beide als Reporter in der Redaktion der Boulevardzeitung LONDON EXPRESS
NEWS angestellt und unser Chefredakteur war leider jemand, der auf Pünktlichkeit äußerst großen Wert legte.
"Wie der junge Morgen siehst du im Moment ja nicht aus", meinte Tom.
"Danke!", versetzte ich. "Komplimente höre ich zu dieser nachtschlafenden Zeit besonders gerne!"
Toms Gesicht wurde ernster und dabei nahm er meine Hand.
"Dieses HAUS DER GÖTTER beschäftigt dich noch immer stark, nicht wahr?"
Ich nickte.
"Ja."
"Erzähl mir mehr über die Vorgeschichte, Patti! Du warst schon einmal dort..."
"Ich fuhr damals zusammen mit einem gewissen Allan Porter den Amazonas hinauf", erklärte ich Tom. "Porter war ein ehemaliger Kollege von Onkel Frederik. Er hatte ihn auf seiner letzten Reise begleitet. Später - nachdem Porter im Urwald den Tod gefunden hatte - fand ich in seiner Kabine an Bord der AMAZONAS QUEEN eine Kladde mit Aufzeichnungen meines Großonkels. Onkel Frederik hatte darin bereits die Theorie entwickelt,
Weitere Kostenlose Bücher