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Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
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Korb voller Sommerfrüchte. Sie räkelte sich in seiner Umarmung und schaute zu ihm auf; er hielt ihr Gesicht in den Händen eingekerkert. Ihr Kinn ruhte dort, wo die Fersen seiner Handflächen sich trafen, und er küßte ihren Mund und die Stirn. Verflucht und nochmals verflucht sei der, der den Grund dieser Körperverschlingungen verriet!

    Und die ganze Zeit über lebte der Brief unter ihnen, wie ein Kind oder ein weiteres kostbares Haustier, zusätzlich zu den zwei Ziegen und dem Esel.
    Es schmerzte sie, daß die Vorsichtsmaßregeln sich als vergeblich erwiesen hatten. Sie war wehrlos gegen das flüsternde Gerücht, das nie schlief und in den Schluchten und Ebenen des nördlichen Morea (das Land der Mauren für Sie, meine Herren) zahllose Echos als Dienstmägde unterhielt, dort, wo sich mühsam das weiße Dorf auf der roten Erde behauptete und alles in sich aufsog, was in seinem langweiligen Leben Zerstreuung versprach. Ein einziges Wort, aufgefangen von einem Blatt des Weinstocks, der, samenlos noch wie die Lust einer Frau, an den Mauern ihrer beider Haus hochkroch, auf das Jenseits der schreilärmigen Märkte zu, ja, mag sein des sündigen Glases – ein einziges dieser Worte, dem Wind mitgeteilt, der es den Frauengemächern weitersagte, genügte, und das Dorf geriet in helle Aufregung und schlackerte vom Klatsch und Tratsch wie ein Segel im Wind.
    Auch die Amulette und Sprüche der Hebammen Cheira und Heira, eines unzertrennlichen Paares, welches Mamurra erzogen hatte, waren sinnlos gewesen. Am Morgen seiner Abreise, als der Verrat offenbar wurde, brach die arme Mamurra in herzzerreißendes Weinen aus.
    Zehn Jahre, nachdem sein Vater, ebenfalls mit Namen Baba Baluk, abgereist war, beschloß Baba Baluk, Mamurras Ehemann, ihm zu folgen. Sieben Jahre zuvor hatten sie den Brief des Vaters erhalten. In jenem Jahr, als des Nachbars Esel in die Schlucht fiel, im Jahr des Mangels (die Kartoffeln kosteten Unsummen). Danach hörten sie nichts mehr von ihm.
    Eine Eule besuchte jede Nacht ihr Haus und gab am Fenster ein trauriges U-hu von sich. Das Geheul war ihnen ein Trost, sie spürten, daß Vater wohlauf war. Mamurra hatte eine Fehlgeburt, die Blutungen wollten gar nicht mehr aufhören.

    Blutklumpen bedeckten das weiße Laken. Die Krämpfe waren furchtbar, doch Cheira und Heira gaben ihr eine Medizin, die ihr Erleichterung verschaffte, aber auch wunderliche Träume und Visionen.
    Das kinderlose Paar gab damals nicht auf. Es kümmerte sich nicht um das Geläster der Nachbarinnen – jede Frau war der anderen Nachbarin: So klein war das Dorf –, und sein Sex wurde verbissener, effektiver, aber auch verzweifelter. Baba Baluk mochte es im Bett an Phantasie und Einfallsreichtum fehlen lassen, doch er machte das mit einer Ausdauer wett, die vielleicht monoton war, aber auch ein untrüglicher Beweis dessen, was er unter Männlichkeit verstand. Was wollte man mehr? Seine Frau schwieg und war geduldig.
    Während einer weißen Siesta-Stunde kam schwitzend und rotbestaubt der Postbote auf seinem mitgenommenen und rotbestaubten Moped, einem Solex, angefahren. Gefolgt von einer Meute aus Staubwolken. Wer nicht im Haus war, unterbrach seine Tätigkeit, sofern er eine hatte, und sah ihm ehrfürchtig nach. In den Häusern beschäftigte Frauen kamen herausgerannt. Vor Baba Baluks und Mamurras Haus blieb der Postbote stehen, stieg vom Solex und lehnte es an die Wand.
    Die Staubwolken verendeten.
    Er nahm seine vergilbte Mütze ab, wischte sich mit dem Unterarm Schweiß und Staub von der Stirn und blinzelte mit zugekniffenen Augen und zitternden Wimpern in die Sonne.
    Nachdem er ausgespuckt hatte – die Leute wichen erschrocken zurück –, klopfte er an die rostige Tür und händigte Baba Baluk einen Umschlag aus, der so mitgenommen und rotbestaubt aussah, als hätte er die ganze Strecke zu Fuß zurückgelegt. Die Ecken des Umschlags waren buchstäblich zu Eselsohren geworden, so oft hatten die unterschiedlichsten Hände daran gezupft. Eine blau-weiße Briefmarke mit einem komischen Vogel darauf trug den Namen des Landes, aus dem der Brief stammte. Die Adresse war in anmutiger Schrift gekritzelt, maschenförmige Buchstaben, dunkle Federn auf der weißen Brust eines Raubvogels. Baba Baluk bedankte sich beim Postboten, der davonfuhr und rote Luftgespenster hinterließ. Bebend und ehrfürchtig öffnete er den Umschlag und entfaltete den aus mehreren Blättern bestehenden Brief.
    Das Papier war dünn und fein, ein bißchen grieskörnig

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