Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
schützend ein.
»Das hier ist jetzt mein Gebiet, Kleine.«
Kleine! Das Wort entfachte in meinem Kopf ein Buschfeuer.
Mit einer seiner Klauen deutete er auf mich. »Du arbeitest jetzt für mich. Ich bezahle dich. Ich passe auf dich auf.«
Ich hielt den Würgedraht in meinen Händen, noch bevor ich überhaupt daran gedacht hatte, ihn zu benutzen. Mit einem schnellen Schritt war ich an Riko herangetreten und warf den Draht um seinen Hals. Schützend hatte er die Hand gehoben, doch der Draht fräste sich mühelos in sein Fleisch, als wäre es Pudding.
Blut spritzte, und Riko heulte auf. Eine Wunde klaffte auf und legte seinen Handgelenkknochen frei. Ich hätte es ohne Mühe durchtrennen können, doch ich wollte nicht, dass er seine Hand verlor.
»Hure!«, schrie er.
Dann begann er zu weinen.
Die Dingomutanten scharten sich um ihn, um seine Wunde zu versorgen. Sie trugen ihn aus der Bar. Wenn sie sich nicht beeilten und ihn zu einem Mediziner brachten, würde er verbluten.
Aus dem Augenwinkel heraus erkannte ich, wie Larry seine Leute anwies, das Chaos aufzuräumen, das wir angerichtet hatten. Larry mochte den Anblick von Blut nicht. In spätestens zehn Minuten würde seine Bar aussehen, als wäre nichts geschehen.
Ich musterte die Gäste in Heins Bar. Einige von ihnen saßen ängstlich zusammengesunken einfach nur da; andere trugen ein abgehärmtes Gesicht zur Schau, und wieder anderen schien die Vorstellung gefallen zu haben. Aber alle waren auf der Hut.
Ich hob meine Stimme. »Ich beanspruche Jamon Mondos Territorium. Alle Streitigkeiten werden von mir geschlichtet werden. Larry Hein wird mein Makler sein. Verbreitet die Nachricht.«
Einige Leute jubelten; andere blieben still.
Ich bemerkte Larrys heimliche Freude. Er hatte mich vor Riko gewarnt; das hatte ich ihm nicht vergessen. Außerdem würde ich einige Verbündete brauchen.
Parrish Plessis. Warlord des Einundzwanzigsten Jahrhunderts!
Scheiße!
Ich wartete in meinem Apartment auf Larrys Anruf. Krämpfe durchfuhren meinen Körper – ein Ergebnis maßloser Angst, der Aufregung und der Gefräßigkeit des Parasiten. Die halb abgetrennte Hand von Riko hatte ihn offensichtlich hungrig gemacht.
Alles in allem war ich vielleicht doch nicht die kaltblütige Killerin, die ich gerne sein wollte.
Meine Gedanken überschlugen sich. Ich machte mir Sorgen über die Ereignisse, die mich in den kommenden Stunden möglicherweise erwarteten. Letztendlich würde es auf das richtige Timing ankommen, und darauf hatte ich so gut wie keinen Einfluss.
Lang würde zu mir kommen. Er konnte es nicht riskieren, dass ich eine Kopie der Forschungsergebnisse besaß, die er versucht hatte zu zerstören. Aber wie würde ich ihn erkennen? Seine formwandlerischen Fähigkeiten machten ihn unberechenbar.
Auch Daac würde mich aufsuchen… weil er verärgert war, und weil er wissen wollte, was ich mit seinem Abstammungsregister machen würde.
Pas und die Muenos würden zu mir kommen, weil ich ihre Oya war.
Teece würde kommen, weil… er mich liebte.
Armer Teece.
Ich döste auf meinem Bett vor mich hin, während der Tert wieder zum Leben erwachte. Gelegentlich hallten Schüsse durch die Straßen, aber überwiegend waren nur die Rufe der Betrunkenen zu hören, die ausgelassen feierten.
Ein oder zwei Mal versuchte der Engel, von meinem Bewusstsein Besitz zu ergreifen, doch mit fast meditativer Konzentration behielt ich die Oberhand. Die Anstrengung bereitete mir heftige Kopfschmerzen.
Um mich abzulenken, wählte ich mich ins Infonet ein, um mich über die Funktion der Adrenalindrüsen zu informieren.
Larrys Anruf erreichte mich kurz vor Mitternacht.
»Parrish, hier ist ein Typ namens Daac. Er verlangt, mit dir zu sprechen. Er hat eine halbe Armee in seinem Gefolge. Sie jagen meinen Gästen eine Heidenangst ein.«
»Ich bin auf dem Weg, Larry.«
Ich stand für scheinbar eine Ewigkeit in meinem Zimmer und starrte Merry 3# an; ich wünschte, ich hätte mit ihr den Platz tauschen können.
In Heins Bar waberte der übel riechende Fischgestank von Fishertown. Torleys passionierte Trinker wurden von mindestens dreißig von Daacs Männern eingerahmt.
Ich erkannte sie schnell, denn alle machten sie einen hageren und hungrigen Eindruck, als würde der Krieg niemals enden.
Die Gespräche verstummten nicht, als ich die Bar betrat, doch wie zuvor öffnete sich eine Gasse für mich. Es schien, als wären die Tage, an denen ich unerkannt durch den Tert wandern konnte,
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