Partials 1 – Aufbruch
Computerwissenschaften.«
Auch sie war schon älter, aber jünger als Turner. Kira schätzte sie auf
fünfunddreißig – alt genug, um sich schon vor dem Zusammenbruch mit diesem
Gebiet befasst zu haben. Kiras Blick wanderte zum Bauch der Frau. Es war ein
Reflex, den sie erst in diesem Augenblick bemerkte, aber natürlich war die Frau
nicht schwanger. Bergungseinsätze waren zu gefährlich, um dabei das Leben eines
Kinds aufs Spiel zu setzen. Vielleicht passte ihr Zyklus nicht.
»Interessante Mischung«, kommentierte Marcus. »Was gibt es denn dort
zu holen?« Er wandte sich an Jayden.
»Vor ein paar Tagen war ich mit einem Spähtrupp dort«, erklärte
Jayden. »Wir entdeckten eine Ambulanz, eine Apotheke und eine Wetterstation,
falls es tatsächlich eine war. Jetzt muss ich noch mal dort raus und eine
Hamsterfahrt unternehmen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie ich mich
freue.« Er trat nach vorn und setzte sich neben die Fahrerin, eine junge Frau,
die Kira schon einige Male gesehen hatte. Sie war noch etwa zwei Jahre zu jung
für eine Schwangerschaft und deshalb für den aktiven Dienst geeignet. »Alles klar,
Yoon, lass knacken.«
Das Mädchen ließ die Zügel knallen und schnalzte mit der Zunge, um
das Vierergespann in Gang zu setzen. Die Abwehr besaß einige Elektroautos, doch
keins war stark genug, um eine so schwere Ladung einigermaßen rasch ans Ziel zu
befördern. Außerdem war Energie kostbar, während Pferde billig zu haben waren,
also wurden die Elektromotoren für andere Zwecke eingesetzt. Mit einem Ruck
fuhr der Wagen an. Kira schob einen Arm hinter Marcus, um sich an der Kante der
Ladefläche festzuhalten. Marcus rückte näher an sie heran.
»Hallo, Baby!«
»Hallo.«
»Hamsterfahrt?«, fragte Andrew Turner.
»So nennen wir einen Bergungseinsatz, bei dem Spezialisten wie ihr
und keine gewöhnlichen Rekruten mitfahren.« Kira betrachtete den wachsenden
Sonnenbrand des Mannes. »Waren Sie noch nie dabei?«
»Früher habe ich wie die anderen viele Bergungseinsätze gemacht,
aber nach einem Jahr habe ich einen Vollzeitjob bei den Sonnenkollektoren bekommen.«
»Hamsterfahrten sind eigentlich kein Problem«, erklärte Marcus. »Das
Nordufer ist mir nicht geheuer, aber es wird schon schiefgehen.« Lächelnd
blickte er in die Runde. »Außerhalb der Siedlung sind die Straßen allerdings in
keinem sonderlich guten Zustand. Also genießt den angenehmen Teil der Fahrt,
solange ihr könnt.«
Eine Weile fuhren sie schweigend dahin. Der Wind pfiff über den
offenen Wagen hinweg und peitschte Marcus mit Kiras Pferdeschwanz. Sie beugte
sich vor, damit das pendelnde Haar ihn mitten im Gesicht traf, und lachte, als
er es spuckend wegschob. Zur Strafe kitzelte er sie, und sie wich eilig aus und
prallte gegen den Soldaten neben ihr, der sie unsicher anlächelte. Er war
ungefähr in ihrem Alter und freute sich offenbar darüber, dass ein Mädchen
praktisch auf seinem Schoß saß, sagte aber kein Wort. Sie unterdrückte ein
Lachen und kehrte auf ihren Platz zurück.
Der Soldat neben Kira rief einen Befehl. »Außengrenze. Aufpassen!«
Die Soldaten auf der Ladefläche richteten sich leicht auf und packten die
Waffen fester. Mit Argusaugen beobachteten sie die vorbeiziehenden Gebäude.
Kira wandte sich um und überblickte die Stadt. Die Gegend wirkte
verlassen, wahrscheinlich war sie auch menschenleer, aber man konnte nicht
vorsichtig genug sein. Die Grenzmarkierungen zeigten, wo East Meadow aufhörte.
Im Innern lag der Bereich, den das Militär einigermaßen gut überwachen konnte,
aber die Grenze der früheren Stadt war dies natürlich nicht. Die frühere
Weltstadt erstreckte sich meilenweit in alle Richtungen und reichte beinahe von
einer bis zur anderen Küste. Die meisten Überlebenden wohnten in East Meadow
oder im Militärstützpunkt im Westen, doch auf der ganzen Insel gab es
Plünderer, Vagabunden und noch schlimmeres Gesindel. Die Stimme war die größte Bedrohung, aber keineswegs die einzige.
Auch außerhalb von East Meadow war die Straße zunächst relativ gut
passierbar und stark befahren. Natürlich gab es Müll, Dreck und Blätter und
verschiedene natürliche Ablagerungen, aber der Verkehr hielt den Asphalt recht
gut frei von Unkraut, und nur hier und dort holperte ein Wagenrad durch einen
größeren Riss oder ein Loch. Die Region weiter draußen war ein ganz anderer
Fall. Nach elf Jahren der Vernachlässigung war dort alles verfallen, die Häuser
stürzten ein, die Gehwege bekamen Risse und
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