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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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immer selben Geschichten. Und schließlich gab es keine mehr, die nicht auf VictorForet schimpfte, den MonsieurArsch, von dem sie, Valerie, sich wie eine dumme Gans behandeln lasse, und, wenn man recht bedenke, sich von Anfang an habe behandeln lassen. Valerie weinte. Und versprach, dass es diesmal endgültig sei. Schluss, aus, perdu. Jetzt habe man ihr die Augen geöffnet. Jetzt gebe es kein Zurück mehr.Adieu, MonsieurArsch!
    Aber sobald der Wind sich wieder gedreht hatte, kam ihrdie Kritik aus dem Freundeskreis wie Verrat vor. Ein Verrat an ihr und an ihrem Geliebten. Nun verbat sie sich die Einmischungen, bestand darauf, ihr Leben so zu leben, wie sie es für richtig hielt, und wies jeden Einwand gegen dieArt ihrerBeziehung ein für alle Mal zurück. Sohatte es nicht ausbleiben können, dass die Zahl ihrer Freundinnen im Verlauf des letzten Jahres von Monat zu Monat kleiner geworden war. Inzwischen gab es keine mehr, die den Namen noch verdient hätte.
    Valerie saß auf der Bank in dem kleinen Park an derAvenue Raphael und achtete nicht auf die neugierigen Blicke der Kinder. Sie weinte.Aber noch im Weinen begann sie den Grund dafür bereits zu vergessen. Sie schluchzte ein letztes Mal, dann stand sie auf, warf ihr Taschentuch in einen Abfalleimer und machte sich auf den Weg. Am frühenAbend desselben Tages stand Monsieur Hofmann vor seinem Haus an der Place Nadaudund versuchte, ein freies Taxi heranzuwinken. Obwohl er wusste, dass es viel Geld kosten und dass er sein Ziel mit der Metro gewiss schneller erreichen würde, freute er sich über den Luxus, sich einmal quer durch Paris chauffieren lassen zu dürfen – vom Nordosten bis ganz in den Südwesten nach Issy, wo der Fernsehsender arte seinen Sitz hatte.
    Vor zwei Wochen hatte sich die junge Journalistin bei ihm gemeldet und gefragt, ob sie einen kleinen Film über ihn drehen dürfeund ob er darüber hinaus bereit sei, für ein Live-Interview ins Studio zu kommen. «Warum ich?», hatte er gefragt. «An mir ist nichtsBesonderes.» Genau darum gehe es, hatte Valeriegeantwortet, die Sendung heiße «Nachbarn wie du und ich», man zeige Menschen in ihrem Viertel, ihr ganz normales Leben, ihren Alltag, ihre Freuden und Sorgen.Außerdem müsse sie widersprechen, denn sie habe die Erfahrung gemacht, dass an jedem Menschen etwas Besonderes zu entdecken sei, war man nur bereit, genau hinzuschauen. «Ja», hatte er zögernd gesagt, «vielleicht haben Sie recht.» Ein Honorar gebe es im Übrigen auch, nicht gerade üppig, aber groß genug – und nun hatte siegelacht–, dass er sie davon zum Essen einladen könne.
    Misstrauisch musterte der Taxifahrer seinen Fahrgast, so, als wolle er sich überzeugen, ob Monsieur Hofmann auch wirklich in der Lage sei, eine so lange Reise zu bezahlen. Schließlich ließ er ihn einsteigen. Weildie Ringautobahn wie immer um diese Zeit verstopft war, nahmen sie den Weg durch die Stadt. Sie fuhren über die Place de la Bastille, überquerten wenig später die Seine, ließen den Gare d’Austerlitz links liegen, kamen durch Montparnasse und waren nach fast einer Stunde an der Stadtgrenze angelangt. Noch einmal zwanzig Minuten später hatten sie die Rue Marceau in Issy und damit ihr Ziel erreicht. Monsieur Hofmann bezahlte den Fahrpreis, ließ sich eine Quittung geben und stieg aus. Dann betrat er das Gebäude und meldete sich beim Pförtner.
    Kurz darauf kam Valerie bereits durch die Eingangshalle auf ihn zugestürmt. «Los,los. Wir müssen uns beeilen. Unser Beitrag läuft schon.»
    Sie führte ihn in die Maske, wo man ihn vor einen großen Spiegel setzte, ihm einen Frisierumhang umband,dieAugenbrauen ein wenig zupfte, sein Gesicht puderte und ihm mit einem Kamm noch rasch durch die Haare fuhr.
    Als sie das Studio betraten, war Monsieur Hofmann erstaunt über die zahlreichen Menschen, die sich dort aufhielten. Es wurde fast ebenso viel deutsch wie französisch gesprochen, und alle konnten scheinbar mühelos von der einen in die andere Sprache wechseln. Obwohl Valerie drängte, ging Monsieur Hofmann reihum und begrüßte, wie er es gelernt hatte,ohne Unterschied alle mit Handschlag: dieAufnahmeleiterin, die Kameraleute, die Beleuchter, die Tonleute und die Kabelträger. Er merkte, dass man hinter seinem Rücken über ihn lächelte, aber es war ihm egal. Ein junger Mann zog ein dünnes Kabel unter Monsieur Hofmanns Jackett hindurch und klipste ihm ein winziges Mikrophon ans Revers. Dann bat Valerie ihn, auf einem der beiden Sessel Platz zu

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