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Pasdan

Pasdan

Titel: Pasdan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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»Ja. Ich habe ja nicht viel zu hinterlassen, aber ich wollte sichergehen, daß ein antikes silbernes Fischbesteck, terranisch, in die richtigen Hände gerät.«
    »Wer soll es denn bekommen?«
    »Lopes, der Koch vom Meeresleuchten. Er haßt Fisch.«
     
    Aus: Tagebuch II von Florisa de Clare, Gaia 118 (Manuskript)
     
    »… Die Hüterin-Prophezeiung findet sich kurz vor Ende des Heiligen Buchs; möglicherweise wurde sie später eingefügt.
    In den letzten Abschnitten des Textes heißt es weiter, der Mann sei von Natur aus inwendig tot, wolle sterben und halte sich nur als Parasit des Wahren Lebens aufrecht. Da er keine ethische Daseinsberechtigung habe, sei es nicht nur förderlich, sondern ein Akt der Gnade, alle Männer auszurotten.
    Sexualität, die Zuflucht der Bewußtlosen, sei unkreative Zeitvergeudung. Bis zum Erreichen des Großen Ziels solle weibliche Zärtlichkeit gehegt werden, um die Zusammengehörigkeit zu stärken…
    Später (sobald Jungfernzeugung möglich ist?) sei nur noch Wahres Leben zu zeugen. Es wäre unmoralisch, gezielt Krüppel oder Krebskranke zu zeugen - noch unmoralischer sei folglich die Produktion männlichen Nachwuchses.
    Bis dahin sei die Erziehung von Sklaven für Arbeit und Befruchtung unerläßlich; sie seien jedoch so zu konditionieren, daß ihr höchstes Ziel die eigene Auslöschung bleibe. Die Ausrottung der finsteren Tiere sei kühl und umsichtig zu betreiben…
    Ich habe all diese Widersprüche nie auflösen können. Meine Beschützerin sah sie nicht als solche an. Sie sagte jedoch voraus, bald werde die Fraktion der Hermetikerinnen die gesamte Politik von Pasdan bestimmen und nicht nur alle Männer, sondern auch außerhalb der Gemeinschaft geborene Frauen als unrettbare, mindere Tiere ansehen. Dann würde eine schiffbrüchige Touristin wie ich genauso getötet, wie schon meine Begleiter ermordet wurden.
    Sie war eine aufmerksame und großmütige Liebhaberin. Ohne ihre stillschweigende Duldung wäre mir sicher nicht die Flucht geglückt…«
     

XIX
     
    Es war eine Geisternacht. Die Geräte zeichneten alles auf. Irgendwo weit über ihnen hing Rene Nardini zwischen den Felsen und sang. Er sang mit voller Stimme, und sein Tenor füllte die Dunkelheit. Die Berge gaben mehrere Arten Hall und Echo dazu. Zum dritten Mal stimmte er nun La donna e mobile an, und die mobilen Gardistinnen der Paßgarnison schickten immer wieder kleine Spähtrupps aus. Aber Nardini wechselte die Bühne.
    »Jetzt ist er weiter oben«, murmelte Ping. Er starrte durch das Nachtglas auf den Paß hinunter.
    Learoyd, der neben ihm lag, grunzte leise. »So gut hat er noch nie gesungen. Das Publikum kann sich ja diesmal auch nicht wehren.«
    Ping kicherte. »Vergiß nicht, Timoara ist bei ihm. Der tut mir leid.«
    »Ach so. Ich habe mich schon gefragt, wie es kommt, daß Rene den Takt hält. Wahrscheinlich tritt der kapral ihn dauernd.«
    Kurze Zeit später, lange vor Morgengrauen, kam Nebel auf. Ping und Learoyd, die nichts mehr beobachten konnten, zogen sich zurück Nach halbstündigem Klettern und Kriechen erreichten sie das relativ sichere kleine Hochplateau.
    Bald tauchten auch Nardini und Timoara auf. Der Sänger war heiser, aber sehr zufrieden. Der Korporal dagegen schien Schmerzen zu haben oder Nachwirkungen von Schmerzen. Er zündete sich einen Zigarillo an, starrte in seinen Kaffeebecher und warf Nardini noch einen verdrossenen Blick zu.
    »Hat sich aber gelohnt.« Learoyd grinste.
    Timoara seufzte. »Welch ein Preis.«
    »Ungefähr zweihundert«, sagte Ping. »Und sie haben die ganze Nacht nicht geschlafen. Sicher glauben sie jetzt an Geister.«
    »Zweihundert?« krächzte Nardini. »So viele? Wie sollen wir die denn ausschalten?«
     
    Der Sonnenaufgang war statistisch wahrscheinlich, blieb aber unsichtbar und brachte nur graues Licht. Elorza und Ping wachten; Nardini, Timoara und Learoyd schliefen.
    Plötzlich war doch die Sonne da. Der Dunst in der Höhe verging; der Nebel zog sich zu einer brodelnden Masse über den Sümpfen nördlich der Berge zusammen. Vom unsichtbaren Boden des riesigen Topfes kochten Goldschleier hoch. Als Shalga stieg und der Einfallswinkel des Lichts sich änderte, wurde die Märchenkulisse wieder zu gemeinem Nebel.
    Der Infrarotorter, der auf kurze Distanz kaum vom fernen Störsender beeinflußt wurde, sprach an. Elorza weckte die Schläfer; die Männer nahmen ihre Posten ein.
    Aus dem Nebel unterhalb tauchten Vanzuid und Oubou auf. Wenig später trafen Bondak und

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