Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pasdan

Pasdan

Titel: Pasdan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
über den von Laternen - in Vagaván wurden Gase aus tierischen Abfällen genutzt - matt erleuchteten Kai.
    Die beiden Cadhrassi-Händler waren höflich und zurückhaltend; wesentliche Informationen hatten sie nicht. Mit Rücksicht auf die anderen Gäste wurde die Unterhaltung auf Banyashilgu geführt; nach und nach beteiligten sich nahesitzende Shil, steuerten Anekdoten bei oder suchten Gerüchte durch anderslautende Mutmaßungen zu entkräften. Schließlich, als McVitie immer ausdauernder zu gähnen begann, erkundigte sich Barakuda nach möglichen Attraktionen des Nordens, die man auf dem Rückflug nach Cadhras unbedingt besichtigen sollte. »Einer von uns wird nämlich nicht so bald wiederkommen, deshalb sollte man es ausnutzen.«
    Es wurden verschiedene Vorschläge gemacht - das langgestreckte Vorgebirge, der Nadelhafen (eine Bucht im Süden von Vagaván, die von Tausenden dünner Felsnadeln gesäumt war, Kunstwerken der Erosion), der Farnwald von Paqrash. Ein jüngerer Fischer sagte bedächtig: »Die Ruinen von Thaggo. Aber das ist wohl ein Umweg, wie? Sie müssen besonders für Cadhrassi aufregend sein, bei Sonnenaufgang. Die beiden Cadhrassi, die vor einigen Zehntagen hier waren, haben es jedenfalls erzählt.«
    Nach dem letzten Schluck des schwarzen Bitterbiers gingen Dante und Sarela zurück zur Residenz. Dort fanden sie Mtusi und die Residentin über eine Kiste mit seltsamen Gegenständen gebeugt: Metallzylinder von jeweils zehn Zentimeter Länge, besetzt mit unterschiedlich langen und verschieden angeordneten Stiften.
    Die Residentin füllte die Brandygläser zu einem Nachttrunk. »Sechzehn Schlüssel. Seit zweihundertfünfzig Jahren suchen alle Residenten die Schlüssel für die schreckliche Tür im Keller. Dreiundzwanzig müssen es sein.«
    »Und dann?« sagte der Inspektor.
    »Dann wird die Tür geöffnet, und die Neugier zahlreicher Generationen von Diplomaten ist befriedigt.«
    »Sie rechnen hoffentlich nicht mit einer Schatzkammer«, sagte Barakuda. »Wie ich unsere Freunde kenne, hat dieser Shil-Baumeister entweder Skelette da versteckt oder einfach einen Zettel, auf dem ›Ätsch‹ oder ›Willkommen‹ steht. Sarela, Inspektor: Wir haben eine kleine Programmänderung. Ich möchte gern im Morgengrauen die Ruinen von Thaggo besichtigen.«
    »Ich dachte, wir wollten ausschlafen und dann in die Zentralsteppe zu Fürst Gortahork fliegen«, sagte der Inspektor. »Was ist das nun wieder für ein Unsinn?«
    »Hat ihm ein Shil empfohlen.« McVitie gähnte. »Soll sehr reizvoll sein.« Es klang nach Mißbilligung und Schlafdefizit.
    Barakuda grinste. »So ist es. Da ist nur etwas, was Sie nicht wissen, legata: Der Junge ist einer von unseren Leuten.«
     
    550 Kilometer nordöstlich von Vagaván hatte einst die blühende Stadt gelegen, Thaggo-Die-Großartige. Südlich der Ruinen gab es ein riesiges, unpassierbares Sumpfgelände; es reichte bis zu den Bergen, die die unendliche Hochsteppe des Nordkontinents vom Küstenland trennten. Die Sümpfe waren einmal heiß gewesen: brodelnder Schlamm, kochende Quellen, Geysire. Auch der Fluß, an dessen breitem Mündungsschlauch Thaggo lag, entsprang hier. In der Öde des Nordens mußten die ober- und unterirdisch kanalisierten, warmen Wasserläufe ein Paradies geschaffen haben - eine grüne, fruchtbare Insel nördlich des Polarkreises. Vermutlich hatte der Fluß ausgereicht, Teile des Eismeers aufzuheizen und den Bewohnern neben subtropischer Flora eine reichhaltige Fischkarte zu bescheren. Aber eines Tages war der Nachschub aus dem Inneren des Planeten versiegt; die Kälte kam, die Menschen zogen fort und ließen die Stadt zurück. Die ausgeklügelten Kanalsysteme verfielen, und der Sumpf breitete sich über Tausende Quadratkilometer aus.
     
    Der östliche Himmel wurde fahl; Barakuda lenkte den Gleiter in einem weiten Kreis etwa 1000 Meter über Thaggo. McVitie hatte die automatischen Kameras eingeschaltet und beobachtete die Schirme. Der Fluß war leer - zwischen den Ruinen und dem Eismeer keine Schiffe.
    »Wärmeorter?«
    Sarela nickte. »Kleine Ausschläge - Tiere, vielleicht Robben oder ein Gorgur. Sieht nicht nach Menschen aus.«
    »Was ist ein Gorgur?« sagte Mtusi.
    »Eine Art Schakal. Ist aber ein Katzentier; die Familie Hund gibt es auf Shilgat nicht.«
    »Dann kläfft wenigstens nicht dauernd was.«
    Sie überflogen eine Kette kahler Hügel; im bleichen Frühlicht dehnte sich unter ihnen das Sumpfland aus: graubraungrüne Wellen mit helleren Felsblöcken

Weitere Kostenlose Bücher