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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und nahm das Papier an sich. »Na ja, das stimmt schon«, räumte er ein. »Ich
werde das dann gleich erledigen. Es ist gar nicht einfach, so gefragt zu sein«,
meinte er noch entschuldigend zu seinen beiden Mitarbeitern. Dann ging er in
sein Büro und verschloss sorgfältig die Tür hinter sich. Wieder etwas, das er
früher kaum, ja eigentlich nie getan hatte. Ratlos und ein wenig frustriert
zuckte Margit mit den Achseln und blickte Florian fragend an. Der wieder
schüttelte nur den Kopf.
    In seinem Büro
legte sich Palinski sofort auf die bequeme Couch, rollte sich in Fötushaltung
zusammen und versuchte, die leichte Panik, die ihn auf dem Weg vom ›Desirée‹
zum Büro zu überfallen begonnen hatte und nach wie vor gefangen hielt, irgendwie
in den Griff zu bekommen. Da er inzwischen die Gründe für diese seit mehreren
Wochen immer wieder und immer stärker auftretenden Angstzustände zu kennen
glaubte, hoffte er, damit auch den Schlüssel für die Lösung des eigentlichen
Problems finden zu können. Oder sollte er sich doch professioneller Hilfe
bedienen, wie ihm Miki Schneckenburger, der einzige seiner Freunde, dem er sich
anvertraut hatte, empfohlen hatte?
    Wie auch immer, Georg Maynars Name stand neuerlich
auf der Liste der Rückrufwünsche. Und wenn er diesmal abermals nicht darauf
reagierte, würde selbst dieser freundliche, langmütige Mann irgendwann die
Geduld mit ihm verlieren. Und dann würde Palinskis Höhenflug beendet sein,
bevor er überhaupt noch richtig abgehoben hatte.
    Palinski blickte auf die Uhr. Es war kurz nach 4 Uhr
Nachmittag. Um 18 Uhr musste er auf der Fledermaus-Probe sein. Das war
auch so eine Sache, in die er sich im wahrsten Sinne des Wortes hineintheatern
hatte lassen. Und die ebenfalls zu einem nicht unwesentlichen Teil zu seinen
gelegentlichen, immer häufiger werdenden Anfällen von Verunsicherung beitrug.
Na, wie auch immer. Vielleicht sollte er versuchen, eine Stunde zu schlafen. Es
war eigenartig, bei aller Unruhe, die ihn so erfasste, hatte er bisher noch nie
Probleme mit dem Einschlafen gehabt. Und Schla…fen … wa…r …
    Einige Minuten später kam Margit leise in den Raum, trat an
Palinskis Liege und breitete liebevoll eine leichte Decke über ihren dezent
schnarchenden Chef.

     
    *

     
    Helmut
Ondrasek war der Leiter der Theatercompany, der weit über Wien und das Umland
hinaus bekannten Laien-Schauspielergruppe mit Sitz in seiner geräumigen Villa
in Klosterneuburg. Der begeisterte Bühnennarr hatte die Doppelgarage auf seinem
Grundstück zu einer kleinen Probebühne ausgebaut. Hier sollten heute Abend auch
die letzten Detailproben für die Döblinger Fledermaus stattfinden. Dem sehr
engagierten Projekt der Döblinger Truppe im Rahmen der diesjährigen
Bezirksfestwochen. Danach standen neben der Generalprobe direkt vor der Villa
Wertheimstein nur noch zwei Abstimmungsproben auf der Bühne im Haus der
Begegnung in der Gatterburggasse an.
    Die Company, die bereits unter Ondraseks Vater
gegründet worden war, vereinigte Theaterverrückte aller sozialen Schichten und
beseitigte diese. Das konnte bedeuten, dass eine Ex-Generaldirektorin ein
Stubenmädchen und eine Supermarktkassiererin die Herzogin spielte, die die
Ex-Generaldirektorin, also das Stubenmädchen durch die Kulissen scheuchte. Und
das in ein und derselben Inszenierung. Die Fledermaus war nach langen Jahren
reinen Sprechtheaters der erste Schritt der Truppe ins bisher unbekannte Genre
des Musiktheaters. Verantwortlich für dieses kühne Vorhaben und eigentlicher
Spiritus Rector der Inszenierung war Impresario Giancarlo Lucione, der Spross
einer alten Triestiner Familie. ›Gica‹, wie ihn seine zahlreichen Freunde
nannten, war vor einigen Jahren umständehalber nach Wien gekommen und
ebendieser Umstände namens Anni wegen auch hier ansässig geworden. Lucione war
ein begeisterter Sänger und als begnadeter italienischer Optimist auch der
Meinung, eine hervorragende Tenorlage sein Eigen zu nennen. Das traf zwar
irgendwie zu, andererseits aber auch wieder nicht. Denn wenn Gica leise sang,
was seinem Temperament entsprechend so gut wie nie der Fall war, dann klang
seine Stimme wunderbar rein, klar, ja überirdisch schön. Sang das nur etwas mehr als 1,60 Meter kleine
Kraftbündel aber so wie immer, dann bedeutete das volle Inbrunst und größte
Lautstärke, also fortissimo, wie es fortissimoer gar nicht mehr ging. Und genau
so klang es dann auch.

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